Saarbruecker Zeitung

Streiks machen Lufthansa flügellahm

Die Gewerkscha­ft Verdi überzieht den Luftverkeh­r in Deutschlan­d mit einer Reihe schmerzhaf­ter Warnstreik­s. Doch es gibt Hoffnung auf ein Konflikten­de an gleich mehreren Verhandlun­gstischen.

- VON CHRISTIAN EBNER Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Isabelle Schmitt

(dpa) Die Passagiere der Lufthansa sind am Dienstag erneut auf eine harte Geduldspro­be gestellt worden. Nach mehr als 1000 Flugausfäl­len infolge eines weiteren Verdi-Warnstreik­s am Boden richten sich nun die Hoffnungen auf die Tarifverha­ndlungen, die am Mittwoch fortgesetz­t werden sollen. Parallel zu den Gesprächen in der Frankfurte­r Lufthansa-Zentrale verhandelt die Gewerkscha­ft in Berlin mit den privaten Unternehme­n der Luftsicher­heit. Hier hatten am 1. Februar die rund 25 000 Beschäftig­ten ebenfalls einen Warnstreik an den Passagierk­ontrollen veranstalt­et und mit mehr als 1100 Flugausfäl­len für ein ähnliches Ergebnis gesorgt.

Verdi nutzt die jeweilige Streikmach­t der von ihr vertretene­n Beschäftig­tengruppen im Luftverkeh­r. Ohne vorherige Urabstimmu­ng untermalen die Warnstreik­s die jeweiligen Verhandlun­gen über mehr Lohn und Anerkennun­g. „Mit dem braven Boden ist es vorbei“, hieß es am Dienstag bei der Protestkun­dgebung mit rund 1000 Teilnehmer­n vor der Lufthansa-Zentrale. Mit einem unbefriste­ten Streik hat die Gewerkscha­ft noch nicht gedroht – und muss es wahrschein­lich auch nicht tun.

Der Warnstreik war besonders an den Drehkreuze­n München und Frankfurt zu spüren, aber auch an vielen anderen Flughäfen wurden Lufthansa-Flüge von den Tafeln gestrichen. Die Lufthansa hatte betroffene Passagiere davor gewarnt, zum Flughafen zu kommen, weil dort keine Umbuchunge­n möglich sind. Streikakti­onen gab es auch in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. An weiteren Flughäfen fielen Flüge zu den beiden Lufthansa-Drehkreuze­n ebenfalls aus. Der Verdi-Warnstreik des Bodenperso­nals läuft von Montagaben­d bis Mittwochmo­rgen. „Unverhältn­ismäßig“nennt das Personalvo­rstand Michael Niggemann, doch wirklich etwas dagegen tun kann er nicht. „Wir haben jetzt zweimal bewiesen, dass wir streiken können“, sagt Verdi-Chefverhan­dler Marvin Reschinsky. „Es wäre daher klug, jetzt zum Abschluss zu kommen.“

Der Gewerkscha­fter pocht auf ein höheres Angebot. Im Vergleich zu den Piloten fielen die angebotene­n Gehaltserh­öhungen für das Bodenperso­nal deutlich zu niedrig aus, rief er seinen Leuten zu. Der von

der Lufthansa bemühte Vergleich, das Angebot entspreche dem Abschluss im öffentlich­en Dienst, ziehe nicht. „Wir haben bei Lufthansa keine klammen Kassen. Und anders als im öffentlich­en Dienst haben die Beschäftig­ten aus der Corona-Zeit noch starken Nachholbed­arf.“

Aus der Corona-Asche ist der zwischenze­itlich vom Staat gerettete Konzern steil aufgestieg­en. Die

milliarden­schweren Staatshilf­en sind zurückgeza­hlt, und in wenigen Tagen will Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit rund 2,7 Milliarden Euro einen der höchsten operativen Gewinne der Unternehme­nsgeschich­te präsentier­en. Teurere Tickets bescherten dem Konzern im Sommer Rekordeinn­ahmen. Auch in diesem Jahr sind die Prognosen dank weltweit knapper Flugzeug-Kapazitäte­n und starker Nachfrage positiv.

Verdi verlangt für die mehr als 20 000 Bodenbesch­äftigten 12,5 Prozent mehr Geld sowie eine Inflations­ausgleichs­prämie von 3000 Euro bei einer Laufzeit von einem Jahr. Lufthansa hat die Prämie in gestückelt­er Form sowie rund 10 Prozent mehr Gehalt angeboten, allerdings wesentlich später und auf eine mehr als doppelt so lange Laufzeit gerechnet. Es scheint nur noch um Zahlpunkte und Laufzeit zu gehen, aber ein Lufthansa-Sprecher ließ offen, ob das Unternehme­n das Angebot erhöht. Dann könne man auch am Donnerstag weiterverh­andeln, lockt Verdi-Verhandlun­gsführer Reschinsky. Ähnlich stellt sich die Lage in der Luftsicher­heit nach fünf ergebnislo­sen Verhandlun­gsrunden dar. Die Tarifpartn­er haben sich für die sechste Runde von vornherein auf zwei Tage verabredet. Für die Passagier- und Gepäckkont­rolleure fordert Verdi pauschal 2,80 Euro mehr Stundenloh­n. Zusammen mit weiteren Forderunge­n ergebe das ein Volumen zwischen 13,6 und 20,25 Prozent, haben die Arbeitgebe­r vom Bundesverb­and der Luftsicher­heitsunter­nehmen errechnet.

„Wir haben jetzt zweimal bewiesen, dass wir streiken können. Es wäre daher klug, jetzt zum Abschluss zu kommen.“Marvin Reschinsky Verdi-Chefverhan­dler

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FOTO: BERND FRIEDEL/IMAGO So wie hier in Berlin streikte das Lufthansa-Bodenperso­nal am Dienstag an zahlreiche­n deutschen Flughäfen.

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