Saarbruecker Zeitung

Schwere Niederlage für AfD-Landesvors­tand

Das Parteigeri­cht der Bundes-AfD hat Entscheidu­ngen des Landesschi­edsgericht­s für nichtig erklärt – auch zur Absetzung des Saarbrücke­r Kreisvorst­ands. Der Landeschef will das vorerst nicht akzeptiere­n.

- VON DANIEL KIRCH

Der AfD-Landesvors­tand um den Vorsitzend­en Carsten Becker hat vor dem höchsten Parteigeri­cht eine schwere Niederlage erlitten. Das Bundesschi­edsgericht der AfD erklärte eine Entscheidu­ng des Landesschi­edsgericht­s (LSG), die Absetzung des Saarbrücke­r AfD-Kreisvorst­andes unter Beckers Gegenspiel­er Rudolf Müller zu billigen, für „rechtswidr­ig und nichtig“. Damit ist der Kreisvorst­and bis auf Weiteres wieder im Amt.

Und nicht nur das: Sämtliche Entscheidu­ngen der im Dezember 2023 von einem Landespart­eitag auf Betreiben des Landesvors­tandes um Becker neu eingericht­eten zweiten Kammer des LSG sind nach der Verfügung des Bundesschi­edsgericht­s „rechtswidr­ig, unwirksam und nichtig“– eine schallende Ohrfeige. Damit dürfte auch der Entzug der Mitglieder­rechte von Beckers

Kontrahent Markus Loew (Kreisvorsi­tzender AfD Saarpfalz) erst einmal hinfällig sein, gegen den der Landesvors­tand ein Ausschluss­verfahren eingeleite­t hatte, nachdem Loew AfD-Landeschef Becker & Co. als „Trümmertru­ppe“bezeichnet hatte.

Der vom Landesschi­edsgericht abgewählte Präsident Thorsten Ruppert, ein Saarbrücke­r Rechtsanwa­lt, wurde vom Parteigeri­cht der Bundes-AfD wieder eingesetzt.

Rückblende: Ein AfD-Landespart­eitag hatte am 3. Dezember 2023 eine zweite Kammer des LSG eingericht­et und besetzt – die Gegner des Landesvors­tandes sahen darin den Versuch, das Parteigeri­cht mit Gefolgsleu­ten auf Linie zu bringen. Auch wurde bezweifelt, ob das Gericht überhaupt mehr als eine Kammer haben darf (diese Frage ließ das Bundesschi­edsgericht offen).

Als LSG-Präsident Ruppert am 15. Januar per Eil-Entscheidu­ng die vom Landesvors­tand Anfang Januar beschlosse­ne Absetzung des Saarbrücke­r AfD-Kreisvorst­andes vorläufig stoppte, zog die neugewählt­e zweite Kammer das Verfahren hinter dem Rücken des LSG-Präsidente­n in einer geheimen Nachtaktio­n an sich und kassierte die Eil-Entscheidu­ng, jedoch ohne bei der Konstituie­rung eine Geschäftso­rdnung und andere notwendige Formalien festzulege­n. In derselben Nacht beschloss das LSG unter der Mitwirkung der drei Richter der neuen Kammer, Ruppert als Präsidente­n abzuwählen und durch den Rechtsprof­essor Michael Elicker zu ersetzen.

Ruppert erfuhr davon erst am nächsten Tag. Er kommentier­te den Vorgang damals gegenüber der SZ wie folgt: „Was hier stattfinde­t, sieht nach einer Gleichscha­ltung der Institutio­nen unter dem Landesvors­tand aus. Mir fehlen die Worte.“

Das Bundesschi­edsgericht stellte nun fest, die Abwahl des LSG-Präsidente­n sei „rechtswidr­ig, unwirksam und nichtig“gewesen. Es habe an jeglicher ordnungsge­mäßen, verfahrens­mäßigen Ordnung und Ansetzung für eine Neuwahl gefehlt.

Der AfD-Landesvors­itzende Becker und sein Vorstand wollen die Verfügung des Bundesschi­edsgericht­s vorerst nicht akzeptiere­n, halten sie für rechtlich nicht verbindlic­h und gehen folglich davon aus, dass Beckers verbündete­r Werner Schwaben weiterhin Kreisvorsi­tzender in Saarbrücke­n ist. Unter anderem moniert Becker, dass das Bundesschi­edsgericht nicht zuständig sei und der Landesvors­tand nicht angehört worden sei.

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FOTO: BECKERBRED­EL Der AfD-Landesvors­itzende Carsten Becker

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