Bund und Länder vor harten Verhandlungen
Gleich mehrere Gesetze wurden zuletzt im Bundesrat blockiert. Nun soll der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Ländern schlichten. Doch die Fronten sind insbesondere beim Wachstumschancengesetz verhärtet.
(jd/dpa) An diesem Mittwochabend wird es spannend: Dann kommt der Vermittlungsausschuss zusammen und soll zwischen Bundestag und Bundesrat eine Einigung bei gleich mehreren Gesetzen erzielen. Eines davon: Das sogenannte Wachstumschancengesetz, das zuletzt keine Mehrheit in der Länderkammer bekam und Entlastungen für die Wirtschaft bringen soll. Doch zwei Tage vor der Sitzung zeichnet sich noch keine Einigung ab.
Hintergrund des jüngsten Streits um das Gesetz sind Äußerungen aus der Unionsspitze, wonach die von CDU und CSU angeführten Länder nur dann zustimmen würden, wenn die Streichungen der AgrardieselSubventionen zurückgenommen werden.
Nun hat die Bundesregierung den Druck erhöht. Regierungssprecher Steffen Hebestreit verwies am Montag auf ein Schreiben der UnionsFraktionsspitze an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Vorschlägen zu mehr Wirtschaftswachstum.
„Das schnellste und sinnvollste Verfahren wäre, sehr schnell das Wachstumschancengesetz, was im Augenblick von den Ländern blockiert wird, gangbar zu machen“, sagte Hebestreit. Das Thema Agrardiesel sei nicht Teil des Vermittlungsverfahrens. „Und dann würde ich auch davor warnen, so sachfremde Erwägungen da miteinzubeziehen. Man könnte den Verdacht haben, dass da sehr taktisch hantiert wird und man nicht lösungsorientiert ist.“Er sagte weiter, die Bundesregierung sei nicht Teil des Vermittlungsverfahrens.
Das Gesetz sieht bislang steuerliche Entlastungen für Unternehmen bis 2028 und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Der Bundesrat hatte das Wachstumschancengesetz blockiert, weil es zu Einnahmeausfällen bei den Ländern führen könnte. Daher steckt es jetzt im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Länderkammer.
Vertreter von Bund und Ländern hatten am Freitag in Vorverhandlungen einen möglichen Kompromiss erarbeitet. Das geplante Entlastungsvolumen für die Wirtschaft – vor allem über zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten – soll mit dem Kompromiss auf 3,2 Milliarden Euro pro Jahr sinken, nur etwa die Hälfte der bisherigen Pläne.
Die Zustimmung zu diesem vorläufigen Kompromiss, der die Belastung von Ländern und Kommunen reduzieren soll, kann im Vermittlungsausschuss noch an den unionsgeführten Bundesländern
scheitern – etwa wegen der Agrardieselforderung. Bei SPD-geführten Ländern ist der Ärger über die Union groß, den Agrardiesel in die Verhandlungen zu mischen. Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte unserer Redaktion: „Das Wachstumschancengesetz zu blockieren mit Verweis auf den Agrardiesel ist ein politisches Manöver der Union auf dem Rücken der
Landwirte. Das hat schlicht nichts miteinander zu tun.“Die Bauern hätten es nicht verdient, zum Handelsgut auf dem Basar zu werden, sondern bräuchten vernünftige, respektvolle Gespräche über die Gesamtlage der Landwirtschaft.
Zugleich gibt es auch in sozialdemokratisch regierten Bundesländern Vorbehalte gegen das Wachstumschancengesetz, beispielsweise in Niedersachsen. Regierungschef Stephan Weil (SPD) sprach mit Blick auf den vorläufigen Kompromiss aber von einem guten Ergebnis und äußerte die Hoffnung, am Mittwoch zu einer Einigung zu kommen. Doch er sprach auch davon, dass es wohl eine längere Sitzung des Vermittlungsausschusses geben werde.
Unterdessen nimmt die Debatte über notwendige Maßnahmen für eine Entlastung der Wirtschaft weiter Fahrt auf. So forderte FDPGeneralsekretär Bijan Djir-Sarai, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland schnell zu verbessern, um die gegenwärtige konjunkturelle Flaute zu überwinden. „Der Aufschwung 2025 wird nicht vom Himmel fallen“, sagte er. Djir-Sarai bescheinigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die richtige Analyse zu den Problemen des Wirtschaftsstandorts Deutschland angestellt zu haben. Seine Schlussfolgerung, die Wirtschaft über ein schuldenfinanziertes Sondervermögen zu subventionieren, teile die FDP jedoch nicht. „Subventionen an der Stelle sind nicht die Lösung, die wir brauchen“, sagte er.