Streit um Abordnung von Lehrern ins Ministerium
Fast jeder dritte Bedienstete des saarländischen Bildungsministeriums ist eine abgeordnete Lehrkraft. Dies geht aus einer Regierungsantwort auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Frank Wagner hervor. Wie zuvor bereits die Grünen hat Wagner
Drei Monate nach den saarländischen Grünen hat sich nun auch die CDU-Opposition mit Blick auf die vermehrte Abordnung von Lehrkräften in das SPD-geführte Ministerium für Bildung und Kultur (MBK) an den Landesrechnungshof (LRH) gewandt. Der Generalsekretär der saarländischen Christdemokraten, Frank Wagner, reagierte per Brief an den LRH auf die Antwort der Landesregierung auf eine von ihm gestellte parlamentarische Anfrage. Demnach handelt es sich laut Regierungsangaben bei 111 der 370 Bediensteten des MBK um abgeordnete Lehrkräfte.
In seinem Brief an die Präsidentin des Rechnungshofes, Dr. Annette Groh, folgert CDU-Mann Wagner, dass „Abordnungen dieses Ausmaßes mit den vom Haushaltsgeber für die Personalausstattung dieses Ministeriums getroffenen Festlegungen nicht vereinbar“seien. Wagner spricht in seinem Schreiben von einer „unvertretbaren Aufblähung des Personalbestandes“und bittet um eine LRH-Prüfung, ob hier nicht ein „eklatanter Verstoß gegen das Haushaltsrecht“vorliege.
Mehr als 90 Vollzeitäquivalentstellen – die den 111 abgeordneten Lehrerinnen und Lehrern entsprechen – gingen den Schulen damit verloren. „Im Regelfall dürften dies sehr erfahrene Lehrer sein, weil sie dem Ministerium ja einen Mehrgewinn bringen sollen“, meint der CDU-Abgeordnete auf SZ-Anfrage und schlussfolgert, dass den Schulen insoweit wichtige Fach-Expertise entzogen werde.
Auf Landesseite sieht man dies anders: Angesichts von rund 9000 Lehrkräften im Saarland machten die ans Ministerium abgeordneten Pädagogen (90,48 Vollzeitäquivalente) gerade mal 1,08 Prozent aller beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer aus. Eine von Wagner infolge der Abordnungen unterstellte „Verschlechterung der Unterrichtssituation an der jeweiligen Schule“bestreitet das zuständige MBK und erwidert: Über den Ersatz von Ruhestandsversetzungen hinaus seien demnach „zusätzliche Lehrkräfte eingestellt (worden), um Klassenmehrbildungen, den Erhalt der Lehrerreserve bei erhöhten Erkrankungen und die Abdeckung der Bedarfsfächer zur Fachkräftesicherung zu gewährleisten.“Summa summarum seien den Schulen daher keine Lehrkräfte entzogen worden, „sondern es erfolgte stets eine Nachpersonalisierung und sogar ein deutlicher Personal
aufwuchs in den Schulen“, heißt es in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage Wagners.
Der wiederum nennt diese Argumentationslinie in seinem Schreiben an den Rechnungshof „eine unerträgliche Bagatellisierung der Verhältnisse“. Die verbale Nebelkerze der Regierung, dass der Anteil der Abordnungen im Verhältnis zur Gesamtlehrerschaft „gering“sei, bezeichnet Wagner im Gespräch mit der SZ als „Dreistigkeit und blanken Hohn“.
Angeregt worden zu seiner Anfrage an die Landesregierung war der
CDU-Parlamentarier durch einen ganz ähnlichen Vorstoß der außerparlamentarischen Saar-Grünen. Schon im November hatten diese den Rechnungshof gebeten, angesichts des bestehenden Lehrermangels im Saarland den Einsatz von ins Ministerium abgezogenen Lehrkräften schnellstens auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.
Der Landesvorsitzende der Grünen, Volker Morbe, versprach sich davon „eine Korrektur des Lehrkräftemissbrauchs und eine Stärkung der Schulen“. Die seinerzeitige Vermutung der Grünen, die Zahl der
Abordnungen könne „die Zahl 100 erreicht oder übertroffen“haben, hat sich demnach mehr als bestätigt.
Die Replik der Landesregierung auf die CDU-Anfrage enthält einige aufschlussreiche Details: So gehört nahezu die Hälfte der 111 ins MBK versetzten Pädagogen den Besoldungsgruppen A 14, A 15 und A 16 an. Auch lässt sich den MBK-Angaben entnehmen, dass rund ein Drittel aller abgeordneten Lehrkräfte (35 Personen) den Gymnasien entzogen wurden, gefolgt von 28 an Berufsund 27 an Gemeinschaftsschulen. Deutlich wird auch, dass seit 2019
– im September 2019 hatte Christine Streichert-Clivot die Ministeriumsleitung von ihrem SPD-Kollegen Ulrich Commerçon übernommen –, 77 Lehrkräfte ins Bildungsministerium abgezogen worden sind, sprich 70 Prozent aller seit 2002 abgeordneten Lehrerinnen und Lehrer. Selbst wenn alle 20 Lehrer, die allein 2019 ins Ministerium wechselten, dies noch vor Streichert-Clivots Amtseinführung getan haben sollten, fielen immer noch 57 der 111 Abordnungen in ihre Ära. Und damit immer noch mehr als die Hälfte aller dort beschäftigten Ex-Lehrkräfte.