Die Pariser „Eisendame“rostet vor sich hin
Der Eiffelturm wird seit Tagen bestreikt. Die Angestellten werfen der Stadt Paris vor, das Monument zu vernachlässigen.
Die rötlich-gelbe Schicht ist auf dem grauen Bogen deutlich zu erkennen. Auf mehr als einem Meter zersetzt sie das Eisen, aus dem der Pariser Eiffelturm besteht. Grund für die Gewerkschaften der Angestellten des Pariser Wahrzeichens, Alarm zu schlagen. Am Donnerstag wurde der Touristenmagnet den vierten Tag in Folge bestreikt.
Ziel des Protestes ist die Pariser Stadtverwaltung, die mit einer 99-prozentigen Beteiligung an der Betreibergesellschaft SETE über das Monument bestimmt. Die Stadt Paris suche „Rentabilität um jeden Preis“, lautet der Vorwurf. Die Reparaturen an der „Eisendame“würden dabei vernachlässigt.
Das gilt vor allem für den Anstrich des Eiffelturms, der eigentlich alle sieben Jahre erneuert werden muss. So hatte es der Erbauer Gustave Eiffel verfügt. „Derzeit läuft ein Anstrich, doch wir haben 14 Jahre Rückstand“, kritisierte der Techniker und Gewerkschafter Denis Vavassori im Fernsehsender BFM, der auch die Rostbilder zeigte. „Die Farbe schützt das Eisen vor Korrosion und Rost. Je mehr Jahre vergehen desto mehr verschlechtert sich der Zustand des Eiffelturms.“
Die Pariser Stadtverwaltung wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Das Monument ist in einem sehr guten Zustand“, sagte Vize-Bürgermeister Emmanuel Gregoire im Radio. Die Stadtverwaltung habe ihre Pflicht, das Denkmal zu erhalten, nicht vernachlässigt. Die Renovierung sei allerdings nicht einfach, da sie während der Besucherzeiten erfolgen müsse. 2020 mussten die Wartungsarbeiten wegen der Covid-Pandemie bereits eine Zwangspause machen. Ein Jahr später wurde unter den frü
her aufgetragenen Schichten Blei entdeckt, das zuerst mühsam abgetragen werden musste. Die Kosten explodierten deshalb.
Im Budget waren laut Vavassori zwei Anstriche für insgesamt 50 Millionen Euro vorgesehen. Doch schon der erste Anstrich kostete 85 Millionen Euro – „und wir haben erst 30 Prozent erledigt.“Zur Farberneuerung kämen Ausgaben für die Renovierung eines Aufzugs und der nächtlichen Beleuchtung, die Touristen aus aller Welt abends an das Marsfeld treibt.
Der schlechte Unterhalt des Monuments ist nur ein Teil der Vorwürfe. Der andere betrifft die hohe Summe, die die Stadt Paris aus den Einnahmen für sich beansprucht. Statt wie im vergangenen Jahr 16 Millionen sollen dieses Jahr 50 Millionen Euro in die Kassen der hoch verschuldeten Stadtverwaltung fließen. „Sie benutzen den Eiffelturm, um die Löcher im katastrophalen Budget der Stadt zu stopfen“, kritisiert die konservative Stadträtin Emmanuelle Dauvergne im Magazin „Challenges“.
Der Rechnungshof der Pariser Großraumregion Île de France hatte bereits 2020 die schlechte Verwaltung des Monuments kritisiert. Die Rechnungsprüfer bemängelten vor allem die „wenig verlässliche Finanzplanung“. Die Gewerkschaften werfen der Stadt vor, ihren Anteil aus den Einnahmen auf der Basis zu hoch veranschlagter Besucherzahlen kalkuliert zu haben. So ging die „Mairie“von 7,4 Millionen Besucherinnen und Besuchern jährlich aus. Doch vergangenes Jahr erklommen nur 6,3 Millionen Menschen den Turm.
Um mehr Geld in die Kassen zu bringen, wurden die Eintrittspreise seit 2017 um 47 Prozent erhöht. Eine weitere Preiserhöhung von 20 Prozent ist noch vor den Olympischen Spielen geplant. Das 135 Jahre alte Denkmal soll während der Wettkämpfe im Sommer der Star der Stadt sein. Sogar die Medaillen für die Athleten enthalten Metallstücke aus dem Turm, der pünktlich zum Sportereignis allerdings erneut bestreikt zu werden droht.