Was die umstrittene Cannabis-Freigabe bedeutet
Die Cannabis-Legalisierung hat mit dem Bundestag die erste Hürde genommen. Die Reform ist weitgehend, sie sieht viele neue Regelungen für den Cannabis-Konsum vor. Doch final beschlossen ist sie nicht. Die Länder könnten das Projekt der Ampel noch stoppen.
(jd/fre/dpa) Es ist eines der umstrittensten Ampel-Projekte überhaupt, seit vielen Monaten wird um die Cannabis-Legalisierung gerungen. An diesem Freitag hat der Bundestag das Gesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach sehr leidenschaftlicher Debatte mit deutlicher Mehrheit beschlossen. 407 Abgeordnete aus den AmpelFraktionen und den linken Gruppen stimmten dafür, 226 von Union und AfD dagegen bei vier Enthaltungen. Auch einzelne SPD-Abgeordnete stimmten gegen die Reform.
Worin besteht der Paradigmenwechsel bei der Reform?
Künftig soll es nach dem Willen der Ampel-Regierung eine teilweise Legalisierung von Cannabis geben. Besitz und Konsum werden für erwachsene Bürger in bestimmten Grenzen erlaubt sein.
Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeier Vincent Bauer
Was genau soll künftig erlaubt sein?
Zum eigenen Verbrauch dürfen Erwachsene über 18 Jahren in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben. Zu Hause dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis aufbewahrt werden. Privat dürfen bis zu drei CannabisPflanzen angebaut werden. Kiffen in der Öffentlichkeit, etwa auf Plätzen, in Parks oder auf der Straße soll von 20 bis 7 Uhr erlaubt werden.
Was hat es mit den Cannabis-Clubs aus sich?
Mit behördlicher Erlaubnis sollen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis-Pflanzen genossenschaftlich anbauen und an Mitglieder abgeben dürfen. Die Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquelle. Cannabis-Clubs dürfen die Droge nicht an Nichtmitglieder weitergeben. Ein Kaufpreis darf nicht verlangt werden, finanzieren sollen sich die Clubs durch Mitgliedsbeiträge. Vereinsmitglieder können bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erhalten, Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm, mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent.
Was soll verboten bleiben?
Der Besitz von mehr als 50 Gramm bleibt illegal, auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Wer in der Öffentlichkeit einen Joint raucht, darf das nicht in Sichtweite von Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Sportplätzen tun. In den Cannabis-Clubs ist kiffen verboten. Dealen bleibt für alle strafbar. Außerdem ist auch künftig die
Weitergabe an Minderjährige streng verboten, die Strafen werden verschärft. So wird etwa der Verkauf von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr geahndet. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten.
Wann soll was gelten?
Die teilweise Legalisierung soll bereits ab 1. April gelten. Die Cannabis-Clubs sollen ab 1. Juli kommen. Mit einem zweiten Gesetz soll später
ermöglicht werden, dass lizenzierte Geschäfte in Modellregionen Cannabis anbieten dürfen.
Welche Folgen hat das Cannabisgesetz für die Bundesländer?
Die Umsetzung des Gesetzes ist zum überwiegenden Teil Aufgabe der Bundesländer. Das gibt den Ländern die Möglichkeit, jeweils eigene Regeln zur Cannabis-Legalisierung aufzustellen. Die Bundesländer sollen die Registrierung und Kontrolle der Anbauvereine übernehmen sowie Cannabis-Präventionsmaßnahmen umsetzen. Dafür müssen
sie neue Strukturen für Kontrolle und Prävention vor Ort aufbauen. Nach Ansicht des Bundesrates erhalten die Länder dafür aber viel zu wenig Geld vom Bund. Die Bundesregierung geht dagegen davon aus, dass die Länder mehrere Millionen Euro durch weniger Anzeigen und Strafprozesse einsparen. Ob das tatsächlich der Fall sein wird, ist aber massiv umstritten.
Wird Cannabis zum 1. April tatsächlich legal?
Die Bundesländer haben das Cannabisgesetz im Bundesrat massiv kriti
siert und sehen vor allem Probleme bei der Kontrolle und Finanzierung des Gesetzes. Zwar braucht das Gesetz zur Verabschiedung nicht die Zustimmung der Länderkammer, der Bundesrat kann es aber am 22. März noch in den Vermittlungsausschuss verweisen, um über Nachbesserungen zu verhandeln. Das Land Bayern hat das bereits angekündigt. Auch die saarländische Landesregierung kritisiert das Gesetz und will prüfen, ob sie sich im Bundesrat dagegen ausspricht. Der Start der Legalisierung könnte sich dann um mehrere Monate verschieben.