„Odeon“-Aus: Familie verwundert über Anschuldigungen
Eltern und Geschwister des Wirtes sind entsetzt über dessen Behauptungen zu den Umständen der Schließung. Es soll alles ganz anders gewesen sein.
Der Bericht der Saarbrücker Zeitung über die bevorstehende Schließung der Traditionskneipe „Odeon“am St. Johanner Markt hat heftige Reaktionen ausgelöst. Wirt Michael Bäumer hat in dem Artikel erklärt, die Kneipe an diesem Samstag schließen zu müssen, weil das Haus, in dem sich das Odeon befindet, von seinen Eltern an Investoren verkauft worden sei. „Wir sind gezwungen aufzuhören“, sagte Bäumer und verwies auf Familienstreitigkeiten. „Das ist nicht freiwillig oder weil wir einen Goldenen Handschlag bekommen haben.“Er erklärte, „Opfer von Habgier“geworden zu sein.
Das nahe Aus des Odeon wurde in den sozialen Medien bedauert. „Ein weiterer Verlust für Saarbrücken“, schrieb jemand, „Geld regiert die Welt, so war es traurigerweise schon immer“, jemand anderes. Doch es wurden auch Zweifel an der Darstellung des Wirtes laut, bis hin zu eindeutigem Widerspruch. So erklärte ein Familienmitglied auf Instagram, es würden „Lügen“verbreitet. Der „einzige Geldgierige“sei der Wirt selbst.
Die Eltern sowie die Geschwister des Wirtes haben nach SZ-Informationen in der Sache inzwischen einen Anwalt eingeschaltet. Offenbar wurde der Wirt schriftlich aufgefordert, seine Behauptungen nicht zu wiederholen. Eltern und Geschwister haben sich zudem bei der SZ gemeldet und schildern in einer ausführlichen Stellungnahme ihre Sicht der Dinge. Mit „Bestürzung“und „Entsetzen“hätten sie die Berichterstattung zur Kenntnis genommen. In dem Artikel würden „Behauptungen und Anschuldigungen aufgestellt, die jeglicher Grundlage entbehren“.
Konkret schreibt die Familie: „Wir sind verwundert über die Aussage, wir hätten nicht oder zu spät informiert. Denn bereits vor Beginn der Pandemie gab es erste Gespräche mit unserem Sohn über die Veräußerung der Immobilie.“Da der Sohn ein verbrieftes Vorkaufsrecht hatte und die Immobilie in Familienbesitz bleiben sollte, hätten ihm die Eltern das Haus zu einem Vorzugspreis angeboten. Er habe dieses Angebot aber abgelehnt.
Im Frühjahr 2023 sei das Thema nochmals aktuell geworden, die
Eltern hätten einen erneuten Anlauf gestartet, der Sohn sogar selbst Gespräche mit einem Interessenten geführt, allerdings ohne Erfolg. Deshalb habe die Familie einen Makler beauftragt. Darüber habe der Sohn im Juni 2023 Bescheid gewusst, erklärt die Familie. Dies ließe sich in entsprechenden Unterlagen nachvollziehen.
Verwundert ist die Familie, dass von „Habgier“und einem „lukrativen Angebot des Investors“gesprochen wurde. Das Angebot sei „marktüblich“gewesen. Zudem habe die Miete des Odeon „seit Jahren auf gleichbleibend niedrigem Niveau“gelegen. Zusammenfassend teilt die Familie mit: „Wir haben unserem Sohn das Angebot gemacht, auch nach dem Verkauf weiter als Mieter die Gaststätte weiterbetreiben zu können. Der neue Investor war hierzu nicht nur bereit, sondern hätte es auch begrüßt. Unser Sohn wollte aber nicht.“Auch sei das Angebot „leider abgelehnt“worden, für die Dauer von drei Jahren die Differenz der jetzigen zur ortsüblichen neuen Miete zu übernehmen, um dem Sohn Zeit zu geben, einen Nachfolger zu finden.
„Wir können festhalten, dass der Ertrag der Immobilien nach Abzug einer Restschuld zu gleichen Teilen an Kinder und Elternpaar aufgeteilt und niemand benachteiligt wurde“, erklärt die Familie. Nach dem Wirbel der vergangenen Tage mit vielen Anrufen von Freunden, Verwandten und Weggefährten hoffe man, „dass wir irgendwann wieder zur Ruhe kommen werden“.
Auch Wirt Michael Bäumer äußerte sich gegenüber der SZ nochmals zur Schließung. Es sei nicht sein Ziel gewesen, den Artikel als Plattform für die Auseinandersetzung mit der Familie zu nutzen. „Mein Hauptanliegen war und ist die Klarstellung der Gründe für die Schließung des Odeons, insbesondere für unsere treuen Gäste.“Es habe viele Fragen und teils Empörung über die Schließung gegeben, „begleitet von der falschen Annahme, diese sei eine freiwillige Entscheidung gewesen, motiviert durch finanzielle Interessen. Ich möchte deutlich machen, dass ich keinen Einfluss auf den Verkauf hatte und dessen Verhinderung außerhalb meiner Möglichkeiten lag. Zwar war ich über den Verkauf informiert, jedoch standen die Chancen für mich, das Odeon unter den gegebenen Umständen weiterzuführen, aussichtslos.“
Eine höhere Miete habe dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt, vielmehr die Tatsache, dass das Odeon nicht langfristig im Familienbesitz bleiben kann. Michael Bäumer sagt: „Ich sehe keine Schuld bei den neuen Eigentümern des Hauses und wünsche mir eine würdige Nutzung der Räumlichkeiten.“