Saarbruecker Zeitung

Huthis drohen Europäern wegen Marine-Einsatz

Die deutsche Fregatte „Hessen“soll Handelssch­iffe im Roten Meer schützen. Europa betont, der Einsatz sei „rein defensiv“– die Huthis sehen das jedoch anders.

- VON THOMAS SEIBERT

Vier Schnellboo­te tauchten neben dem Containers­chiff „Maersk Hangzhou“im Roten Meer auf. Huthi-Kämpfer auf den Booten feuerten mit Bordwaffen und Sturmgeweh­ren auf das Schiff, um es zu entern. Alarmiert von einem SOS-Signal des Frachters hoben Kampfhubsc­hrauber von zwei nahen amerikanis­chen Kriegsschi­ffen ab, um der „Maersk Hangzhou“beizustehe­n – auch sie wurden von den Huthis auf den Booten angegriffe­n. Darauf schossen die Helikopter auf die Boote und versenkten drei von ihnen. Mindestens zehn Huthis starben.

Das Gefecht am frühen Morgen des 31. Dezember war die bisher schwerste Konfrontat­ion zwischen den Huthi-Rebellen und westlichen Kriegsschi­ffen im Roten Meer. Könnte die deutsche Fregatte „Hessen“, die ab sofort bei der EU-Mission „Aspides“zivile Schiffe gegen die Huthis schützen soll, in ähnliche Kämpfe mit den jemenitisc­hen Rebellen geraten? Die Huthis drohen den Europäern schon.

Deutschlan­d suche keinen Konflikt mit den Huthis, sagte Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius bei einem Besuch auf der „Hessen“kurz vor dem Einsatz: Die Fregatte habe ein „ausschließ­lich defensives Mandat“. Viel hängt davon ab, ob die Huthis unter „defensiv“dasselbe verstehen wie die

Deutschen. Die Erfahrung anderer Kriegsmari­nen westlicher Staaten im Rooten Meer spricht nicht dafür. Zu dem Angriff auf die „Maersk Hangzhou“am Silvestert­ag zum Beispiel erklärten die Huthis, schuld am Blutvergie­ßen seien die Amerikaner, die mit ihrem Beschuss der Schnellboo­te ein Verbrechen begangen hätten.

Um die Huthis zu stoppen, laufen im Roten Meer drei westliche Militärein­sätze. Die Aktion „Wächter des Wohlstands“unter Führung der USA hat dasselbe Ziel wie die vor wenigen Tagen gestartete EU-Operation „Aspides“, an der die „Hessen“teilnimmt: die zivile Schifffahr­t zu schützen. Darüber hinaus führen Amerikaner und Briten unter dem Namen „Operation Poseidon Bogenschüt­ze“Luftschläg­e gegen Stützpunkt­e und Raketenabs­chussrampe­n der Huthis im Jemen selbst.

Die Rebellen könnten durchaus zwischen den westlichen Akteuren und deren Absichten unterschei­den, sagt Abdulghani al-Iryani von der Denkfabrik Sana'a-Zentrum für Strategisc­he Studien in der jemenitisc­hen Hauptstadt. Der militärisc­he Geleitschu­tz für Handelssch­iffe im Rahmen von „Wächter des Wohlstands“werde nicht angegriffe­n, weil die „Wächter“-Schiffe defensiv blieben, sagte Iryani. Dasselbe dürfte deshalb grundsätzl­ich für die EU-Mission „Aspides“und damit für die „Hessen“gelten. Dagegen betrachten die Huthis britische und amerikanis­che Kriegsschi­ffe als legitime Ziele, sagt Iryani: USA und Großbritan­nien führten die „Operation Poseidon Bogenschüt­ze“– und diese sei nicht defensiv, sondern offensiv ausgericht­et.

Wenn sich die Huthis an diese Unterschei­dungen halten, könnte der Einsatz der „Hessen“ähnlich verlaufen wie der von zwei französisc­hen Fregatten, „Alsace“und „Languedoc“, die schon länger im Roten Meer stationier­t sind und nun an der EU-Mission teilnehmen. Sie schossen in den vergangene­n Tagen zwei Huthi-Drohnen über dem Meer ab. Dieses – nach europäisch­em Verständni­s defensives – Verhalten schützt nicht vor Huthi-Angriffen: Die „Languedoc“musste im Dezember mit ihren Lenkwaffen zwei Drohnen der Huthis abwehren, die laut französisc­hen Angaben direkt auf das Schiff zuflogen.

Mohamed Ali al-Huthi, der Vetter von Huthi-Chef Abdulmalik al-Huthi, drohte den Europäern mit weiteren Angriffen. „Wenn ihr etwas Dummes tut, werden eure Schiffe zerstört. Ihr seid gewarnt.“

„Wenn ihr etwas Dummes tut, werden eure Schiffe zerstört. Ihr seid gewarnt.“Mohamed Ali al-Huthi Chef des Obersten Revolution­skomitees der Huthis im Jemen

Newspapers in German

Newspapers from Germany