Experte kritisiert: Pflege im Saarland bricht ohne Schwarzarbeit zusammen
Die Pflege älterer Menschen im Saarland beruht zum Teil auf Schwarzarbeit. Darauf weist der Landes-Pflegebeauftragte hin und nimmt die Politik in die Pflicht.
In weit über 3000 saarländischen Haushalten arbeiten ausländische Kräfte schwarz, um die Betreuung älterer Pflegebedürftiger sicherzustellen. Und ohne deren Einsatz könnten viele Familien die Versorgung ihrer Angehörigen nicht stemmen. Diese Einschätzungen äußerte der vom Landtag bestellte Pflegebeauftragte des Saarlandes, Jürgen Bender, im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung. Zugleich kritisierte er die Politik: Sie verschließe vor dem Problem die Ohren. In etwa 4000 Haushalten mit Pflegebedürftigen, schätzt Bender, kümmerten sich ausländische Betreuungskräfte um die Hausarbeiten und unterstützten den ambulanten Pflegedienst. Die wenigsten dieser Haushalte könnten sich einen solchen 24-StundenDienst leisten, wenn er nach Tarif bezahlt werde, sagte Bender, der früher Präsident des saarländischen Landessozialgerichts war. „In 90 Prozent der Fälle werden die Betreuerinnen schwarz beschäftigt.“
Bender stellte zudem klar: Ohne die Pflege zu Hause – und damit die dort erforderliche Schwarzarbeit – „würde unser System der Pflege zusammenbrechen“. 82 Prozent der 68 000 Pflegebedürftigen im Saarland werden nach einer Erhebung der Krankenkasse Barmer zu Hause betreut. „Erst, wenn es gar nicht mehr anders geht, wird ein Heimplatz gesucht“, sagte Bender über die Situation im Saarland. Die durchschnittliche Verweildauer in den Heimen liege bei nur einem halben Jahr.
Würden Betreuerinnen für die häusliche Pflege im 24-StundenDienst nach Tarif bezahlt, „wären im Monat gut und gerne 4500 Euro fällig“, sagte Bender. Selbst bei legaler Betreuung übernehme die Pflegeversicherung dafür keine Kosten. Das Sozialamt bezahle nur, wenn das sogenannte Arbeitgebermodell eingehalten werde, die Familie als Arbeitgeber auftrete und dabei alle gesetzlichen Vorgaben einhalte. „Das überfordert viele Angehörige.“
Bender brachte daher eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung ins Gespräch. Berechnungen zeigten, dass bereits ein Plus von 0,5 Prozentpunkten ausreichen würde, um die Betreuerinnen in eine legale Beschäftigung zu bringen und angemessen zu bezahlen. „Bei klaren Regelungen gäbe es genug Personal, da bin ich sicher, zum Beispiel auch Hausfrauen, die am Wochenende als Betreuerinnen arbeiten würden, um sich etwas dazuzuverdienen.“
Bender zeichnete zugleich ein positives Bild der saarländischen Pflegeheime. „In der großen Mehrheit“werde hier „sehr sorgfältig gearbeitet“. Seit Einführung der Pflegeversicherung sei eine Steigerung der Qualität zu erkennen. Der saarländische Pflegebeauftragte zeigte sich aber „recht ratlos“beim Thema Fachkräfte-Mangel in der Pflege. Die Ausbildungszahlen gingen sogar zurück, sagte er der SZ.