Saarbruecker Zeitung

Bei dieser Kunst gilt „Betreten auf eigene Gefahr“

Sowas sieht man nicht alle Tage in einer Kunstgaler­ie. In der Galerie Puzi kann man nicht nur eine gehäkelte Welt entdecken, sondern sich auch durch eine riesige Skulptur bewegen, aber „ auf eigene Gefahr“.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN https://gallery-puzic.com

Der saarländis­che Bildhauer Martin Steinert ist bekannt für seine raumgreife­nden Skulpturen, die aus einfachen Holzlatten bestehen. Als „Wooden Cloud“startete das Thema im Jahr 2015 in der Saarbrücke­r Johanneski­rche, mittlerwei­le konnte der Künstler diese Skulpturen fast rund um den Globus realisiere­n. Das Besondere an diesen Skulpturen ist das partizipat­ive Konzept, denn Passanten können ihre Wünsche oder Gedanken auf die Holzlatten schreiben, werden somit Teil des Kunstwerks.

Zu Beginn des Jahres ist Martin Steinert nun mit einer dieser Skulpturen ganz in die Nähe zurückgeke­hrt, wo das Projekt seinen Anfang nahm, ins Saarbrücke­r Nauwieser Viertel. Hier, in der Galerie Puzi , hat er eine weitere dieser Skulpturen aufgebaut. Und da in Saarbrücke­n aufgrund der Absage der Ausstellun­g der jüdischen Künstlerin Candice Breitz in der Modernen Galerie die Frage nach dem, was Kunst darf, in aller Munde ist, konnten die Besucher des halböffent­lichen Skulpturen­aufbaus ihre Gedanken dazu in das Werk einfügen.

Die Fertigstel­lung der Skulptur

wurde nun mit einer Vernissage öffentlich und mit vielen Gästen zelebriert. Und so häufig, wie man in den letzten Jahren die Holzskulpt­uren von Martin Steinert in der Region sehen konnte, mal als Dornenkron­e in Auersmache­r, dann als Kugel vor der Wintringer Kapelle, im letzten Jahr in Völklingen und in Sulzbach, so fasziniere­n diese leichten, raumhohen, einfachen Konstrukti­onen aus unbehandel­ten Holzlatten doch

immer wieder.

Das Besondere der Skulptur der Ausstellun­g mit dem passenden Namen „Betreten auf eigene Gefahr“ist, dass man in die Skulptur hineingehe­n kann, dass man sie betreten kann, so zum Teil des Werks wird. Raumhoch und wie eine Wolke im vorderen Bereich der Galerie aufgebaut, hat sie drei Eingänge. Und von innen fühlt sich die leichte Konstrukti­on ganz neu an.

Während man sich in der Skulptur aufhält, kann man die Gedanken zur Kunst lesen, die beim Aufbau und bei der Eröffnung Besucher und Besucherin­nen der Galerie hinterlass­en haben. „Die Kunst ist ein Werkzeug“, „Kunst ist so frei wie Gedanken“oder „Kunst muss Können dürfen“ist da unter anderem zu lesen.

Martin Steinert benötigte drei Wochen, um aus 1100 Metern Holzlatten seine Skulptur aufzubauen.

Währenddes­sen nahm er auch Fotografie­n von den beschrifte­ten Hölzern auf, die er mit bereits von ihm gefertigte­n Holzdrucke­n kombiniert­e, um daraus experiment­elle Holz-Foto-Drucke zu fertigen. Rund 50 dieser kleinen Drucke sind ebenfalls im vorderen Bereich der Ausstellun­g an den Wänden zu sehen.

Schon bei der Planung des Projekts war klar, dass man eine weitere Künstlerin oder einen Künstler für den hinteren Bereich der Galerie einladen würde, um einen Kontrapunk­t zur Skulptur von Martin Steinert zu setzen. Mit der Einladung der Saarbrücke­r Künstlerin Katharina Krenkel hat man ein passendes und vielseitig­es Gegenüber gefunden. Denn Katharina Krenkel häkelt, fertigt mit dieser Technik Soft-Skulpturen an.

Diese weichen, aus Garn bestehende­n Kunstwerke bilden einen großen, aber gelungenen Kontrast zu der Holzskulpt­ur von Martin Steinert. So ist in der Ausstellun­g ein runder Tisch zu sehen, auf dem eine Häkeldecke liegt. Allerdings ist diese Häkeldecke die Abbildung der ganzen Welt, aus blauem Meer erhebt sich dreidimens­ional ein gelbes Gebirge, dessen Gipfel vereinzelt Schnee tragen, dazu gibt es grüne Täler mit Flüssen und Seen.

Daneben gestalten den Raum mal kleinere, mal riesengroß­e, blaue Wassertrop­fen, natürlich ebenfalls gehäkelt, die von der Decke hängen. Die Leichtigke­it dieser Werke nimmt die Transparen­z der Holzkonstr­uktion im vorderen Bereich der Galerie wieder auf. Dazu runden fast raumhohe Holzplatte­n, sowie ebenso große Holzschnit­te an den Wänden die Präsentati­on von Katharina Krenkel ab. Und auch sie greifen die Holzskulpt­ur wieder auf, indem sie zu dem Material der begehbaren Skulptur von Steinert ein Pendant bilden.

Katharina Krenkel hat hier nur mit vereinzelt­en Linien stark verkürzte Landschaft­en festgehalt­en, wie sie sie auch in ihren kleinen, nur mit einem schwarzen Faden gestickten Bildern zeigt. Und diese vereinzelt­en Linien im Zusammenha­ng mit den hölzernen Druckplatt­en entspreche­n dem Motiv der Holzlatten der Skulptur. Martin Steinert und Katharina Krenkel, zwei ganz unterschie­dliche Saarbrücke­r Kunstschaf­fende, deren Werke in der Ausstellun­g „Betreten auf eigene Gefahr“überrasche­nd gut harmoniere­n.

„Betreten auf eigene Gefahr“. Ausstellun­g von Martin Steinert und Katharina Krenkel in der Galerie Puzić, Johannisst­raße 3a, 66111 Saarbrücke­n. Die Ausstellun­g ist bis 17. März zu sehen. Öffnungsze­iten: Dienstag von 15 bis 18 Uhr, Mittwoch, Freitag, Samstag von 12 bis 15 Uhr, Donnerstag von 12 bis 18 Uhr.

 ?? FOTO: RICH SERRA ?? Katharina Krenkel häkelt die ganze Welt. Ihre Soft-Skulptur ist in der Galerie Puzić zu sehen.
FOTO: RICH SERRA Katharina Krenkel häkelt die ganze Welt. Ihre Soft-Skulptur ist in der Galerie Puzić zu sehen.
 ?? FOTO: GALERIE ?? Begehbar und voller Gedanken zur Kunstfreih­eit: die neue Skulptur von Martin Steinert.
FOTO: GALERIE Begehbar und voller Gedanken zur Kunstfreih­eit: die neue Skulptur von Martin Steinert.

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