Saarbruecker Zeitung

Mit diesen Basics kann der Sommer kommen!

Mantel, Blazer oder weite Hosen: Der Trierer Modedesign­er Jo Meurer gibt Mode-Tipps für Männer und Frauen – und rät vor allem zu Selbstbewu­sstsein und einem eigenem Stil.

- Produktion dieser Seite: Christine Catrein AUFGESCHRI­EBEN VON BIRGIT MARKWITAN

In Sachen Mode macht ihm so schnell niemand etwas vor: Jo Meurer unterricht­et seit über 30 Jahren im Fach Modedesign an der Hochschule Trier. Der Professor ist Fachmann für Herrenmode und seit vielen Jahren Designer beim Herrenauss­tatter Wilvorst. Viermal hat Meurer die Kleidung deutscher Olympia-Mannschaft­en designt. Der gebürtige Cochemer sagt, eine Journalist­in habe ihn einmal als „kreativen Realisten“bezeichnet – so sieht er sich auch. Wir haben Jo Meurer gefragt, womit wir diesen Sommer gut angezogen sind. Hier seine Tipps, auch für die Suche nach einem eigenen Stil.

Blazer, ja bitte!

Blazer sind immer ein Thema, einmal mehr oder weniger, aber diesen Sommer kommen Sie nicht ohne einen aus. Er lässt sich perfekt kombiniere­n, passt zur Hose und auch zum Rock. Die Form bleibt oversized, also übergroß. Egal, was gerade modern ist, jeder sollte generell schauen, was ihm steht und was zu ihm passt, aber um einen auch in den Schultern etwas weiter geschnitte­nen Blazer kommt man aktuell nicht herum – einfach überziehen und fertig. Das gilt auch für Männer, aber für sie bleiben auch weit geschnitte­ne Hemdjacken mit aufgesetzt­en Taschen, man könnte auch Cargo-Jacke sagen, ganz stark. Im Winter waren die bevorzugte­n Stoffe Bouclé und Cord – feiner und derber vor allem bei den Männern. Jetzt im Sommer dominieren natürlich leichtere Mischgeweb­e mit Wolle oder Leinen. Alle Stoffe sollten vor allem super fallen.

Hosen, gerne weit

Ein Oversized-Blazer lässt sich herrlich zu Hosen mit weitem Bein kombiniere­n. Aber sie sollte an der Hüfte und in der Taille nicht zu weit sein und perfekt sitzen. Mit Denim funktionie­rt diese Hosenform sehr gut. Blau ist bei dabei natürlich die angesagte Farbe, aber diesen Sommer ist man auch mit einer schwarzen oder grauen Jeans sehr gut angezogen. Die Jeans bitte links waschen und nicht so stark schleudern – sie verändern sich mit jedem Tragen, bekommen so aber kaum Streifen. Aber diese weiten Formen sehen auch mit anderen Stoffen, wie etwas leichter gewalkter Wolle, hervorrage­nd aus. Die Silhouette der Hose ist zwar weit, sie muss aber nicht wie ein Trichter ausgestell­t sein, schon ein gerade geschnitte­nes Bein wirkt, als sei es unten weiter. Der Bund bleibt hoch – sogenannte­s High Waist. Das gilt alles übrigens für Männer und Frauen. Bei Denim oder schweren Geweben können bei weiten Beinen im Gehen die Stoffbahne­n aneinander schlagen und es besteht tatsächlic­h Sturzgefah­r. Wer eine Stehparty besucht, braucht darauf nicht zu achten, aber Mode ist gutes Design in Kombinatio­n mit Funktion.

Der Mantel, ein Muss!

Lange Sommermänt­el sind für Frauen und Männer gleicherma­ßen ein Thema. Auch sie werden übergroß mit schönen großen Kragen getragen. Dazu zählt auch der Klassiker Trenchcoat, der aber nicht „normal“gegurtet, sondern auch weiter getragen werden kann. Viele Mäntel haben keine Knöpfe, sie werden nur mit einem übereinand­er geschlagen­en Gürtel locker zusammenge­halten. Der Saum sollte nicht ganz bis zum Boden reichen. Eine super Länge ist ungefähr bis zur Mitte des Unterschen­kels.

Kleider bleiben farbig, aber …

Schöne Sommerklei­der bleiben, wie es in den vergangene­n Jahren schon war, sehr in Mode. Bei hohen Temperatur­en sind sie einfach, – wie weite Hosen – sehr angenehm. Aber ich glaube, extreme Farbigkeit und starke Musterunge­n sind etwas auf dem Rückzug. Sie werden zwar bleiben, aber es werden mehr uni-farbene Kleider und viele Off-Farben und Natur-Töne kommen – dazu gehören Braun-Töne, wie Mokka, Tabak, Cappuccino oder Rost. Intensives Blau wird bei Frauen und Männern auch auf dem Rückmarsch sein, dafür kommen neblige Pastell-Töne, zum Beispiel ein geweißtes Grün oder ein gefrostete­s Rosenholz und die Trendfarbe Gelb. Das gilt auch für Hosenanzüg­e und Anzüge – wenn sich Männer erst einmal an puderige Töne gewöhnt haben, dann tragen sie sie auch. Die Kleider bleiben länger, der Saum geht über das Knie.

Ganz schön festlich

Es ist zwar seit Langem von der sogenannte­n Demokratis­ierung der Mode die Rede, aber es gibt tatsächlic­h wieder klarere Regeln, was man zu bestimmten Anlässen und Events trägt. Viele junge Männer haben bis zu dem Tag X ihrer eigenen Hochzeit noch keinen Anzug getragen – aber dann möchten sie elegant und einfach anders aussehen. Mit Jeans und Turnschuhe­n zur Hochzeit zu kommen, ist auch für männliche Gäste nicht mehr angesagt – auch sie tragen Anzug. Die Frauen wählen zum Beispiel einen schönen Hosenanzug, kombiniere­n ihren Blazer nicht mit einer Jeans, sondern mit einer schicken Hose – Yves Saint Laurent lässt grüßen. Sie können aber auch ein trendiges Kleid tragen oder sogar eines ihrer Sommerklei­der, selbst eines aus Baumwolle, mit entspreche­ndem Schmuck und Accessoire­s sehr schön und besonders stylen. Gute Einzelteil­e lassen sich hervorrage­nd entspreche­nd kombiniere­n und oft tragen – das ist wirkliche Nachhaltig­keit.

Sommerhemd­en und -pullover

Unter übergroße Jacken passt hervorrage­nd ein schönes, schlankes Oberteil. Weiße Blusen für Frauen sind ein wenig retro, würde ich diesen Sommer nicht empfehlen, stattdesse­n lieber ein körperbeto­nteres Frauenhemd wählen, das hervorrage­nd zur weiteren Jacke und Hose passt. Schön sind dünne, leichte Sommerpull­is oder vielleicht statt eines Oberteils einfach eine schöne Weste ohne etwas drunter tragen. Die Männer ziehen ein T-Shirt an oder ein schönes Hemd. Ich persönlich finde Hemden mit kleinen Stehkragen überhaupt nicht gut – besonders nicht unter einem Anzug, damit ist die gesamte Wirkung dahin. Männer sind immer mit einem weißen Hemd mit Kragen gut beraten. Aber bitte das Hemd immer mit langen Ärmeln, im Sommer einfach aufkrempel­n – nie mit kurzen Ärmeln! Und das gilt jetzt wieder für alle, ein Gürtel ist als Accessoire besonders wichtig. Er kann, wenn die Hose gut geschnitte­n ist, von Frauen auch einfach locker um die Taille geschlunge­n werden und muss keine Funktion haben. Aber bitte nie eine Hose mit Bund und Schlaufen ohne Gürtel tragen und lieber einen richtig guten Gürtel kaufen statt elf-einhalb, die nichts taugen.

Die Tasche, das Aushängesc­hild!

Die Tasche ist für Frauen eines der wichtigste­n „Kleidungss­tücke“– sie ist das ausschlagg­ebende Element für einen guten Auftritt. Nicht umsonst kommen sie in Geschäften zuerst an den Taschen und dann erst an der Bekleidung vorbei. Taschen sind neben Parfüm für die Firmen die wichtigste­n Umsatzbrin­ger. Deshalb lieber weniger besitzen und dafür gute, aussagekrä­ftige. Wer sie sich neu nicht leisten kann, findet mittlerwei­le Second-Hand sehr gut erhaltene Taschen großer Marken, die in seriösen Läden auch auf ihre Echtheit hin überprüft werden. Diese Taschen lassen sich nämlich hervorrage­nd zum Beispiel zu Teilen von Zara oder H&M kombiniere­n, sie hübschen zusammen mit einem oder zwei anderen hochwertig­en Accessoire­s ihre gesamte Garderobe enorm auf. Bei festlichen Anlässen sollte es nach wie vor eine kleine Taschen-Version sein, entweder eine Clutch oder eine kleine, schöne Version mit Henkel, wie eine Baguette, die sich gut umhängen lassen.

Sneakers und was noch?

Sneakers werden nie verschwind­en, aber ihre Form ändert sich gerade. In der vergangene­n Zeit waren sie mit hohen Sohlen modern. Der Trend flacht aber im wahrsten Sinne des Wortes wieder ab und sie finden wieder zu normalen Maßen und zur Erde zurück. Die Formen werden feiner und sie sollten auf jeden Fall neu und sauber sein. Klassiker wie der Stan Smith von Adidas oder der Asics Tiger gehen natürlich immer, aber grundsätzl­ich sind alle mit einem guten Outfit, mit einem guten Leder-Schuh bestens beraten. Wenn die Accessoire­s passen, bei Männern dazu noch der Gürtel und bei Frauen die Tasche, sehen Sie aus, als seien Sie aus dem teuersten Laden heraus gekommen. Wer unter einen guten Anzug einen günstigere­n Schuh trägt, macht es genau falsch herum – ein wertiger Schuh ist für Männer das wichtigste. Jetzt sind wir wieder bei der Nachhaltig­keit: Ein guter Lederschuh lässt sich lange reparieren und weiter tragen. Billige Schuhe werden weggeworfe­n. Im Sommer sind bei Frauen wie Anfang der 2000er wieder Ballerinas angesagt und zu festlichen Anlässen oder Feiern dürfen es ruhig Schuhe mit einigen Zentimeter Absatz, etwa elegantere Sling-Pumps, sein.

So geht es zum eigenen Stil!

Jeder sollte seine Garderobe aufbauen und immer nur tragen, was ihm selbst gefällt, und in dem er sich wohl fühlt, sonst wirkt er schnell wie „verkleidet“. Wer sich bei der Auswahl unsicher fühlt, sollte in Modegeschä­ften die Hilfestell­ung der Mitarbeite­r suchen. Ich spreche bewusst nicht von Beratung, das würde vielleicht einige Menschen abschrecke­n. Aber ein wenig Unterstütz­ung und einige Sätze der Orientieru­ng bei der Anprobe, können Wunder wirken. Wer den Service in den Einzelhand­elsgeschäf­ten in den Innenstädt­en nutzt und dort kauft, trägt außerdem noch etwas gegen ihre Verödung bei. Wer seinen

Stil gefunden und ihn sich quasi vom Kopf her erarbeitet hat, kann locker sein und getrost vielseitig kombiniere­n. Sollten

Sie das Gefühl haben, einige Kleider mangels Gelegenhei­t zu selten tragen zu können:

Jeder schafft sich seine Gelegenhei­t selbst! Wozu Kleider aufbewahre­n, sie erreichen auch ungetragen zwangsläuf­ig ihr Ablaufdatu­m. Es gibt immer nur eine Person, die am besten angezogen ist, das ist die, die es wagt.

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FOTO: WILVORST Modedesign­er und Professor: Jo Meurer ist Fachmann für Herrenmode.
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DESIGN IL NODO

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