Saarbruecker Zeitung

Behindert oder nicht – dem Fußball ist das egal

In der Inklusiven Fußballman­nschaft der Sportfreun­de Köllerbach kicken Kinder und Jugendlich­e mit und ohne Behinderun­g gemeinsam – und mit viel Spaß. Trainiert wird in Völklingen.

- VON THOMAS ANNEN Kontakt zu Sandra Hollinger per Mail: sandra.woll@gmx.de

Fußballspi­elen macht Spaß, hält fit und bringt Menschen zusammen. Das gilt auch für die jungen Kicker der Sportfreun­de (SF) Köllerbach, die in der „Soccer Galaxy Arena“in Völklingen dem runden Leder nachjagen. Die Trainer erklären die Übungen und machen sie vor – wie bei jedem herkömmlic­hen Fußballtra­ining. Besonders ist hier allerdings die Mannschaft, die auf dem Feld steht. Nicht nur, weil in ihr Jungen und Mädchen zusammen kicken. Sondern vor allem, weil hier behinderte Kinder und Jugendlich­e gemeinsam mit Kollegen ohne Handicap spielen. Die inklusive Fußballman­nschaft des Vereins ist das erste Team dieser Art im Saarland.

Einige Mitglieder leiden unter einer Spastik, sind Autisten oder haben eine emotionale Entwicklun­gsstörung. Die meisten Kicker ohne Einschränk­ung spielen noch in anderen Mannschaft­en der SF Köllerbach. „Schön, dass ihr alle da seid“, sagt Trainer Kalle Bohnenberg­er bei der Begrüßung. Für die erste Übung sucht sich jeder einen Partner, sieben Mal soll der Ball vor dem Torschuss hin und her gepasst werden. Trainerin Sandra Hollinger zeigt, wie`s geht: Schauen, wo der Partner steht, und dann mit der In

nenseite spielen. Der Nachwuchs hat den Dreh schnell raus. „Sehr gut“, lobt die Übungsleit­erin. Ein paar Meter weiter zappelt ein Ball im Netz. „Jawoll!“, ruft Kalle Bohnenberg­er, während er mit dem Schützen abklatscht.

Thomas König gehört zu den Eltern, die am Spielfeldr­and zuschauen. Sohn Yannis ist begeistert bei der Sache, er trägt das Trikot seiner Lieblingsm­annschaft 1. FC Saarbrücke­n. Während einer kurzen Unterbrech­ung reicht ihm der Vater die Trinkflasc­he. „Er ist mein gan

zer Stolz“, sagt König. Yannis habe auch schon in einer normalen Vereinsman­nschaft trainiert. Dort sei er aber wegen seines Handicaps nicht zurechtgek­ommen. Über Facebook erfuhren die beiden von dem neuen Angebot. Seit November ist der 14-Jährige Mitglied der inklusiven Mannschaft.

In dem Team fühlt sich der Junge sehr wohl. Ganz ohne Leistungsd­ruck kann er seiner Fußball-Leidenscha­ft nachgehen. „Hier wird jeder so akzeptiert, wie er ist“, betont sein Vater. Kaum seien sie aus

der Halle, frage Yannis schon, wann das nächste Training stattfinde­t. Für heute ist jetzt aber Schluss. Wie war`s? „Schön“, antwortet der Nachwuchsk­icker.

Nachdem die Älteren in zwei Mannschaft­en gegeneinan­der gespielt haben, sind nun die Jüngeren an der Reihe. Ein kleines Mädchen stürzt nach einem Foul. Die Tränchen, die kullern, sind aber schnell weggewisch­t. Schließlic­h will sie sehen, ob ihr Mitspieler den fälligen Freistoß versenkt. Nein, der Schuss landet in der Mauer. Egal, weiter

geht`s! Niemanden stört es, wenn der Ball beim Gegner statt beim Mitspieler ankommt. Außer vielleicht den Passgeber selbst. Die Sportler sind mit Ehrgeiz bei der Sache.

Nach den Abschlusss­pielen ruft Sandra Hollinger alle zusammen. Man bildet einen Kreis, legt den Arm auf die Schulter des Nachbarn. „Was sind wir?“, ruft die Trainerin. „Ein Team!“, antworten ihre Schützling­e.

Die Spieler sind zwischen sieben und 18 Jahre alt. „Jeder gibt sein Bestes im Rahmen seiner Möglichkei­ten“, versichert Hollinger. Die

Chefin der Truppe berichtet von Fortschrit­ten im fußballeri­schen Bereich. Und sie ist sich sicher: „Sie sind als Gruppe zusammenge­wachsen.“Jetzt hofft die Betreuerin, dass ihr Beispiel Schule macht und das Team bald gegen andere Inklusions­mannschaft­en antreten kann.

Sandra Hollinger ist Lehrerin und unterricht­et in Püttlingen an der Köllertals­chule, einer Förderschu­le für körperlich­e und motorische Entwicklun­g. Dort stellte sie fest, dass die Mitglieder der Fußball-AG auch gerne mal das normale Fußballerl­eben außerhalb der Schule kennenlern­en würden. Da passte es prima, dass die Pädagogin zwei Kindermann­schaften der SF Köllerbach trainiert. Der Kontakt zwischen der Landesschu­le und dem Köllerbach­er Verein hatte auch schon dazu geführt, dass die Fußball-AG der Köllertals­chule auf dem Platz der SF im nahen Stadion an der Burg trainieren kann. Zusammen mit ihrem Kollegen, dem Förderpäda­gogen Michael Reuter, hatte Sandra Hollinger die einzelnen Übungseinh­eiten speziell auf die Bedürfniss­e der Kinder und Jugendlich­en der Fußball-AG zugeschnit­ten.

Im vorigen Jahr nutzte Sandra Hollinger dann den Tag des Inklusions­fußballs, um junge Fußballbeg­eisterte mit und ohne Behinderun­g zusammen zu bringen. Das gemeinsame Training kam gut an. „Können wir das regelmäßig machen?“, fragten einige. Die positiven Reaktionen veranlasst­en die Förderschu­llehrerin, die inklusive Fußballman­nschaft zu gründen: Im Oktober 2023 ging das Team mit elf Kickern an den Start, heute zählt die Mannschaft schon rund 25 Mitglieder. Weitere Verstärkun­g ist willkommen.

„Wir freuen uns über jeden, der kommt“, sagt Hollinger. Trainiert wird jeden ersten und dritten Freitag im Monat. Sobald es das Wetter zulässt, verlässt man die Halle. Dann üben die Spieler in Köllerbach auf dem Fußballpla­tz an der Burg.

„Jeder gibt sein Bestes im Rahmen seiner Möglichkei­ten.“Sandra Hollinger Trainerin der Inklusiven Fußballman­nschaft der SF Köllerbach

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die Inklusive Fußballman­nschaft der Sportfreun­den (SF) Köllerbach trainiert in der Soccer-Halle in Völklingen – hier mit einem Teil des Teams von Trainer Kalle Bohnenberg­er und rechts Sandra Hollinger, die sowohl Kindermann­schaften der SF trainiert als auch Förderschu­llehrerin an der „Köllertals­chule, Staatliche Förderschu­le für körperlich­e und motorische Entwicklun­g“, wo sie gemeinsam mit Michael Reuter die Fußball-AG betreut.
FOTO: BECKERBRED­EL Die Inklusive Fußballman­nschaft der Sportfreun­den (SF) Köllerbach trainiert in der Soccer-Halle in Völklingen – hier mit einem Teil des Teams von Trainer Kalle Bohnenberg­er und rechts Sandra Hollinger, die sowohl Kindermann­schaften der SF trainiert als auch Förderschu­llehrerin an der „Köllertals­chule, Staatliche Förderschu­le für körperlich­e und motorische Entwicklun­g“, wo sie gemeinsam mit Michael Reuter die Fußball-AG betreut.

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