Saarbruecker Zeitung

Die Chefin der „Goldenen Generation“hört auf

Barbara Rittner verlässt nach fast zwei Jahrzehnte­n den Deutschen Tennis-Bund. Damit geht eine Ära im deutschen Frauentenn­is zu Ende.

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(sid) Das Ende einer Ära kam überrasche­nd, verkündet in einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung. Barbara Rittner verlässt den Deutschen Tennis-Bund (DTB) „aufgrund von unterschie­dlichen Vorstellun­gen zur zukünftige­n Zusammenar­beit“. Fast zwei Jahrzehnte lang war sie das Gesicht des Verbandes, ihr Wirken untrennbar verwoben mit der „Goldenen Generation“um Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber. Nun beginnt eine neue Zeitrechnu­ng – allerdings mit sehr bescheiden­en Aussichten.

Die Entscheidu­ng sei ihr „nicht leicht gefallen“, wird Rittner in der DTB-Mitteilung zitiert, doch jetzt sei „der richtige Zeitpunkt für eine Veränderun­g“gekommen. Ihr Vertrag als Chef-Bundestrai­nerin der Frauen läuft Ende Februar aus, wer für den dringend erforderli­chen

Neuaufbau verantwort­lich sein soll, steht noch nicht fest.

Boris Becker, Rittners Wegbegleit­er beim DTB und beim TV-Sender Eurosport, schrieb bei Instagram: „Barbara, Du hast einen tollen Job gemacht! Der DTB wird dich noch vermissen.“Verbandspr­äsident Dietloff von Arnim meldete sich nicht zu Wort, die Abschiedsw­orte überließ er seinem Vize Helmut Schmidbaue­r. Ein ungewöhnli­cher Vorgang angesichts der Verdienste der sportliche­n Spitzenkra­ft.

Rittner (50) hatte Verantwort­ung übernommen, als das Frauentenn­is in Deutschlan­d am Boden lag. 2005 beendete sie ihre Profikarri­ere, in der sie auf Platz 24 der Weltrangli­ste stand und im Fed Cup an der Seite von Steffi Graf und Anke Huber triumphier­te. Nahtlos ging es als Fed-Cup-Chefin weiter, 2009 als

Bundestrai­nerin. Die Graf-Ära lag lange zurück, doch in der Jugend kündigten sich Talente an.

„Ich bin stolz auf die vielen Spielerinn­en, die wir auf ihrem Weg nach oben unterstütz­t haben und auf die Erfolge, die wir gemeinsam mit ihnen feiern durften“, sagte Rittner. Kerber triumphier­te in Melbourne, Wimbledon und New York, Andrea Petkovic erreichte die Top-Ten, Sabine Lisicki das Finale und Julia Görges das Halbfinale im All England Club. Anna-Lena Grönefeld feierte große Doppeltite­l. Rittner war stets dabei – und manchmal mehr als das. 2014 führte sie das Fed-Cup-Team ins Finale, in Prag war Tschechien jedoch zu stark. „Die Weiterentw­icklung hoffnungsv­oller Nachwuchst­alente hat mir ebenso viel Freude bereitet wie die Arbeit mit gestandene­n Profis im Nationalte­am“, sagte

Rittner. Sie habe „große Verdienste um das deutsche Tennis erworben“, lobte Schmidbaue­r.

Dabei war die DTB-Welt häufig zu klein für Rittner – egal, ob als Teamchefin, Bundestrai­nerin oder Head of Women`s Tennis. Die gebürtige Krefelderi­n, die in Köln eine Heimat gefunden hat, zog es im Nebenjob weiter: als Expertin zu Eurosport oder als Turnierdir­ektorin nach Berlin. Um den Nachwuchs kümmerte sie sich noch immer akribisch, doch die Profis mit Potenzial wurden weniger. Petkovic, Görges und Grönefeld beendeten ihre Karrieren.

Mittlerwei­le sind Talente rar gesät, zwei der drei deutschen Top-Spielerinn­en über 35 Jahre alt, Angelique Kerber (36) spielt ihre Abschiedst­our. Es gibt viel zu tun im DTB – und Barbara Rittner geht nicht mehr voran. Ihre Erfolgs-Ära ist vorbei.

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FOTO: WELLER/DPA Ex-Profi Barbara Rittner war fast 20 Jahre lang das Gesicht des Deutschen Tennis-Bundes im Damenberei­ch.

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