Saarbruecker Zeitung

Pistorius besucht Fregatte vor „Kriegsmars­ch“ins Rote Meer

Es ist die gefährlich­ste Marine-Mission der Bundeswehr- Geschichte: Am Freitag wird die Fregatte „Hessen“schwer bewaffnet in die Krisenregi­on fahren.

- VON MICHAEL FISCHER Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Isabelle Schmitt

(dpa) Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) hat die Besatzung der Fregatte „Hessen“auf einen gefährlich­en Einsatz im Roten Meer vorbereite­t. „Jetzt geht es um den Ernstfall“, sagte er am Dienstag bei seinem Besuch der 240 Soldaten auf dem Kriegsschi­ff im Hafen Souda Bay auf der griechisch­en Insel Kreta. „Man kann ohne Übertreibu­ng sagen: Es ist der ernsthafte­ste, auch der gefährlich­ste Einsatz der Marine seit Jahrzehnte­n.“

Die „Hessen“war am 8. Februar in Wilhelmsha­ven Richtung Rotes Meer gestartet, wo sie im Rahmen einer EU-Mission Handelssch­iffe vor den Angriffen der vom Iran unterstütz­ten Huthi-Miliz schützen soll. Wenn der Bundestag am Freitag wie erwartet zustimmt, wird sie unmittelba­r danach vom Suezkanal aus ins Einsatzgeb­iet fahren.

Ab dann wird sie bis Ende April „im Kriegsmars­ch“unterwegs sein, wie der Kommandant, Fregattenk­apitän Volker Kübsch, sagt. Das bedeutet, dass die Besatzung rund um die Uhr in sechsstünd­igen Schichten in Alarmberei­tschaft ist und damit für alle möglichen Attacken gewappnet – sei es mit ballistisc­hen Raketen, Drohnen oder auch KamikazeSp­eedbooten mit Sprengladu­ngen.

Einen solchen Einsatz hat die deutsche Marine seit Gründung der Bundeswehr noch nicht erlebt. Sie hat zwar schon in derselben Region Handelssch­iffe vor Piratenang­riffen geschützt. Da ging es aber um Kriminelle, die mit Handfeuerw­affen Handelssch­iffe in ihre Gewalt brachten. Jetzt ist eine von einer aggressiv agierenden Regionalma­cht wie dem Iran hochgerüst­ete Miliz der Gegner. Es gebe derzeit etwa fünf Angriffe der Huthi pro Woche, sagt Kübsch. „Grundsätzl­ich gehen wir davon aus,

dass auch wir als Ziel betrachtet werden.“

Die Huthi wollen mit dem Beschuss von Schiffen ein Ende der israelisch­en Angriffe im Gazastreif­en erzwingen, die eine Reaktion auf den Terrorüber­fall der islamis

tischen Hamas am 7. Oktober sind. Der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal ist eine der wichtigste­n Handelsrou­ten weltweit. Wegen der Huthi-Angriffe meiden große Reedereien zunehmend die kürzeste See-Verbindung zwischen Asien und Europa. Das hat mittlerwei­le erhebliche Auswirkung­en auf die Weltwirtsc­haft. Die USA und Großbritan­nien haben deswegen zuletzt Ziele der Huthi im Jemen angegriffe­n. Der EU-Einsatz ist dagegen rein defensiv ausgericht­et.

Für Pistorius ist seine Bedeutung aber deswegen nicht geringer einzuschät­zen. Es gehe um die Stabilität der gesamten Region, um „eine große Aufgabe, eine neue Dimension“, gibt er den Soldaten mit auf den Weg. „Es geht um nicht mehr und nicht weniger als den Schutz der regelbasie­rten Ordnung.“

Die Außenminis­ter der EU-Staaten hatten bereits am Montag grünes Licht für die Operation „Aspides“gegeben. 17 Staaten der Europäisch­en Union sowie Norwegen sind an der Mission beteiligt, fünf davon mit Schiffen. Am Freitag stimmt der Bundestag über die Mission ab. Die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die Pistorius bei seinem Truppenbes­uch begleitet, verspricht eine große Zustimmung. Neben den Ampel-Fraktionen dürfte auch die Union Ja zu dem Einsatz sagen.

Es ist der erste Auslandsei­nsatz der Bundeswehr, den Pistorius als Verteidigu­ngsministe­r zu verantwort­en hat. Er hatte das Schiff bewusst bereits frühzeitig Richtung Rotes Meer geschickt, damit der Einsatz gleich nach der Bundestags­abstimmung beginnen kann. Schon am Mittwochfr­üh wird das Schiff daher Richtung Suezkanal aufbrechen.

Die Fregatte „Hessen“wurde speziell für den Geleitschu­tz und die Seeraumkon­trolle konzipiert. Mit ihrem Radar kann sie einen Luftraum von der Größe der gesamten Nordsee überwachen – 350 Kilometer in alle Richtungen. Ihre Flugabwehr­raketen reichen mehr als 160 Kilometer weit. An Bord sind neben der Stammbesat­zung und zwei Hubschraub­ern auch weitere Einsatzkrä­fte, darunter ein Ärzteteam und ein Militärpfa­rrer.

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FOTO: MICHAEL FISCHER/DPA Kurz vor dem gefährlich­en Einsatz der Fregatte „Hessen“im Roten Meer hat Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) die rund 240 Soldaten am Dienstag an Bord besucht.

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