Behindert oder nicht – dem Fußball ist das egal
In der Inklusiven Fußballmannschaft der Sportfreunde Köllerbach kicken Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam – und mit viel Spaß. Trainiert wird in Völklingen.
Fußballspielen macht Spaß, hält fit und bringt Menschen zusammen. Das gilt auch für die jungen Kicker der Sportfreunde (SF) Köllerbach, die in der „Soccer Galaxy Arena“in Völklingen dem runden Leder nachjagen. Die Trainer erklären die Übungen und machen sie vor – wie bei jedem herkömmlichen Fußballtraining. Besonders ist hier allerdings die Mannschaft, die auf dem Feld steht. Nicht nur, weil in ihr Jungen und Mädchen zusammen kicken. Sondern vor allem, weil hier behinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam mit Kollegen ohne Handicap spielen. Die inklusive Fußballmannschaft des Vereins ist das erste Team dieser Art im Saarland.
Einige Mitglieder leiden unter einer Spastik, sind Autisten oder haben eine emotionale Entwicklungsstörung. Die meisten Kicker ohne Einschränkung spielen noch in anderen Mannschaften der SF Köllerbach. „Schön, dass ihr alle da seid“, sagt Trainer Kalle Bohnenberger bei der Begrüßung. Für die erste Übung sucht sich jeder einen Partner, sieben Mal soll der Ball vor dem Torschuss hin und her gepasst werden. Trainerin Sandra Hollinger zeigt, wie`s geht: Schauen, wo der Partner steht, und dann mit der In
nenseite spielen. Der Nachwuchs hat den Dreh schnell raus. „Sehr gut“, lobt die Übungsleiterin. Ein paar Meter weiter zappelt ein Ball im Netz. „Jawoll!“, ruft Kalle Bohnenberger, während er mit dem Schützen abklatscht.
Thomas König gehört zu den Eltern, die am Spielfeldrand zuschauen. Sohn Yannis ist begeistert bei der Sache, er trägt das Trikot seiner Lieblingsmannschaft 1. FC Saarbrücken. Während einer kurzen Unterbrechung reicht ihm der Vater die Trinkflasche. „Er ist mein gan
zer Stolz“, sagt König. Yannis habe auch schon in einer normalen Vereinsmannschaft trainiert. Dort sei er aber wegen seines Handicaps nicht zurechtgekommen. Über Facebook erfuhren die beiden von dem neuen Angebot. Seit November ist der 14-Jährige Mitglied der inklusiven Mannschaft.
In dem Team fühlt sich der Junge sehr wohl. Ganz ohne Leistungsdruck kann er seiner Fußball-Leidenschaft nachgehen. „Hier wird jeder so akzeptiert, wie er ist“, betont sein Vater. Kaum seien sie aus
der Halle, frage Yannis schon, wann das nächste Training stattfindet. Für heute ist jetzt aber Schluss. Wie war`s? „Schön“, antwortet der Nachwuchskicker.
Nachdem die Älteren in zwei Mannschaften gegeneinander gespielt haben, sind nun die Jüngeren an der Reihe. Ein kleines Mädchen stürzt nach einem Foul. Die Tränchen, die kullern, sind aber schnell weggewischt. Schließlich will sie sehen, ob ihr Mitspieler den fälligen Freistoß versenkt. Nein, der Schuss landet in der Mauer. Egal, weiter
geht`s! Niemanden stört es, wenn der Ball beim Gegner statt beim Mitspieler ankommt. Außer vielleicht den Passgeber selbst. Die Sportler sind mit Ehrgeiz bei der Sache.
Nach den Abschlussspielen ruft Sandra Hollinger alle zusammen. Man bildet einen Kreis, legt den Arm auf die Schulter des Nachbarn. „Was sind wir?“, ruft die Trainerin. „Ein Team!“, antworten ihre Schützlinge.
Die Spieler sind zwischen sieben und 18 Jahre alt. „Jeder gibt sein Bestes im Rahmen seiner Möglichkeiten“, versichert Hollinger. Die
Chefin der Truppe berichtet von Fortschritten im fußballerischen Bereich. Und sie ist sich sicher: „Sie sind als Gruppe zusammengewachsen.“Jetzt hofft die Betreuerin, dass ihr Beispiel Schule macht und das Team bald gegen andere Inklusionsmannschaften antreten kann.
Sandra Hollinger ist Lehrerin und unterrichtet in Püttlingen an der Köllertalschule, einer Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung. Dort stellte sie fest, dass die Mitglieder der Fußball-AG auch gerne mal das normale Fußballerleben außerhalb der Schule kennenlernen würden. Da passte es prima, dass die Pädagogin zwei Kindermannschaften der SF Köllerbach trainiert. Der Kontakt zwischen der Landesschule und dem Köllerbacher Verein hatte auch schon dazu geführt, dass die Fußball-AG der Köllertalschule auf dem Platz der SF im nahen Stadion an der Burg trainieren kann. Zusammen mit ihrem Kollegen, dem Förderpädagogen Michael Reuter, hatte Sandra Hollinger die einzelnen Übungseinheiten speziell auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen der Fußball-AG zugeschnitten.
Im vorigen Jahr nutzte Sandra Hollinger dann den Tag des Inklusionsfußballs, um junge Fußballbegeisterte mit und ohne Behinderung zusammen zu bringen. Das gemeinsame Training kam gut an. „Können wir das regelmäßig machen?“, fragten einige. Die positiven Reaktionen veranlassten die Förderschullehrerin, die inklusive Fußballmannschaft zu gründen: Im Oktober 2023 ging das Team mit elf Kickern an den Start, heute zählt die Mannschaft schon rund 25 Mitglieder. Weitere Verstärkung ist willkommen.
„Wir freuen uns über jeden, der kommt“, sagt Hollinger. Trainiert wird jeden ersten und dritten Freitag im Monat. Sobald es das Wetter zulässt, verlässt man die Halle. Dann üben die Spieler in Köllerbach auf dem Fußballplatz an der Burg.
„Jeder gibt sein Bestes im Rahmen seiner Möglichkeiten.“Sandra Hollinger Trainerin der Inklusiven Fußballmannschaft der SF Köllerbach