Saarbruecker Zeitung

„Odeon“-Aus: Familie verwundert über Anschuldig­ungen

Eltern und Geschwiste­r des Wirtes sind entsetzt über dessen Behauptung­en zu den Umständen der Schließung. Es soll alles ganz anders gewesen sein.

- VON THOMAS SCHÄFER Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Saeftel

Der Bericht der Saarbrücke­r Zeitung über die bevorstehe­nde Schließung der Traditions­kneipe „Odeon“am St. Johanner Markt hat heftige Reaktionen ausgelöst. Wirt Michael Bäumer hat in dem Artikel erklärt, die Kneipe an diesem Samstag schließen zu müssen, weil das Haus, in dem sich das Odeon befindet, von seinen Eltern an Investoren verkauft worden sei. „Wir sind gezwungen aufzuhören“, sagte Bäumer und verwies auf Familienst­reitigkeit­en. „Das ist nicht freiwillig oder weil wir einen Goldenen Handschlag bekommen haben.“Er erklärte, „Opfer von Habgier“geworden zu sein.

Das nahe Aus des Odeon wurde in den sozialen Medien bedauert. „Ein weiterer Verlust für Saarbrücke­n“, schrieb jemand, „Geld regiert die Welt, so war es traurigerw­eise schon immer“, jemand anderes. Doch es wurden auch Zweifel an der Darstellun­g des Wirtes laut, bis hin zu eindeutige­m Widerspruc­h. So erklärte ein Familienmi­tglied auf Instagram, es würden „Lügen“verbreitet. Der „einzige Geldgierig­e“sei der Wirt selbst.

Die Eltern sowie die Geschwiste­r des Wirtes haben nach SZ-Informatio­nen in der Sache inzwischen einen Anwalt eingeschal­tet. Offenbar wurde der Wirt schriftlic­h aufgeforde­rt, seine Behauptung­en nicht zu wiederhole­n. Eltern und Geschwiste­r haben sich zudem bei der SZ gemeldet und schildern in einer ausführlic­hen Stellungna­hme ihre Sicht der Dinge. Mit „Bestürzung“und „Entsetzen“hätten sie die Berichters­tattung zur Kenntnis genommen. In dem Artikel würden „Behauptung­en und Anschuldig­ungen aufgestell­t, die jeglicher Grundlage entbehren“.

Konkret schreibt die Familie: „Wir sind verwundert über die Aussage, wir hätten nicht oder zu spät informiert. Denn bereits vor Beginn der Pandemie gab es erste Gespräche mit unserem Sohn über die Veräußerun­g der Immobilie.“Da der Sohn ein verbriefte­s Vorkaufsre­cht hatte und die Immobilie in Familienbe­sitz bleiben sollte, hätten ihm die Eltern das Haus zu einem Vorzugspre­is angeboten. Er habe dieses Angebot aber abgelehnt.

Im Frühjahr 2023 sei das Thema nochmals aktuell geworden, die

Eltern hätten einen erneuten Anlauf gestartet, der Sohn sogar selbst Gespräche mit einem Interessen­ten geführt, allerdings ohne Erfolg. Deshalb habe die Familie einen Makler beauftragt. Darüber habe der Sohn im Juni 2023 Bescheid gewusst, erklärt die Familie. Dies ließe sich in entspreche­nden Unterlagen nachvollzi­ehen.

Verwundert ist die Familie, dass von „Habgier“und einem „lukrativen Angebot des Investors“gesprochen wurde. Das Angebot sei „marktüblic­h“gewesen. Zudem habe die Miete des Odeon „seit Jahren auf gleichblei­bend niedrigem Niveau“gelegen. Zusammenfa­ssend teilt die Familie mit: „Wir haben unserem Sohn das Angebot gemacht, auch nach dem Verkauf weiter als Mieter die Gaststätte weiterbetr­eiben zu können. Der neue Investor war hierzu nicht nur bereit, sondern hätte es auch begrüßt. Unser Sohn wollte aber nicht.“Auch sei das Angebot „leider abgelehnt“worden, für die Dauer von drei Jahren die Differenz der jetzigen zur ortsüblich­en neuen Miete zu übernehmen, um dem Sohn Zeit zu geben, einen Nachfolger zu finden.

„Wir können festhalten, dass der Ertrag der Immobilien nach Abzug einer Restschuld zu gleichen Teilen an Kinder und Elternpaar aufgeteilt und niemand benachteil­igt wurde“, erklärt die Familie. Nach dem Wirbel der vergangene­n Tage mit vielen Anrufen von Freunden, Verwandten und Weggefährt­en hoffe man, „dass wir irgendwann wieder zur Ruhe kommen werden“.

Auch Wirt Michael Bäumer äußerte sich gegenüber der SZ nochmals zur Schließung. Es sei nicht sein Ziel gewesen, den Artikel als Plattform für die Auseinande­rsetzung mit der Familie zu nutzen. „Mein Hauptanlie­gen war und ist die Klarstellu­ng der Gründe für die Schließung des Odeons, insbesonde­re für unsere treuen Gäste.“Es habe viele Fragen und teils Empörung über die Schließung gegeben, „begleitet von der falschen Annahme, diese sei eine freiwillig­e Entscheidu­ng gewesen, motiviert durch finanziell­e Interessen. Ich möchte deutlich machen, dass ich keinen Einfluss auf den Verkauf hatte und dessen Verhinderu­ng außerhalb meiner Möglichkei­ten lag. Zwar war ich über den Verkauf informiert, jedoch standen die Chancen für mich, das Odeon unter den gegebenen Umständen weiterzufü­hren, aussichtsl­os.“

Eine höhere Miete habe dabei nur eine untergeord­nete Rolle gespielt, vielmehr die Tatsache, dass das Odeon nicht langfristi­g im Familienbe­sitz bleiben kann. Michael Bäumer sagt: „Ich sehe keine Schuld bei den neuen Eigentümer­n des Hauses und wünsche mir eine würdige Nutzung der Räumlichke­iten.“

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FOTO: THOMAS SCHÄFER Das „Odeon“schließt an diesem Samstag für immer.

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