Saarbruecker Zeitung

Ampel will zwei Steuerklas­sen abschaffen

Zum 1. Januar 2025 könnten die Klassen III und V verschwind­en. Damit setzt das Finanzmini­sterium ein Verspreche­n aus dem Koalitions­vertrag um. Der Bund der Steuerzahl­er pocht darauf, das Ehegattens­plitting zu erhalten.

- VON ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

Für die Höhe der gesamten Steuerlast haben sie keine Bedeutung, trotzdem spielen Steuerklas­sen in vielen Familien eine große Rolle. Ein typischer Fall: Der in Vollzeit arbeitende Mann hat Steuerklas­se III, die in Teilzeit arbeitende und daher weniger verdienend­e Frau die Steuerklas­se V. Bei dieser Klasse V fallen zunächst hohe Steuern an, was viele Frauen womöglich als frustriere­nd empfinden – von ihrem Lohn bleibt kaum etwas übrig, bis irgendwann der Steuerausg­leich für Klarheit sorgt. Diese beiden Steuerklas­sen will die Ampel-Regierung nun abräumen. Den Grünen und der SPD sind sie schon lange ein Dorn im Auge.

Was ist geplant? Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) will die Steuerklas­sen III und V für Eheleute abschaffen. Er setzt damit ein Vorhaben aus dem Koalitions­vertrag von SPD, Grünen und FDP um. Darin heißt es: „Wir wollen die Familienbe­steuerung so weiterentw­ickeln, dass die partnersch­aftliche Verantwort­ung und wirtschaft­liche Unabhängig­keit mit Blick auf alle Familienfo­rmen gestärkt werden. Im Zuge einer verbessert­en digitalen Interaktio­n zwischen Steuerpfli­chtigen und Finanzverw­altung werden wir die Kombinatio­n aus den Steuerklas­sen III und V in das Faktorverf­ahren der Steuerklas­se IV überführen, das dann einfach und unbürokrat­isch anwendbar ist und mehr Fairness schafft.“Ziel der Ampelkoali­tion ist es, den Netto-Lohnunters­chied zwischen Männern und Frauen zu verringern, denn meistens sind es in einer Ehe die Frau

en, die geringere Einkünfte haben und noch dazu in der schlechter­en Steuerklas­se V besteuert werden.

Wie weit sind die Vorbereitu­ngen im Finanzmini­sterium?

„Die erforderli­chen steuergese­tzlichen Änderungen sind zwischenze­itlich im fachlichen Austausch mit allen Beteiligte­n vorbereite­t. Aktuell laufen abschließe­nde Gespräche und Abstimmung­en für die Umsetzung des Auftrags aus [dem] Koalitions

vertrag in einem der nächsten Gesetzgebu­ngsverfahr­en. Der Zeitpunkt der erstmalige­n Anwendung des Verfahrens ist vorrangig von den erforderli­chen IT-Arbeiten nach Abschluss des parlamenta­rischen Gesetzgebu­ngsverfahr­ens abhängig“, erklärte ein Sprecher des Ministeriu­ms. Die Einführung zum 1. Januar 2025 dürfte damit möglich sein.

Werden Ehepaare durch die Umstellung netto weniger Einkommen

haben? Nein. Das sogenannte Ehegattens­plitting, das Ehen und Lebenspart­nerschafte­n gegenüber Nicht-Verheirate­ten steuerlich begünstigt, bleibt erhalten. „Die Steuerklas­senkombina­tion IV/IV soll, wie bisher, der Grundfall für nicht dauernd getrenntle­bende, unbeschrän­kt einkommens­teuerpflic­htige Ehegatten/Lebenspart­ner bleiben“, sagte der Sprecher. Darauf pocht auch der Bund der Steuerzahl­er: „Eine Reform der Steuerklas­sen darf nicht dazu führen, dass das bewährte und familienfr­eundliche Splittings­ystem verschwind­et. Ein Splitting-Aus würde massive Steuererhö­hungen für Ehepaare bedeuten“, warnte Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahl­erbunds.

Ein Beispiel: Partner A verdient 4000 Euro im Monat brutto, Partner B 1000. Sind sie in den Steuerklas­sen III und V haben sie zusammen eine Steuerlast von 343 Euro. Wechseln sie nun in IV/IV, haben sie zunächst eine Steuerlast von 566 Euro, wie das Steuerzahl­erinstitut für die Bild-Zeitung ermittelt hat. Aber eben nur, bis nach der Einkommens­teuerErklä­rung der Steuerausg­leich erfolgt. Unterm Strich bestimmt nur das Gesamteink­ommen, aber nicht die Wahl der Steuerklas­sen über die gesamte Steuerbela­stung.

Was müssen Betroffene nach der Reform tun?

Schon jetzt gibt es ein Faktorverf­ahren: Dann haben beide Partner die Steuerklas­se IV, allerdings mit einem Faktor. Der verteilt den Vorteil des Ehegattens­plittings so auf beide Partner, wie es den Anteilen am Gesamteink­ommen entspricht. Das neue Faktorverf­ahren kann durch einmaligen Antrag gewählt werden – oder es wird für alle Fälle künftig berücksich­tigt, die zum Umstellung­szeitpunkt des Verfahrens in die Steuerklas­sen III und V eingereiht waren, hieß es im Ministeriu­m. „Das Faktorverf­ahren wird solange für den Lohnsteuer­abzug angewendet, wie dies von beiden Partnern gewünscht wird“, so der Sprecher Lindners.

Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) will die Steuerklas­sen III und V für Eheleute abschaffen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Im Koalitions­vertrag hatte die Ampel das Ziel beschriebe­n, die Kombinatio­n aus den Steuerklas­sen III und V in das Faktorverf­ahren der Steuerklas­se IV überführen zu wollen – für mehr steuerlich­e Fairness.

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