Lindner will die Sozialausgaben einfrieren
Bei den Sozialausgaben darf nach Auffassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) künftig nichts Neues mehr draufgesattelt werden. Im Bundeshaushalt 2025 sei das Geld knapp, zudem müssten die Verteidigungsausgaben steigen. SPD und Grüne reagier
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat in der Ampelkoalition eine neue kontroverse Debatte über die Höhe der Sozialausgaben im nächsten Bundeshaushalt losgetreten. Der FDP-Chef forderte am Donnerstag in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ein dreijähriges Moratorium für Sozialausgaben, Subventionen und andere Leistungen. Am Freitag bekräftigte er seine Forderung, die Sozialleistungen zu begrenzen. Er sagte am Rande eines EU-Finanzministertreffens in der belgischen Stadt Gent, Deutschland werde wegen der höheren Verteidigungsausgaben zwar nicht die soziale Sicherheit einschränken. „Das Einzige, was wir tun müssen ist, einige wenige Jahre nichts Zusätzliches zu beschließen“, sagte Lindner.
Hintergrund ist die Zusage der Bundesregierung an die Nato, ab diesem Jahr erstmals Verteidigungsausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Dies soll 2025 wiederholt werden. Dass kann mit den Mitteln aus dem Bundeswehr-Sondervermögen gelingen, allerdings dürfte die Ukraine weitere zusätzliche militärische und fiskalische Hilfe aus Deutschland auch im kommenden Jahr benötigen. Schon jetzt zeichnet sich ein Haushaltsloch in zweistelliger Milliardenhöhe ab – die Schätzungen liegen zwischen 15 und 40 Milliarden Euro.
Lindner hatte am 9. Februar in einem Schreiben an die Ministerien die Haushaltsgespräche für 2025 mit einem Sparappell eröffnet. „Im Bundeshaushalt zeichnet sich ein deutlicher, struktureller Konsolidierungsbedarf ab“, heißt es laut Handelsblatt in dem Brief. Es sei wegen der Wirtschaftsschwäche für 2025 „nicht zu erwarten“, dass sich durch die Konjunktur „Entlastungseffekte für den Haushalt ergeben“. Es träten „nunmehr die strukturellen Probleme für den Bundeshaushalt und das Wirtschaftswachstum“zutage. Lindner will den Ressorts deshalb wie schon 2024 strenge Ausgabenobergrenzen vorgeben.
Der Finanzminister will bereits in der Koalition fest vereinbarte Vorha
ben wie die Kindergrundsicherung, die zum 1. Januar 2025 kommen soll, sowie das Rentenpaket II, in dem ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 festgeschrieben werden soll, nicht infrage stellen. Für alle neuen sozialpolitischen Vorhaben sieht er jedoch keinen Spielraum.
Die Äußerung stieß in der Koalition auf Kritik. „Einen Kahlschlag beim
Sozialstaat wird es mit der SPD nicht geben“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, unserer Redaktion. „Es wäre brandgefährlich, jetzt bei den Schwächsten zu sparen, um an anderer Stelle aufzustocken. Unsere Demokratie funktioniert nur im Dreiklang aus äußerer, innerer und sozialer Sicherheit.“Umso wichtiger
sei es, zu mehr Wirtschaftswachstum zu kommen, damit die staatlichen Einnahmen wieder stärker steigen.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, nannte Lindners Vorschlag sogar „zerstörerisch“für den Zusammenhalt. Der Verteidigungsetat dürfe nicht gegen Sozialausgaben ausgespielt werden.
„Der Bundeshaushalt ist eine Herausforderung. Ich halte Kürzungen beim Sozialen allerdings für das falsche Mittel. Gerade in einer Zeit mit weiterhin hohen Preisen“, sagte auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. „Es wäre kein gutes Signal, weder für den sozialen Zusammenhalt noch für die Gerechtigkeit und auch nicht für die Leistungsträger in unserem Land.“
Lindner sagte dagegen, in der Bundesrepublik sei es lange Zeit eine Art „Sport“gewesen, immer wieder neue Programme für die Wirtschaft aufzulegen und Subventionen oder höhere soziale Leistungen zu vereinbaren. Damit müsse nun Schluss sein. „Mit dem, was wir an Bestand haben von Bürgergeld bis Rente, damit müssen wir einmal drei Jahre auskommen“, sagte Lindner. Die regelmäßigen Erhöhungen der Leistungen wegen der Lohn- und Kostensteigerungen seien in Ordnung, betonte Lindner. Aber bei neuen Ideen wie vor einigen Jahren etwa bei der Rente mit 63 brauche es nun „drei Jahre Pause“.
„Die Sozialleistungen stellen den mit Abstand größten Ausgabenblock im Bundeshaushalt dar, 2024 sind es rund 46 Prozent der Gesamtausgaben“, sagte FDP-Chefhaushälter Otto Fricke. „Wichtig ist, dass ihr Anteil nicht weiter steigt und es auch keine neuen Leistungen gibt, um so genügend Spielraum für die dringend notwendige Wirtschaftswende zu haben“, betonte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. „Wir müssen aufhören, immer nur von Prioritäten zu reden. Eine Stabilisierung des Haushaltes gelingt nur, wenn wir auch Nachrangigkeiten benennen. Das verlangt politisch aber mehr Mut“, sagte Fricke.
„Der Bundeshaushalt ist eine Herausforderung. Ich halte Kürzungen beim Sozialen allerdings für das falsche Mittel. Gerade in einer Zeit mit weiterhin hohen Preisen.“Katharina Dröge Grünen-Fraktionschefin