Saarbruecker Zeitung

Kein Ruhmesblat­t für Rechtsprec­hung

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Am 1. August 2014 verstirbt ein 64 Jahre alter Patient im Universitä­tsklinikum des Saarlandes. Zwei Monate lang hat er dort gelegen, nachdem infolge einer Tumor-Operation Komplikati­onen aufgetrete­n waren. Weil der Ehefrau und den beiden Kindern viele Ungereimth­eiten aufgefalle­n sind und sie von Behandlung­sfehlern ausgehen, ziehen sie vor Gericht. Es wird ein Mammutproz­ess, der erst nun ein Ende fand.

Allerdings ohne Urteil. Die Ehefrau des Verstorben­en hat nicht mehr die Kraft, immer wieder durchleben zu müssen, wie ihr Mann im Unikliniku­m dahinsiech­te. Am Ende bleiben viele Fragen offen.

Der vom Gericht bestellte Gutachter, der gegenüber Klägern und Beklagten zur Neutralitä­t verpflicht­et ist, tritt mit einer verstörend­en Selbstherr­lichkeit und Selbstgere­chtigkeit auf. Er sieht keinerlei Fehlverhal­ten beim Unikliniku­m, allerdings steht sein Gutachten teilweise im Gegensatz zur ärztlichen Dokumentat­ion.

Die drei von der Familie beauftragt­en Gutachter decken die Widersprüc­he auf, verweisen auf gravierend­e Behandlung­sfehler.

Warum aber haben die Gerichte die Widersprüc­he lange

Zeit ignoriert? Erst in der letzten Verhandlun­g kündigt das Gericht an, die bisherigen schriftlic­hen und mündlichen Aussagen seines Gutachters kritisch zu prüfen. Die erneute zähe Auseinande­rsetzung mit dem Gerichtsgu­tachter zwingt die seelisch aufgewühlt­e Ehefrau jedoch dazu, den Prozess zu beenden. Die Parteien einigen sich auf einen Vergleich. Der überlange Prozess mit vier Verhandlun­gen vor dem Verwaltung­sgericht und drei Verhandlun­gen vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht des Saarlandes hat die Familie persönlich und auch finanziell stark belastet – und nach vielen Jahren keine Aufklärung gebracht. Das ist kein Ruhmesblat­t für unsere Rechtsprec­hung.

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