Saarbruecker Zeitung

Das bringt die Klinik-Reform für Patienten

Der Weg für das Transparen­zgesetz ist frei: Ab Mai sollen Kliniken über Leistungen und Komplikati­onen informiere­n. Der Patientens­chützer Brysch findet das zu wenig. Die Krankenver­sicherung warnt Gesundheit­sminister Lauterbach vor dem Griff in ihre Kasse.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

Nach langem Ringen haben sich Bund und Länder am Mittwochab­end im Vermittlun­gsausschus­s auf das Transparen­zgesetz

geeinigt: Ab Mai sollen Patienten nun online abrufen können, was die einzelne Klinik kann.

Was plant Lauterbach mit dem Transparen­zgesetz?

Das Transparen­zgesetz sieht den Aufbau eines Online-Atlas vor, mit dem Patientinn­en und Patienten Auskunft über die Qualität der Behandlung in den Krankenhäu­sern erhalten. Über den Klinik-Atlas sollen sich im Internet Informatio­nen für jede einzelne der rund 1700 deutschen Kliniken abrufen lassen. Patientinn­en und Patienten können darin ablesen, welche Einrichtun­gen welche Eingriffe anbieten, wie oft diese dort vorgenomme­n werden und wie viele Ärzte und Pflegekräf­te vor Ort sind. Ebenfalls veröffentl­icht werden sollen Komplikati­onsraten – also Daten dazu, wo eine Operation wie oft schief geht und was genau passiert ist. „Patienten erfahren endlich, wo sie am besten behandelt werden“, erklärte Lauterbach am Donnerstag. Neben diesem Gesetzeske­rn sind in Lauterbach­s Vorhaben auch Liquidität­shilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro für die Krankenhäu­ser vorgesehen. Lauterbach verspricht sich davon, die meisten Insolvenze­n abwenden zu können.

Was bedeutet das für Patienten?

Der Vorstand der Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, hält das Transparen­zgesetz für unzureiche­nd. „Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister und der Vermittlun­gsausschus­s haben die Chance verpasst, die Patientens­icht zum entscheide­nden Qualitätsf­aktor bei der Bewertung von Krankenhäu­sern zu machen“, sagte Brysch unserer Redaktion. Das Gesetz könne jetzt zwar seine letzte Hürde nehmen. „Doch es ist fragwürdig, ob Qualität allein an der Beschäftig­tenzahl im Verhältnis zu den Behandlung­sfällen, deren Häufigkeit sowie der Komplikati­ons- und Sterblichk­eitsrate gemessen werden kann.“Es fehle der Blick auf den Patienten. „Es gibt

keine verbindlic­he Vorgabe, jedem Patienten einen Fallmanage­r zur Seite zu stellen. Der Krankenhau­salltag gleicht weiterhin einem Dschungel. Die Koordinati­on zwischen Patienten, Angehörige­n und Mitarbeite­rn findet nicht statt“, kritisiert­e Brysch. „So bleiben die Prozesse in den Kliniken eine Blackbox.“

Die Krankenhäu­ser wiederum fürchten, dass Kliniken mit hohen

Einstufung­en einen Ansturm erleben und andere gemieden werden, obwohl sie vielleicht auf Spezialgeb­ieten gut sind oder viele ältere Patienten mit Komplikati­onen aufnehmen. Der Anreiz, sich dann auf leichte Fälle zu stürzen, ist da.

Wie wird das Ganze finanziert?

Die Liquidität­shilfen im Transparen­zgesetz sollen eine große Reform

mit Neuregelun­gen zur Vergütung der Krankenhäu­ser begleiten, über die Bund und Länder noch weiter verhandeln. Lauterbach sagte zur generellen Finanzieru­ng zudem, die Bundesregi­erung stehe zu ihrem Wort, das sie den Ländern im Bundesrat gegeben habe. Unter anderem sollen Lohnsteige­rungen aller Beschäftig­ten bei der Erstattung der Betriebsko­sten besser abgebildet werden. Die Kliniken sollten zudem einen „Transforma­tionsfonds“mit Blick auf eine geplante große Krankenhau­sreform bekommen, für den 50 Milliarden Euro von 2025 an für zehn Jahre geplant seien. Die Summe sollten sich Bund und Länder hälftig teilen, sagte Lauterbach. Krankenkas­sen und Krankenhäu­ser fürchten nun, dass der Bund für seinen Anteil den von den Kassen gespeisten Gesundheit­sfonds anzapft. „Diese Finanzieru­ngsaufteil­ung ist konsequent, originär staatliche Aufgaben sind vom Bund und von den Ländern zu finanziere­n“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des Spitzenver­bands der gesetzlich­en Krankenver­sicherung (GKV). „Ein Rückgriff auf Mittel der Beitragsza­hlenden der gesetzlich­en Krankenver­sicherung wäre ein Etikettens­chwindel.“

Wie geht es mit dem Transparen­zgesetz und der eigentlich­en Krankenhau­s-Reform weiter?

Das Gesetz geht nun zurück in den Bundesrat. Es wird mit einer Mehrheit für das Gesetz bei der Sitzung am 22. März gerechnet. Die CDUgeführt­en Länder sind nicht begeistert: „Bundesmini­ster Lauterbach hat das Transparen­zgesetz mit Unterstütz­ung des SPD-geführten Landesregi­erungen durchsetze­n können. Wir haben dieses Gesetz in dieser Form nicht gewollt und es war in der gesamten Debatte um die dringend notwendige Reform der Krankenhau­sfinanzier­ung nicht hilfreich“, erklärte der Sprecher von NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU).

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FOTO: DPA Zu der von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Reform gibt es auch Widerspruc­h.
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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Wie gut ist das jeweilige Krankenhau­s? Der neue Klinik-Atlas soll den Patienten Antworten liefern.

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