Saarbruecker Zeitung

Freistil-Festival – es wächst und gedeiht

Da wächst was! Das Freistil-Festival des Netzwerks freie Szene Saar wird größer, breitet sich aus. Und wird damit auch ein bisschen Opfer seines Erfolgs. Vom 2. bis 13. Oktober wird es in der Erzhalle des Völklinger Weltkultur­erbes ein Programm geben, das

- VON SUSANNE BRENNER gibt es auf www.freieszene­saar.de und auf der Festival-Seite https://freistilfe­stival-saar.de.

Zehn Tage, vollgestop­ft mit Theater, Tanz, Musik, Gesprächen, Gedanken, Grenzübert­retungen und Kreativitä­t. Das Freistil-Festival 2024 wird noch größer, noch schöner, noch voller als die beiden Ausgaben zuvor. Sogar eine kulturelle Wanderung von der Völklinger Hütte, wo Freistil zu Hause ist, nach Petite Rosselle zum dortigen Parc Explor wird es geben. Der knapp acht Kilometer lange Weg wird gespickt sein mit Informatio­nen zur Bergbauges­chichte beider Länder, aber vor allem auch mit vielen kleinen Kunstaktio­nen im Wald ( Termin Samstag, 5. Oktober).

Solche und viele weitere spannende, neue Angebote macht das Festival, das vom 2. bis 13. Oktober in der Erzhalle des Weltkultur­erbes stattfinde­n wird. Vor drei Jahren hob das Netzwerk freie Szene Saar dieses neue Festival aus der Taufe. Als eine Art Leistungss­chau der hiesigen freien Theatersze­ne. Als ein sehr lautes „Hier sind wir wieder!“nach dem Corona-Elend. Der Erfolg war groß – bei einigen auch die Überraschu­ng, wie spannend diese Szene ist. Nach der zweiten Auflage 2022 findet Freistil mittlerwei­le alle zwei Jahre statt. Und wächst und gedeiht.

Dieses Wachsen und Gedeihen freut Corinna Preisberg und Mirka Borchardt vom Netzwerk-Vorstand natürlich sehr. „Wir haben viel mehr Anfragen, es kommen fast wöchentlic­h neue rein“, erzählt Mirka Borchardt beim SZ-Besuch. „Sie kommen aus Berlin und dem ganzen Bundesgebi­et“, ergänzt Corinna Preisberg. Denn Freistil ist mittlerwei­le ins bundesweit­e Netzwerk „Festivalfr­iends“aufgenomme­n worden. Wird darüber sogar mit 44 000 Euro gefördert.

Dadurch wird das saarländis­che Festival bekannter. Auch überregion­al. Und immer mehr freie Theater würden gern dabei sein. „Wir können

gar nicht alle aufnehmen“, sagt Mirka Borchardt. Es wird erstmals sogar ein bundesweit­es Besuchsfor­mat geben bei Freistil, mit Fachtagung und Begleitpro­gramm. „Endlich können wir über den Tellerrand schauen“, freut sich Corinna Preisberg. Neue Impulse für die gesamte freie Szene im Land also.

Das ist alles schön. Macht aber auch ein paar Probleme. Das Netzwerk freie Szene Saar wird nämlich damit gerade sozusagen Opfer seines Erfolgs. Freistil wächst. Aber damit auch der Finanzbeda­rf. Der ist 2024 um 50 Prozent höher als beim letzten Festival. 160 000 Euro braucht das Netzwerk, um Freistil mit Stil über die Bühne zu bringen. Aktuell fehlen noch 20 000 Euro.

Ein größeres Festival braucht aber breitere Wurzeln, damit es stabil steht. Deshalb geht das Netzwerk freie Szene Saar aktuell auf Sponsoren-Suche. Es hat auf der Plattform „Go fund me“https://gofund.me/

edc952f1 einen Aufruf gestartet. Da kann jede und jeder, der dem Festival helfen will, unterstütz­en. Auch zehn Euro werden genommen, denn gerade beim sogenannte­n Crowdfundi­ng gilt das Motto „Kleinvieh macht auch Mist“. Oder, um im Bild zu bleiben: Auch kleine Wurzelhaar­e erweitern und stabilisie­ren das Wurzelwerk. Was nicht heißt, dass das Netzwerk nicht gerne kulturaffi­ne Sponsoren mit dickerem Geldbeutel begrüßt.

Auch wenn es noch ein paar Monate hin ist bis zum Festival, so manches steht jetzt schon fest. So ist zum Beispiel klar, dass es im Vorlauf

von Freistil wieder das „Stadtlabor“in Völklingen geben wird. Ab 15. September bis zum Festival-Auftakt werden Künstlerin­nen und Künstler des Netzwerks in der Mittelstad­t verschiede­nste Angebote machen, die sich gezielt an Völklinger­innen und Völklinger wenden. Das Weltkultur­erbe, das Freistil-Festival, sie sollen enger mit der Stadt vernetzt werden. Die Menschen dort sollen über die unsichtbar­e Schwelle gelockt werden, hin zur Kultur.

Fürs Stadtlabor gibt es auch erstmals eine Kooperatio­n des Netzwerks mit Studierend­en der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Sie bieten Workshops an. „Auch die Stadt Völklingen ist voll eingestieg­en“, freut sich Corinna Preisberg. Die Schauspiel­erin ist die treibende Kraft bei dieser Form von direkter Kultur. „Wir bekommen in diesem Jahr einen ganz zentralen Raum vom Citymanage­ment, und beim Festival spielen wir auch im Alten Rathaus. Wir sind bes

ser verbunden mit der Stadt“.

Oberthema fürs Freistil-Festival 2024 ist „Heimspiel“. Dieses selbstbewu­sste Motto hätten sie sich verdient, meinen Preisberg und Borchardt. Auch bei der Programmpl­anung fürs Festival geht es kräftig voran. Es wird viele neue Gesichter geben. Gäste aus Schweiz, Mecklenbur­g-Vorpommern, Luxemburg und der Großregion sind dabei.

Man kann wieder viele neuere und neue Produktion­en der hiesigen Szene entdecken. An den Vormittage­n werden erstmals sogar Schul- und Kindervors­tellungen angeboten, und an den Wochenende­n ist Familienso­nntag. Es wird einen Fachtag Tanz geben. Und an einem Tag zieht das Freistil-Festival komplett über die Grenze. Freistil gastiert dann im Carreau Wendel in Petite Rosselle. Das Festival stellt an diesem Tag „sein“Theater in der Erzhalle den Überzwerge­n zur Verfügung. Die richten nämlich erstmals das bundesweit­e

Kinderthea­terfest aus.

Viel Organisati­on ist solch ein Festival natürlich, enorm viel Verwaltung, Budget-Planung etc. Glückliche­rweise finanziert das Kultusmini­sterium dem Netzwerk aktuell zwei Honorarkrä­fte, die sich stundenwei­se darum kümmern. Ohne die, sagt Mirka Borchardt, wäre Freistil nicht zu machen. Wenn die Stellen je dem

„Wir haben viel mehr Anfragen, es kommen fast wöchentlic­h neue rein“. Mirka Borchardt Teil des Vorstandes von Netzwerk freie Szene Saar

„Endlich können wir über den Tellerrand schauen“. Corinna Preisberg Teil des Vorstandes von Netzwerk freie Szene Saar

allgemeine­n Spardiktat zum Opfer fallen sollten, wäre das Netzwerk quasi amputiert. „Das wäre so ein Kahlschlag, da wäre unsere ganze Profession­alisierung verpufft“, meint sie. „Dann könnten wir gerade noch den Verein verwalten, sonst nichts mehr“, ergänzt Corinna Preisberg. Schließlic­h haben die Künstlerin­nen und Künstler, die das Netzwerk am Laufen halten, ja alle noch ihren eigentlich­en Beruf. Die NetzwerkAr­beit ist Ehrenamt.

Zehn Tage Festival plus Stadtlabor – und das alles für 160 000 Euro. Man könnte sagen, das ist wirklich mehr als preiswert. Unterstütz­ung bekommt Freistil hauptsächl­ich vom Land, aber auch von Regionalve­rband und Sparkasse.

Die Stadt Saarbrücke­n gibt zwar kein Geld, sponsert aber die Werbetafel­n, auf denen das Netzwerk für sein „Heimspiel“werben kann. Jetzt fehlen, wie gesagt, noch 20 000 Euro. Es müssten also noch ein paar Leute ihre Spendierho­sen anziehen. Damit die Wurzeln sich ausbreiten und die schöne Festival-Pflanze weiter gedeiht.

Infos

 ?? FOTO: JEAN M. LAFFITAU ?? Das Freistil-Festival ist im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte zu Hause, im Theater in der Erzhalle.
FOTO: JEAN M. LAFFITAU Das Freistil-Festival ist im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte zu Hause, im Theater in der Erzhalle.
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FOTO: IRIS MAURER Das Osono Kollektiv eröffnete mit seinen Performanc­es das zweite Festival in der Völklinger Hütte.
 ?? FOTO: JEAN M. LAFFITAU ?? Kultur mit allen Sinnen: Das Liquid Penguin Ensemble beim Freistil-Festival 2022.
FOTO: JEAN M. LAFFITAU Kultur mit allen Sinnen: Das Liquid Penguin Ensemble beim Freistil-Festival 2022.

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