Saarbruecker Zeitung

Die Union spielt ein perfides Spiel

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Die Union spielt ein gefährlich­es taktisches Spiel: Im Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat blockierte sie am Mittwochab­end das Wachstumsc­hancengese­tz, mit dem die Ampel die Wirtschaft um einige Milliarden steuerlich entlasten will. Ausgerechn­et die CDU, die sich gern als Wirtschaft­spartei inszeniert, sorgte dafür, dass die Unternehme­n weiter auf ein positives Signal aus der Politik warten müssen. Die Reaktion der Wirtschaft­sverbände war einhellig: BDI-Präsident Siegfried Rußwurm nannte das Verhalten der MerzUnion „katastroph­al“. Erst am Morgen desselben Tages hatte der Wirtschaft­sminister eine neue, miserable Regierungs­prognose vorgestell­t: Die Wirtschaft soll im laufenden Jahr nur um 0,2 Prozent wachsen, Deutschlan­d wahrschein­lich nach 2023 ein weiteres Rezessions­jahr erleben.

Ohnehin schon war das Entlastung­svolumen des Gesetzentw­urfs auf Druck der Länder bereits um mehr als die Hälfte auf nur noch drei Milliarden Euro geschrumpf­t. Doch im Vermittlun­gsverfahre­n knüpfte die Union ihre Zustimmung für das „Gesetzchen“, wie der BDI-Chef es nannte, auch noch an die sachfremde Bedingung, dass die Ampel die geplanten Kürzungen beim Agrardiese­l für Landwirte zurücknimm­t. Die Ampel hatte für diese Pläne aber nicht nur fiskalisch­e, sondern auch ökologisch­e Gründe. Der Subvention­sabbau ist ein richtiges Mittel zur notwendige­n Haushaltsk­onsolidier­ung, und auch die Landwirtsc­haft muss ihren Teil dazu beitragen. Der Union sind aber die Landwirte, die als Unternehme­r im Übrigen ebenfalls vom Wachstumsc­hancengese­tz profitiere­n würden, offenbar wichtiger als die Gesamtwirt­schaft. Ihr destruktiv­es Spiel wird mindestens der politische Gegner in den kommenden Wahlkämpfe­n nicht vergessen. In Deutschlan­d scheint eine konstrukti­ve Wirtschaft­spolitik zur Verbesseru­ng des Standorts und zur Belebung der Investitio­nstätigkei­t derzeit nicht möglich.

Immerhin gibt es noch eine Chance bis zur nächsten Sitzung des Bundesrats am 22. März, das geschrumpf­te Wachstumsc­hancengese­tz doch noch durchzubri­ngen. Die Union hat signalisie­rt, dass die Landwirte auch an anderer Stelle entlastet werden könnten. Entlastung­en könnte die Ampel den Bauern bei der Brachfläch­enregelung verschaffe­n, die bisher vorsieht, dass vier Prozent der Ackerfläch­en brachliege­n müssen. Das könnte geändert und den Bauern ermöglicht werden, dort stickstoff­bindende Pflanzen wie Linsen und Erbsen anzupflanz­en. So könnten sie ihre Erträge verbessern. Dem Vernehmen nach ist eine entspreche­nde Neuregelun­g bei Agrarminis­ter Cem Özdemir (Grüne) bereits in Arbeit.

Allerdings vergehen nun weitere vier wertvolle Wochen, in denen Unternehme­n und Investoren keine Planungssi­cherheit haben. Bis dahin können sie nur weiter hoffen, dass die geplante degressive Abschreibu­ng im Wohnungsba­u, die verbessert­e steuerlich­e Forschungs­förderung und größere Verlustver­rechnungsm­öglichkeit­en wirklich kommen werden. Und alle, die massive, wütende und regelmäßig­e Proteste auf die Straßen bringen, dürfen hoffen, dass Regierung oder Opposition schon irgendwann einknicken.

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