Ukraine-Freunde loben Hilfsbereitschaft
Anlässlich des zweiten Jahrestags des Angriffskriegs auf die Ukraine blickt die Vorsitzende des Vereins der Ukraine Freunde Saar auf das Leben der Geflüchteten im Saarland.
Zwei Jahre sind seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine vergangen. Zwei Jahre, in denen rund 6,5 Millionen Menschen nach Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissariats aus der Ukraine vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchtet sind. 18 887 von ihnen wurden in den ersten beiden Kriegsjahren im Saarland aufgenommen (Stand: Januar 2024). Im selben Zeitraum haben rund 4000 ukrainische Flüchtlinge das Saarland wieder verlassen, teilt das Innenministerium mit.
„Grundsätzlich sind alle Ukrainer, die hier sind, dankbar dafür, dass sie hier sein dürfen. Sie erfahren eine enorme und unglaubliche Gastfreundschaft und nehmen das wirklich als Geschenk wahr“, berichtet Lesya Matiyuk. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Vereins der UkraineFreunde Saar, gebürtige Ukrainerin und bereits vor über dreizehn Jahren zum Studieren nach Deutschland gekommen. Den Verein rief sie nach Ausbruch des Krieges 2022 ins Leben. Seither organisieren zahlreiche Ehrenamtliche Projekte zur Hilfe für die Geflüchteten im Saarland und in der Ukraine. Momentan packen rund 70 Menschen aktiv mit an. Neue, engagierte Unterstützerinnen und Unterstützer seien immer willkommen, betont Matiyuk.
In einer vom Verein initiierten Facebook-Gruppe seien derzeit 15 000 Mitglieder vernetzt. Das bringe den Vorteil, möglichst viele Menschen niedrigschwellig mit wichtigen Infos zu Behörden oder für die Jobsuche zu erreichen. Gleichzeitig bekommt der Verein mit, was die Geflüchteten bewegt, welche Fragen aufkommen und kann so schnell reagieren. „Unsere Stärke ist die Nähe zur Community, und wir genießen hohes Vertrauen.“
Vor allem bei der Jobsuche erweisen sich die Ukraine-Freunde Saar als echter Brückenbauer zwischen den Flüchtlingen und Arbeitgebern, erzählt die Vorstandsvorsitzende. Das sei derzeit besonders wichtig, denn in Deutschland schaffte es laut Statistischem Bundesamt bisher nur jeder fünfte Ukrainer in einen Job, trotz hohen Bildungsniveaus. Laut Saar-Sozialministerium bezogen im Oktober 2023 zirka 10 600 ukrainische Staatsangehörige Bürgergeld, davon waren rund 7300 erwerbsfähig. Matiyuk nennt zwei Gründe, warum viele der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer im Saarland nicht arbeiten: fehlende Kitaplätze und nicht ausreichende Sprachkenntnisse. Hinzu komme, dass viele Flüchtlinge mit einem Gefühl der Unsicherheit lebten und eine gewisse Perspektivlosigkeit bei der Frage empfänden, wie sich ihr Leben weiterentwickeln wird. Ihnen stellten sich existenzielle Fragen: Wie lange bleiben sie in Deutschland? Wie und wo geht es nach einem Ende des Krieges für sie weiter? Lohnt es sich überhaupt, eine neue Karriere zu starten und im Job bei null anzufangen?
Zwar besuchen die meisten Ukrainer Sprachkurse, so Matiyuk. Dennoch seien viele frustriert, wenn es trotz vorhandener Grundkenntnisse in Deutsch nicht für einen Job reicht. Um hier verstärkt zu motivieren und zumindest eine mittelfristige Perspektive zu bieten, haben die Ukraine-Freunde Saar das Projekt „Let´s go to work“gestartet. In Workshops, die niedrigschwellig und auf Ukrainisch angeboten werden, lernen die Teilnehmer, worauf es bei Bewerbungen in Deutschland ankommt und wie sie ihre Qualifika
tionen gezielt in den Fokus rücken können. Über 250 Anmeldungen habe es bereits gegeben. Im Zuge des Projekts arbeitet der Verein auch mit Arbeitgebern zusammen, um deren Bedürfnisse abzufragen, aber auch zu erklären, vor welchen Hürden die Geflüchteten hierzulande stehen und wie die Unternehmen auf sie zukommen können. „Hier stehen wir gerade im Kontakt mit Arbeitgebern aus dem Bereich der Medizin und der Kinderbetreuung“, erläutert Matiyuk.
Unsicherheit und Angst löse bei vielen der ukrainischen Geflüchte
ten derzeit auch die politische Lage in Deutschland aus. Sahra Wagenknechts neue Partei wird eine gewisse Nähe zu Russland nachgesagt, die AfD ist dem Putin-Regime nicht abgeneigt. „Diejenigen, die die Nachrichten schauen und das verstehen, die haben Angst.“Die Aussagen, die Wagenknecht als „Putin-Versteherin und -Unterstützerin macht, sind ganz schlimm, nicht nur für die Ukraine, sondern für unser System, die Demokratie“, fasst Matiyuk zusammen. Umso beruhigender sei es für sie und für die ukrainischen Flüchtlinge, zu sehen, wie viele Menschen
aktuell in Deutschland gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie auf Straßen gehen.
Auf die Bedeutung der Demokratie in Europa und den anhaltenden Krieg in der Ukraine machen die Ukraine-Freunde Saar am Samstag mit einem Demo-Zug durch die Saarbrücker Innenstadt aufmerksam. Unter dem Motto „Wir halten zusammen!“geht es um 12.30 Uhr auf dem Landwehrplatz los.