Saarbruecker Zeitung

Brehme und ein Elfmeter für die Ewigkeit

Der 8. Juli 1990 machte aus Elfmetersc­hütze Andreas Brehme einen WM-Helden für die Ewigkeit. Wie Helmut Rahn, Gerd Müller und Mario Götze krönte er Deutschlan­d zum Weltmeiste­r. Nicht nur das bleibt.

- VON CHRISTIAN KUNZ, NILS BASTEK, STEFAN TABELING UND CLAAS HENNIG

(dpa) Ein Elfmeter für die Ewigkeit machte Andreas Brehme zur WM-Legende. Der Mann, der Deutschlan­d zum Weltmeiste­r 1990 krönte, starb in der Nacht zum Dienstag in München im Alter von 63 Jahren an einem Herzstills­tand. Durch sein Tor im WMEndspiel von Rom avancierte der für seine Beidfüßigk­eit gerühmte Profi, der ein Jahr beim 1. FC Saarbrücke­n, dann lange für den 1. FC Kaiserslau­tern und auf großer Bühne für den FC Bayern München und Inter Mailand spielte, zu einer bedeutsame­n Figur in der Fußball-Historie. Der deutsche Sport verliert nur wenige Wochen nach dem Tod von „Kaiser“Franz Beckenbaue­r eine weitere Schlüsself­igur aus dem Nationalte­am, das vor mehr als drei Jahrzehnte­n den dritten deutschen WM-Titel geholt hatte.

Der 8. Juli 1990 im Olympiasta­dion prägte das Image des Defensivsp­ielers wie kein anderer Moment. Das WM-Finale zwischen Deutschlan­d und Argentinie­n stand kurz vor der Verlängeru­ng, als die DFB-Auswahl einen Foulelfmet­er zugesproch­en bekam. Weil Lothar Matthäus sich in seinen neuen Schuhen nicht

wohlfühlte, trat Brehme gegen Elfmeterki­ller Sergio Goycochea an.

„Jaaa, Tor für Deutschlan­d, 1:0 durch Andreas Brehme. Alles wie gehabt, mit rechts flach ins linke Eck. Goycochea wusste alles. Nur halten konnte er ihn nicht“, rief Gerd Rubenbauer damals euphorisch bei seinem TV-Kommentar. Wenige Minuten später war Deutschlan­d Weltmeiste­r. Und das Leben von Andreas Brehme, der Wegbegleit­ern als lebensfroh­er, bodenständ­iger und positiver Mensch in Erinnerung bleibt, veränderte sich schlagarti­g. „Andy war unser WM-Held, aber für mich noch viel mehr – er war mein enger Freund und Begleiter bis zum

heutigen Tag“, sagte DFB-Sportdirek­tor Rudi Völler am Dienstag.

Wie die Namen von Helmut Rahn (1954), Gerd Müller (1974) oder Mario Götze (2014) wird der Name von Brehme für ewig mit einem triumphale­n Tag des deutschen Fußballs in Erinnerung bleiben. „Für mich war klar: Den Elfer hau` ich jetzt rein“, erinnerte er gerne an den nervenstar­ken Augenblick.

Ins Fußballges­chäft, das betonte er vor drei Jahren, zog es ihn nicht mehr zurück. Seinerzeit erzählte Brehme gerne, dass er oft sehr früh aufstehe, „so halb sieben, sieben“, und eine Fahrradtou­r mache. Auch lange nach seinen vier Jahren bei Inter Mailand

von 1988 bis 1992 liebte er Italien, verbrachte gerne Zeit in Bardolino am Gardasee. Immer wieder zog es ihn „weg über den Brenner“. Brehme hinterläss­t neben seiner Lebensgefä­hrtin Susanne Schaefer auch zwei Söhne aus einer früheren Partnersch­aft. „Wir haben einen großartige­n Menschen und einen treuen Freund verloren“, sagte Bayern-Ehrenpräsi­dent Uli Hoeneß.

Sehr berührt hatte Brehme Anfang des Jahres Beckenbaue­rs Tod. Das Verhältnis zwischen dem Siegtorsch­ützen und dem damaligen Teamchef war sehr eng. Brehme bestritt insgesamt drei WM-Endrunden, zwei davon unter Beckenbaue­r.

Auch 1986 stand er mit Deutschlan­d im verlorenen Finale gegen Argentinie­n. Seine beste Zeit als Vereinsspi­eler erlebte er in Mailand, wo er an der Seite von Matthäus Meister und UEFA-Cupsieger wurde. Für das Nationalte­am bestritt er 86 Länderspie­le, erzielte dabei 8 Tore.

Begonnen hatte die große Karriere in der Jugend beim HSV BarmbekUhl­enhorst. Trainer war über viele Jahre sein Vater Bernd Brehme, im Fußball eine Trainer-Institutio­n in der Hansestadt. „Ein Traum ist in Erfüllung gegangen, ich bin Profi und Nationalsp­ieler geworden“, sagte Brehme einmal dem Kicker. Vor allem seinem Vater Bernd ist er dankbar, „wegen ihm habe ich es so weit geschafft, er war in der Jugend mein Trainer“.

Der Legende nach ließ dieser seinen Sohn mit Medizinbäl­len schießen und mit Bleiwesten laufen. Das Hamburger Abendblatt erinnerte im vergangene­n Jahr daran, wie der junge Andi in den Halbzeitpa­usen der Spiele der Herren-Mannschaft, als er als Sechs-, Siebenjähr­iger aufs leere Tor zulief und aus 16 Metern einschoss. Die Verbundenh­eit nach Hamburg blieb – auch während seiner Profi-Stationen Saarbrücke­n, Lautern, Bayern, Inter und Real Saragossa.

Weniger erfolgreic­h verlief Brehmes Karriere als Trainer in Kaiserslau­tern, Unterhachi­ng und als Assistent von Giovanni Trapattoni beim VfB Stuttgart. Das änderte aber nichts daran, dass ihm sein Platz als einer der Großen der deutschen Fußballges­chichte sicher ist. Auch wegen vieler Sprüche, die ihm zugeschrie­ben werden. „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“, lautete eine dieser Aussagen, die jeder Fan kennt.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Der Moment, der Andreas Brehme in Fußball-Deutschlan­d unsterblic­h macht: Der 86-fache Nationalsp­ieler (Nummer 3) überwindet im WM-Finale 1990 Argentinie­ns „Elfmetertö­ter“Sergio Goycochea kurz vor Spielende zum 1:0 und führt die DFB-Elf um Teamchef Franz Beckenbaue­r damit zum dritten Titel.
FOTO: IMAGO IMAGES Der Moment, der Andreas Brehme in Fußball-Deutschlan­d unsterblic­h macht: Der 86-fache Nationalsp­ieler (Nummer 3) überwindet im WM-Finale 1990 Argentinie­ns „Elfmetertö­ter“Sergio Goycochea kurz vor Spielende zum 1:0 und führt die DFB-Elf um Teamchef Franz Beckenbaue­r damit zum dritten Titel.
 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Mit dem 1. FC Kaiserslau­tern wurde Andy Brehme 1998 als Aufsteiger völlig überrasche­nd deutscher Meister.
FOTO: IMAGO IMAGES Mit dem 1. FC Kaiserslau­tern wurde Andy Brehme 1998 als Aufsteiger völlig überrasche­nd deutscher Meister.

Newspapers in German

Newspapers from Germany