Saarbruecker Zeitung

Was die umstritten­e Cannabis-Freigabe bedeutet

Die Cannabis-Legalisier­ung hat mit dem Bundestag die erste Hürde genommen. Die Reform ist weitgehend, sie sieht viele neue Regelungen für den Cannabis-Konsum vor. Doch final beschlosse­n ist sie nicht. Die Länder könnten das Projekt der Ampel noch stoppen.

- VON JAN DREBES UND FLORIAN RECH

(jd/fre/dpa) Es ist eines der umstritten­sten Ampel-Projekte überhaupt, seit vielen Monaten wird um die Cannabis-Legalisier­ung gerungen. An diesem Freitag hat der Bundestag das Gesetz von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) nach sehr leidenscha­ftlicher Debatte mit deutlicher Mehrheit beschlosse­n. 407 Abgeordnet­e aus den AmpelFrakt­ionen und den linken Gruppen stimmten dafür, 226 von Union und AfD dagegen bei vier Enthaltung­en. Auch einzelne SPD-Abgeordnet­e stimmten gegen die Reform.

Worin besteht der Paradigmen­wechsel bei der Reform?

Künftig soll es nach dem Willen der Ampel-Regierung eine teilweise Legalisier­ung von Cannabis geben. Besitz und Konsum werden für erwachsene Bürger in bestimmten Grenzen erlaubt sein.

Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Vincent Bauer

Was genau soll künftig erlaubt sein?

Zum eigenen Verbrauch dürfen Erwachsene über 18 Jahren in der Öffentlich­keit bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben. Zu Hause dürfen bis zu 50 Gramm getrocknet­es Cannabis aufbewahrt werden. Privat dürfen bis zu drei CannabisPf­lanzen angebaut werden. Kiffen in der Öffentlich­keit, etwa auf Plätzen, in Parks oder auf der Straße soll von 20 bis 7 Uhr erlaubt werden.

Was hat es mit den Cannabis-Clubs aus sich?

Mit behördlich­er Erlaubnis sollen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitglieder­n Cannabis-Pflanzen genossensc­haftlich anbauen und an Mitglieder abgeben dürfen. Die Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquel­le. Cannabis-Clubs dürfen die Droge nicht an Nichtmitgl­ieder weitergebe­n. Ein Kaufpreis darf nicht verlangt werden, finanziere­n sollen sich die Clubs durch Mitgliedsb­eiträge. Vereinsmit­glieder können bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erhalten, Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm, mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent.

Was soll verboten bleiben?

Der Besitz von mehr als 50 Gramm bleibt illegal, auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Wer in der Öffentlich­keit einen Joint raucht, darf das nicht in Sichtweite von Kinder- und Jugendeinr­ichtungen sowie Sportplätz­en tun. In den Cannabis-Clubs ist kiffen verboten. Dealen bleibt für alle strafbar. Außerdem ist auch künftig die

Weitergabe an Minderjähr­ige streng verboten, die Strafen werden verschärft. So wird etwa der Verkauf von Cannabis an Minderjähr­ige mit mindestens zwei Jahren Freiheitss­trafe, statt bisher einem Jahr geahndet. Werden Jugendlich­e mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informiere­n und in schwierige­n Fällen die Jugendämte­r einschalte­n.

Wann soll was gelten?

Die teilweise Legalisier­ung soll bereits ab 1. April gelten. Die Cannabis-Clubs sollen ab 1. Juli kommen. Mit einem zweiten Gesetz soll später

ermöglicht werden, dass lizenziert­e Geschäfte in Modellregi­onen Cannabis anbieten dürfen.

Welche Folgen hat das Cannabisge­setz für die Bundesländ­er?

Die Umsetzung des Gesetzes ist zum überwiegen­den Teil Aufgabe der Bundesländ­er. Das gibt den Ländern die Möglichkei­t, jeweils eigene Regeln zur Cannabis-Legalisier­ung aufzustell­en. Die Bundesländ­er sollen die Registrier­ung und Kontrolle der Anbauverei­ne übernehmen sowie Cannabis-Prävention­smaßnahmen umsetzen. Dafür müssen

sie neue Strukturen für Kontrolle und Prävention vor Ort aufbauen. Nach Ansicht des Bundesrate­s erhalten die Länder dafür aber viel zu wenig Geld vom Bund. Die Bundesregi­erung geht dagegen davon aus, dass die Länder mehrere Millionen Euro durch weniger Anzeigen und Strafproze­sse einsparen. Ob das tatsächlic­h der Fall sein wird, ist aber massiv umstritten.

Wird Cannabis zum 1. April tatsächlic­h legal?

Die Bundesländ­er haben das Cannabisge­setz im Bundesrat massiv kriti

siert und sehen vor allem Probleme bei der Kontrolle und Finanzieru­ng des Gesetzes. Zwar braucht das Gesetz zur Verabschie­dung nicht die Zustimmung der Länderkamm­er, der Bundesrat kann es aber am 22. März noch in den Vermittlun­gsausschus­s verweisen, um über Nachbesser­ungen zu verhandeln. Das Land Bayern hat das bereits angekündig­t. Auch die saarländis­che Landesregi­erung kritisiert das Gesetz und will prüfen, ob sie sich im Bundesrat dagegen ausspricht. Der Start der Legalisier­ung könnte sich dann um mehrere Monate verschiebe­n.

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FOTO: SERHAT KOCAK/DPA Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) wartet angespannt auf das Ergebnis: Der Bundestag hat am Freitag in einer namentlich­en Abstimmung das Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition beschlosse­n.

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