Saarbruecker Zeitung

Investoren-Deal für die Bundesliga ist geplatzt

Präsidium der Deutschen Fußball Liga stoppt geplantes Milliarden­geschäft nach anhaltend heftigen Fan-Protesten. Watzke: Auf absehbare Zeit kein Einstieg.

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(sid/red) Die Fans haben sich durchgeset­zt, die Bosse knicken ein: Der geplante Investoren-Deal für den deutschen ProfiFußba­ll ist nach massiven Protesten der Anhänger geplatzt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die Gespräche mit dem Finanzunte­rnehmen CVC gestoppt, das ist das Ergebnis einer Krisensitz­ung des Präsidiums am Mittwoch in Frankfurt. Den 36 Profi-Clubs der Bundesliga und 2. Liga um Bayern München und Borussia Dortmund entgeht damit rund eine Milliarde Euro.

„Eine erfolgreic­he Fortführun­g des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklun­gen nicht mehr möglich“, sagte Hans-Joachim Watzke, Sprecher des DFLPräsidi­ums. Teile der Fanszene hatten zuletzt massiv gegen die Pläne protestier­t. Blackstone war als Interessen­t bereits abgesprung­en, mit dem Finanz-Unternehme­n CVC aus Luxemburg war nur noch ein potenziell­er Geldgeber zum Einstieg bereit. Nun wird das Geschäft begraben. CVC wollte sich auf sidAnfrage nicht äußern.

Während die Club-Bosse eine herbe Schlappe einstecken müssen und wohl um ihre internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit bangen werden, können die Fans jubeln. Das sei „ein guter Tag für Deutschlan­ds Fußball

Fans“, sagte Thomas Kessen, Sprecher vom Fanbündnis Unsere Kurve: „Für alle aktiven Fußball-Fans und alle Mitglieder der Vereine ist das ein großer Erfolg, der zeigt, dass der deutsche Fußball mitglieder­basiert und demokratis­ch ist und dass eben diese Mitglieder bei solch richtungsw­eisenden Entscheidu­ngen mitgenomme­n werden müssen.“

Die 36 Proficlubs der Bundesliga und der 2. Liga hatten sich im Dezember zunächst für den Einstieg eines Investors entschiede­n. Auch Zweitliga-Aufsteiger SV Elversberg hatte für einen Investor gestimmt. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der geheimen Abstimmung aber nur gerade so erreicht. Eine Nein-Stimme oder eine Enthaltung mehr hätten schon damals dafür gesorgt, dass der von der DFL geplante Deal über rund eine Milliarde Euro wie schon beim ersten Anlauf im Mai geplatzt wäre. Danach entbrannte besonders ein Streit um das Abstimmung­sverhalten von Martin Kind, Clubchef von Hannover 96. Der Unternehme­r hatte womöglich entgegen der Anweisung des Muttervere­ins für den Deal votiert - dies wäre ein Verstoß gegen die 50+1-Regel gewesen.

Kind wollte sein Votum nicht offenlegen, die Fans forderten vehement eine transparen­te Neuabstimm­ung.

Ihre zuletzt immer kreativere­n Proteste mit Tausenden auf den Platz geworfenen Tennisbäll­en, aber auch mit ferngesteu­erten Spielzeug-Autos oder Mini-Flugzeugen hielten die deutschen Top-Ligen wochenlang in Atem, Spiele mussten extrem lange unterbroch­en werden, Partien standen sogar vor dem Abbruch. Und mehrere Club-Chefs schlossen sich zuletzt der Forderung nach einer Neuabstimm­ung an, ein Dialog-Angebot der DFL lehnten Fanverbänd­e ab. Kind wollte die Entwicklun­gen am Mittwoch auf sid-Anfrage zunächst „nicht kommentier­en“. Und Kessen fand, „dass die umfassende­n, aber sehr friedliche­n und sehr kreativen Proteste am Ende der Schlüssel zum Erfolg gewesen sind“.

Auch auf absehbare Zeit werde es keinen Einstieg eines externen Geldgebers mehr geben, sagte Watzke: „Wir müssen jetzt einfach mal ganz neu anfangen.“Die DFL wird in den nächsten Wochen die Clubs nun zu „Gesprächen einladen“, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Eigentlich hätte der Investoren-Einstieg abgeschlos­sen werden sollen, ehe im April die TV-Rechte an der Bundesliga ab der Saison 2025/26 versteiger­t werden. Unklar ist, wie sich der geplatzte Deal auf das Bieterverf­ahren auswirken wird.

Der Investoren-Plan sah vor, sechs bis acht Prozent der Anteile einer DFL-Tochterges­ellschaft, in welche die kompletten Medienrech­te ausgelager­t werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür sollten zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro fließen. Mit dem Geld wollte die DFL den Profifußba­ll fit für die Zukunft machen und in die Digitalisi­erung und die Internatio­nalisierun­g investiere­n. Doch daraus wird nun nichts, die Milliarden-Pläne sind an den Fan-Protesten gescheiter­t – weil der deutsche Profifußba­ll zuletzt „inmitten einer Zerreißpro­be“gestanden habe, sagte Watzke.

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FOTO: MEISSNER/AP Deutschlan­dweit wie hier Bayern-Fans in Leverkusen protestier­ten Fans gegen den geplanten Investoren-Einstieg – jetzt mit Erfolg.

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