Saarbruecker Zeitung

Die Pariser „Eisendame“rostet vor sich hin

Der Eiffelturm wird seit Tagen bestreikt. Die Angestellt­en werfen der Stadt Paris vor, das Monument zu vernachläs­sigen.

- VON CHRISTINE LONGIN

Die rötlich-gelbe Schicht ist auf dem grauen Bogen deutlich zu erkennen. Auf mehr als einem Meter zersetzt sie das Eisen, aus dem der Pariser Eiffelturm besteht. Grund für die Gewerkscha­ften der Angestellt­en des Pariser Wahrzeiche­ns, Alarm zu schlagen. Am Donnerstag wurde der Touristenm­agnet den vierten Tag in Folge bestreikt.

Ziel des Protestes ist die Pariser Stadtverwa­ltung, die mit einer 99-prozentige­n Beteiligun­g an der Betreiberg­esellschaf­t SETE über das Monument bestimmt. Die Stadt Paris suche „Rentabilit­ät um jeden Preis“, lautet der Vorwurf. Die Reparature­n an der „Eisendame“würden dabei vernachläs­sigt.

Das gilt vor allem für den Anstrich des Eiffelturm­s, der eigentlich alle sieben Jahre erneuert werden muss. So hatte es der Erbauer Gustave Eiffel verfügt. „Derzeit läuft ein Anstrich, doch wir haben 14 Jahre Rückstand“, kritisiert­e der Techniker und Gewerkscha­fter Denis Vavassori im Fernsehsen­der BFM, der auch die Rostbilder zeigte. „Die Farbe schützt das Eisen vor Korrosion und Rost. Je mehr Jahre vergehen desto mehr verschlech­tert sich der Zustand des Eiffelturm­s.“

Die Pariser Stadtverwa­ltung wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Das Monument ist in einem sehr guten Zustand“, sagte Vize-Bürgermeis­ter Emmanuel Gregoire im Radio. Die Stadtverwa­ltung habe ihre Pflicht, das Denkmal zu erhalten, nicht vernachläs­sigt. Die Renovierun­g sei allerdings nicht einfach, da sie während der Besucherze­iten erfolgen müsse. 2020 mussten die Wartungsar­beiten wegen der Covid-Pandemie bereits eine Zwangspaus­e machen. Ein Jahr später wurde unter den frü

her aufgetrage­nen Schichten Blei entdeckt, das zuerst mühsam abgetragen werden musste. Die Kosten explodiert­en deshalb.

Im Budget waren laut Vavassori zwei Anstriche für insgesamt 50 Millionen Euro vorgesehen. Doch schon der erste Anstrich kostete 85 Millionen Euro – „und wir haben erst 30 Prozent erledigt.“Zur Farberneue­rung kämen Ausgaben für die Renovierun­g eines Aufzugs und der nächtliche­n Beleuchtun­g, die Touristen aus aller Welt abends an das Marsfeld treibt.

Der schlechte Unterhalt des Monuments ist nur ein Teil der Vorwürfe. Der andere betrifft die hohe Summe, die die Stadt Paris aus den Einnahmen für sich beanspruch­t. Statt wie im vergangene­n Jahr 16 Millionen sollen dieses Jahr 50 Millionen Euro in die Kassen der hoch verschulde­ten Stadtverwa­ltung fließen. „Sie benutzen den Eiffelturm, um die Löcher im katastroph­alen Budget der Stadt zu stopfen“, kritisiert die konservati­ve Stadträtin Emmanuelle Dauvergne im Magazin „Challenges“.

Der Rechnungsh­of der Pariser Großraumre­gion Île de France hatte bereits 2020 die schlechte Verwaltung des Monuments kritisiert. Die Rechnungsp­rüfer bemängelte­n vor allem die „wenig verlässlic­he Finanzplan­ung“. Die Gewerkscha­ften werfen der Stadt vor, ihren Anteil aus den Einnahmen auf der Basis zu hoch veranschla­gter Besucherza­hlen kalkuliert zu haben. So ging die „Mairie“von 7,4 Millionen Besucherin­nen und Besuchern jährlich aus. Doch vergangene­s Jahr erklommen nur 6,3 Millionen Menschen den Turm.

Um mehr Geld in die Kassen zu bringen, wurden die Eintrittsp­reise seit 2017 um 47 Prozent erhöht. Eine weitere Preiserhöh­ung von 20 Prozent ist noch vor den Olympische­n Spielen geplant. Das 135 Jahre alte Denkmal soll während der Wettkämpfe im Sommer der Star der Stadt sein. Sogar die Medaillen für die Athleten enthalten Metallstüc­ke aus dem Turm, der pünktlich zum Sportereig­nis allerdings erneut bestreikt zu werden droht.

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FOTO: IMAGO IMAGES Den vierten Tag in Folge haben am Donnerstag Dutzende Beschäftig­te des Eiffelturm­s lautstark am Fuße des Bauwerks demonstrie­rt. Sie fordern einen besseren Unterhalt der Pariser Sehenswürd­igkeit.

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