Neuer Team-Chef setzt auf die Frohe Botschaft
Die Kirche muss das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, sie neu begeistern, sagt der neue Dekan im Pastoralen Raum Saarbrücken, Pfarrer Frank Kleinjohann. Wegen sinkender Nachfrage seitens der Gläubigen und des gleichzeitigen Personalmangels in der Kir
Auch im Saarland, dem mit Blick auf den Bevölkerungsanteil katholischsten deutschen Bundesland, laufen der Kirche immer mehr Menschen davon. Doch der vom Trierer Bischof berufene und gerade in sein Amt gestartete neue Dekan im Pastoralen Raum Saarbrücken, Pfarrer Frank Kleinjohann, gibt sich optimistisch, im engen Gesprächskontakt mit möglichst vielen Menschen und Gruppierungen all die Herausforderungen in Krisenzeiten meistern zu können. „Wir sind noch da, Leute!“, lautet seine Botschaft für gelingende Seelsorge und etliche von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommene kirchliche Angebote im Digital- und Smartphone-Leben.
Die Missbrauchsfälle, die in der katholischen Kirche geschehen und vertuscht werden konnten, geißelt er als „schlimme Verbrechen“und betont, er schäme sich dafür. Jetzt gehe es für die Kirche darum, Vertrauen zurückzugewinnen und neu zu begeistern.
Der aus Mayen in der Eifel stammende 47-Jährige wollte als Jugendlicher ursprünglich mal Arzt werden, erzählt er im SZ-Gespräch. Er hat dann aber nach klassischer
Messdienerkarriere, Theologiestudium und Rettungssanitäter-Tätigkeit im Zivildienst seine Berufung und seinen Traumjob als Pfarrer gefunden.
2003 zum Priester geweiht, startete er in Auersmacher und in Merchweiler seine kirchliche Karriere, war dann später Domvikar am Hohen Dom zu Trier und zuletzt knapp acht Jahre lang Pfarrer
in Saarlouis, ehe er jetzt als Dekan in die Landeshauptstadt kam.
Im Pastoralen Raum Saarbrücken, dem mit rund einem Dutzend Pfarreien und 85 000 Katholiken größten solchen Raum im Saarland, steht er jetzt im Leitungsteam an der Spitze zusammen mit Monika Urbatsch. In der Freizeit, so verrät er, steigt er gern aufs Motorrad oder joggt in grüner Natur. Am ersten
Arbeitstag im neuen Amt rief der Dekan die über 40 Beschäftigten aus der Seelsorge in seinem Gebiet zusammen, um neu durchzustarten, wie er sagt.
Was Kleinjohann nach eigener Darstellung große Sorgen macht, ist, dass sich laut der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der evangelischen Kirche in Deutschland 56 Prozent der Menschen als „nicht religiös“betrachten. „Wir müssen als Kirche mehr deutlich machen, dass es bei uns Menschen und Angebote gibt, die für dich da sind und dir zuhören“, sagt er. „Wir haben aber bei uns nicht nur eine Kirchen- und Glaubenskrise, sondern wir haben im Grunde genommen eine Krise der gesellschaftlichen Institutionen.“
Überall fehle es an Menschen, die die Ärmel hochkrempeln und sich für andere engagieren wollen. Dabei stehe auch die Demokratie auf dem Spiel. Für AfD-Mitglieder dürfe es kein ehrenamtliches Amt in der Kirche geben – dies sei auch die Position des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, sagt der Dekan.
Aber, so Kleinjohann: „Ich halte es auch nicht für richtig, unzufriedene Protestsympathisanten der AfD pauschal über einen Kamm zu scheren.“An einer der nächsten Großdemos gegen Rechtsextremismus will der neue Saarbrücker Dekan selbst teilnehmen.
„Selbst bei derzeit nur noch fünf Prozent Gottesdienstbesuchern haben wir als katholische Kirche jeden Sonntag noch Zigtausende Menschen auf den Beinen“, betont Kleinjohann.
Mit Blick auf die bekannt gewordenen vertuschten Missbrauchsfälle in der Kirche kritisiert er, es habe leider auch ein systematisches Wegschauen aller Beteiligten gegeben, die das nicht wahrhaben wollten. „Dabei haben wir als Kirche die fabelhafteste Botschaft der Welt.“
Leider Gottes würden aber Angebote wie Familienberatung, Klinikseelsorge, Erwerbslosenhilfe, Drogenberatung, Wärmestube und Caritas „oft nicht so wahrgenommen, dass auch das Kirche ist“. Ein Patentrezept, wie der Kirchenaustrittswelle zu begegnen ist, hat Dekan Kleinjohann nach eigenem Bekunden allerdings im Moment ebenso wenig wie für die Umsetzung kirchlicher Sparmaßnahmen wegen sinkender Steuereinnahmen in den nächsten Jahren.
Überall müsse der Rotstift angesetzt werden, wenn auch am wenigsten im sozial-karitativen Bereich. „Wir werden für den Pastoralen Raum Saarbrücken ein tragfähiges Immobilienkonzept brauchen“, kündigt er an.
Wegen sinkender Nachfrage bei den Gläubigen und gleichzeitigen Personalmangels in der Kirche bis hin zu einigen unbesetzten Pfarrerstellen sei es künftig nicht mehr möglich, an quasi jeder Ecke Immobilien für einen Kirchenchor und zehn Messdiener zur Verfügung zu stellen. Da dürfe nicht jede Pfarrei nur für sich denken, sondern es müsse mehr Vernetzungen und Kooperationen geben.
In der Jugendarbeit sieht Kleinjohann große Chancen angesichts der im Saarland deutschlandweit überdurchschnittlich stark repräsentierten Messdiener- und Pfadfinderschaft. Die Saarbrücker Jugendkirche eli.ja mit ihren vielfältigen Angeboten lobt er als Leuchtturmprojekt und wird dort demnächst selbst Gottesdienste halten, ebenso wie in der bekannten Saarbrücker Basilika St. Johann.
Von Künstlicher Intelligenz (KI) als angeblich künftig möglichem Priester-Ersatz hält Kleinjohann gar nichts. Und er zeigt sich ganz offenherzig bei Diskussionsthemen wie Zölibat und Familie: „Mein Bruder ist glücklich verheiratet, meine Schwester glücklich geschieden – und wir diskutieren immer recht heftig, wer von uns dreien der Glücklichere ist“, sagt er.
„Wir müssen als Kirche mehr deutlich machen, dass es bei uns Menschen und Angebote gibt, die für dich da sind und dir zuhören.“Pfarrer Frank Kleinjohann neuer Dekan des Pastoralen Raums Saarbrücken mit 85 000 Katholiken