Selbst im Bankpolster steckt tiefe Symbolik
Der Dudweiler Heilig-Geist-Kirche sieht man außen nicht an, was alles in ihr steckt: gegenständlich wie geschichtlich und eben symbolisch.
Seit ihrer feierlichen Einweihung 1967 bietet die Dudweiler Heilig-Geist-Kirche Christen einen Ort der Begegnung. In der dokumentierten, über tausendjährigen Geschichte Dudweilers fällt die rasante Bevölkerungszunahme im 19. Jahrhundert ins Auge. Geschuldet ist diese demografische „Explosion“der Entstehung von Kohlegruben und Eisenhütten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Bevölkerung von Dudweiler weiter stetig. Es entstanden im Süden und Norden neue Wohngebiete, die auch die beiden Kirchengemeinden, katholische wie evangelische, veranlassten, neue Kirchen und Gemeinderäume zu planen und zu bauen.
„Um dem neuen Stadtteil ein kirchliches Zentrum zu geben, haben sich die damaligen Verantwortlichen bereits 1948 im kleinen Kreis Gedanken gemacht“, sagt Günther
Kliebenstein, der als Presbyter, Prädikant, Gemeindearchivar und gebürtiger Dudweiler die Geschichte der Heilig-Geist-Kirche kennt. Die Entwicklung des Ensembles mit Heilig-Geist-Kirche, Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Küsterwohnung und Pfarrhaus zog sich über beinahe 20 Jahre hin. Sie begann mit dem Grundstückstausch mit der politischen Gemeinde und endete mit der erwähnten Einweihung 1967.
Zunächst wurde das Gemeindezentrum mit Gemeindesaal, Gruppenräumen, Küsterwohnung und dem Kindergarten gebaut. Danach entstanden der untere Teil des freistehenden Kirchturms und das Pfarrhaus. Bei der feierlichen Glockenweihe am 29. Oktober 1961 erhielt übrigens jeder Besucher ein Miniglöckchen als Geschenk. Presbyter Kliebenstein besitzt seines noch.
Ihren Abschluss fand die intensive Bautätigkeit um das Gemeindezentrum mit der Realisierung der eigentlichen Kirche und dem oberen Teil des Turmes 1966/67 nach den Plänen von Professor Rudolf Krüger. Der aus Stahlbeton und Ytongsteinen errichtete, 350 Sitzplätze fassende Bau hat die Form eines fünfeckigen Zeltes. Dazu findet die Theologie folgende Erklärung: „Die fünfeckige Struktur weist auf die fünf Bücher Mose, beziehungsweise die fünf Wunden Christi am Kreuz hin“, erklärt der heutige Pfarrer Heiko Poersch.
Hauptzierde der am Trinitatisfest (Dreifaltigkeitssonntag) 1967, damals am 21. Mai, eingeweihten Kirche waren die besonders farblich gestalteten abstrakten Betonglasfenster von Ferdinand Selgrad, die den dritten Glaubensartikel, das Wirken des Heiligen Geistes, darstellen. „Überhaupt finden sich in unserer Kirche neben diesem Fenster weitere Hinweise auf den Heiligen Geist in der dominierenden Farbe Rot etwa in den Polsterauflagen der Kirchenbänke oder über dem Eingang mit dem Symbol ,Alpha und Omega' aus der Offenbarung des Johannes“, sagt Pfarrer Poersch.
Die 1970 eingebaute Orgel stammt von der Bautzener Orgelbaufirma Hermann Eule. Altar und Kanzel sind aus afrikanischem Sipo-Holz, der Taufstein aus weißem italienischem Colombo-Marmor. Fünf Glocken der Gießerei Rincker aus Sinn in Hessen von 1961 hängen im 26Meter hohen Kirchturm. Die größte, die Sterbeglocke, wiegt 746 Kilo, die kleinste, die Taufglocke, immerhin noch 213 Kilo. Dazwischen rufen Abend-, Vater-Unser- und Trauglocke zum Gottesdienst, allerdings seit 1990 mit reduzierter Schwingungsgeschwindigkeit, „...aus statischen Gründen“, erklärt Pfarrer Poersch.
Besonderen Raum gewährt die Evangelische Kirchengemeinde
Dudweiler/Herrensohr den Kindern. Hinter dem Altar steht die angebrachte Botschaft in den Farben des Regenbogens „Von allen Seiten umgibst du mich Herr und hältst Deine Hand über mir“. Besonders anrührend wirkt die vor einigen Jahren gestaltete Wand auf den grauen Ytongsteinen direkt hinter dem Taufbecken und der Osterkerze: ein angedeuteter Fischschwarm mit den Namen der Kinder, die seit dieser Zeit in der Kirche das Sakrament ihrer Taufe empfangen haben. Alles in allem eine „evangelisch schlichte“, eine sogenannte Predigtkirche (der guten Akustik wegen), die ihrem Anspruch bis heute gerecht wird.
Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor.
Produktion dieser Seite: Michaela Heinze
Oliver Spettel