Immer weniger Kinder können schwimmen
In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit DLRG, Saarländischem Schwimmbund und Kneipp-Bund Saarland stellte Sportminister Reinhold Jost das Schwimmprogramm des Landes vor. Es soll helfen, die hohe Nichtschwimmerquote zu senken.
Immer mehr Kinder können nicht richtig schwimmen: Die Zahl der Nichtschwimmer hat sich deutschlandweit sogar verdoppelt. Das bestätigt eine Umfrage aus dem Jahr 2022, die die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) nach zuletzt 2017 in Auftrag gab. Damals waren zehn Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren
Nichtschwimmer, mittlerweile sind es 20. Die Gründe dafür können vielschichtig sein: zu wenig verfügbare Wasserflächen, schließende Bäder, eventuell auch ein fehlendes Engagement der Eltern.
Vor allem seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie spürbar, denn wegen der Einschränkungen konnten über längere Zeiträume keine Schwimmausbildungen stattfinden. Die Folge: 37 Prozent der Jungen und Mädchen im Grundschulalter haben noch kein Schwimmabzeichen, auch nicht das auf das Schwimmen vorbereitende Seepferdchen, wie die DLRG auf ihrer Homepage berichtet.
Der hohen Nichtschwimmerquote versucht man im Saarland mit dem Schwimmprogramm entgegenzuwirken, das erstmals vor drei Jahren ins Leben gerufen wurde. 250 000 Euro stellt die saarländische Landesregierung im Rahmen des Programms „Sicher! Unsere Kinder lernen schwimmen“zur Verfügung, um Kindern und Jugendlichen eine frühzeitige und umfangreiche Schwimmausbildung zu ermöglichen. Die Gelder dafür stammen aus ehemaligen Coronatöpfen. „Der große Nachholbedarf ist Grund dafür, dass wir diese finanziellen Mittel haben“, sagt Sportminister Reinhold Jost (SPD) am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit DLRG, Saarländischem Schwimmbund und Kneipp-Bund Saarland.
Seit das Programm 2021 ins Leben gerufen wurde, lernten 6327 Kinder in 648 Kursen sicher schwimmen, mehr als eine halbe Million Euro flossen in das Projekt. Zusätzlich konnten bisher 341 Schwimmlehrer ausgebildet werden – daran will man nun anknüpfen und außerdem Unterstützung bei der anfallenden Kosten für die Anmietung von Wasserflächen bieten. „Wir wollen das nicht kommerziell betreiben, sondern das Schwimmenlernen steht an erster Stelle“, stellt Oliver Neis, Vizepräsident des DLRG-Landesverbands Saar, klar. Gerade die knappen Wasserflächen empfindet er problematisch: „Unser Bestand ist gefährdet. Da sehen wir eine Riesengefahr, dass
„Wir können uns einen weiteren Verlust nicht leisten, Schwimmbäder müssen erhalten bleiben.“Oliver Neis Vizepräsident DLRG-Kandesverband Saar
weitere Bäder schließen.“Derzeit gibt es im Saarland 46 Hallen- und 33 Freibäder. Zu wenig, findet Neis: „Wir können uns einen weiteren Verlust nicht leisten, Schwimmbäder müssen erhalten bleiben.“
Bieten DLRG, Schwimmvereine und Kneipp-Bund künftig Kurse an, sollen sie neben einer Förderung von 75 Euro pro Kind zusätzlich 300 Euro bekommen, um Kosten für Trainerhonorare oder Material zu decken. Weitere 200 Euro werden durch das Schwimmprogramm für die Anmietung von zusätzlichen Wasserflächen zur Verfügung gestellt.
Dass der Bedarf an zusätzlichen
Wasserzeiten groß sei, bestätigt Maiko Zimmer, Präsident des Saarländischen Schwimmbundes. Etwa 75 Prozent der Kinder, die die Grundschule verlassen, könnten nicht sicher schwimmen. Doch ab wann gilt man als sicherer Schwimmer? „Zu beachten ist, dass das Seepferdchen nicht mit den Anforderungen eines sicheren Schwimmers gleichzusetzen ist. Um auch dies zu erfüllen, wird der Erwerb des Deutschen Schwimmabzeichens in der Stufe Bronze angesehen“, erklärt die DLRG auf SZ-Nachfrage.
Wer Interesse daran hat, sein Kind am Schwimmkurs anzumelden, muss jedoch mit Wartezeiten rech
nen. Denn die Wartelisten sind lang, trotz der zusätzlichen Angebote: bis zu zweieinhalb Jahre für einen Anfängerkurs.
Auch der Sportvorstand des Landessportverbandes, Johannes Kopkow, betont in der Pressekonferenz am Sportcampus Saar die Notwendigkeit des Schwimmprogrammes. Gleichzeitig sieht er aber auch eine Möglichkeit, die Gesellschaft zu stärken. „Irgendwann startet jeder, der vielleicht auch mal zu den Olympischen Spielen fährt, beim Schwimmen“, sagt Kopkow mit einem Augenzwinkern. „In der Breite muss es starten, damit in der Spitze etwas ankommen kann.“