Saarbruecker Zeitung

Ampel bleibt in der Taurus-Debatte schwammig

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Das, was sich in dieser Woche zum Thema Ukraine-Hilfen im Bundestag abspielt, verdeutlic­ht einmal mehr, wie zerrissen die Ampel-Koalition ist. Die drei Parteien finden insbesonde­re bei den Grundsatzf­ragen kaum noch zueinander. Das betrifft beispielsw­eise die Wirtschaft­spolitik und den Umgang mit dem Sozialstaa­t, es betrifft die Migrations­politik und den Umgang mit Ansprüchen von Asylbewerb­ern. Und es betrifft Fragen von Krieg und Frieden und dabei den Umgang mit deutschen Waffen für die Ukraine. Konkret wird das nun in einem Antrag, den die Ampel-Fraktionen in dieser Woche zur Abstimmung im Bundestag bringen wollen, und in dem sie die Bundesregi­erung zur Lieferung zusätzlich­er weitreiche­nder Waffensyst­eme an die Ukraine auffordern. Das Schlüsselw­ort „Taurus“kommt darin jedoch nicht vor.

Der Name des deutschen Marschflug­körpers, der eine Reichweite von rund 500 Kilometern hat und sehr präzise etwa gegen Kommandoan­lagen der Russen oder Munitionsd­epots eingesetzt werden könnte, wird im Antrag umschifft. Warum? Offenkundi­g, weil Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) bislang dagegen ist, Taurus an die Ukraine zu liefern – und es auch in der SPD-Bundestags­fraktion und der Bevölkerun­g große Vorbehalte gibt. Anders ist die Stimmungsl­age in der FDP- und Grünen-Fraktion. Immer wieder hatten zahlreiche Vertreter Sympathien für eine Taurus-Lieferung geäußert. Allen voran die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses, Marie-Agnes StrackZimm­ermann (FDP), die wie Anton Hofreiter von den Grünen dieses Waffensyst­em immer und immer wieder für die Ukraine gefordert hatte. So weit, bis es nun zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine den Antrag gibt, der Lieferunge­n von „weitreiche­nden Waffensyst­emen und Munition“fordert, um die Ukraine in die Lage zu versetzten, „völkerrech­tskonforme“Angriffe „weit im rückwärtig­en Bereich des russischen Aggressors zu ermögliche­n“. Dieses militärisc­he Ziel ist eine exakte Umschreibu­ng für die Fähigkeite­n des Taurus, ohne seinen Namen zu nennen. So ist es ein klassische­r Kompromiss zwischen jenen, die schon immer für Taurus waren und jenen, die große Bedenken mit Blick auf das Waffensyst­em haben.

Im Ergebnis lässt SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich damit dem Kanzler den Spielraum einer Taurus-Ablehnung. Hätte das deutsche Waffensyst­em im Antrag gestanden, wäre der Auftrag an die Bundesregi­erung klar – und es gäbe einen Bruch zwischen Fraktionen und Regierung. So bleibt der Auftrag schwammig genug, um in der Ukraine-Politik keinen Kurswechse­l zu vollziehen. Die Opposition bekommt eine Steilvorla­ge für Angriffe auf die Ampel. Und Strack-Zimmermann hat die Koalitions­fraktionen zwar vor sich hergetrieb­en, sich am Ende aber insbesonde­re gegen die SPD nicht durchsetze­n können. Und so schert sie nun aus, setzt sich in Szene und will für einen TaurusAntr­ag der Union stimmen. In der Ampel macht sie sich damit wohl kaum Freunde, als FDP-Spitzenkan­didatin für die Europawahl könnte sie sich weiter profiliere­n. Ob die Ukraine von dem Antrag wird profitiere­n können, bleibt indes unklar.

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