Ex-Verfassungsrichter di Fabio gibt AfD-Verbot kaum Chancen
(dpa) Dass die AfD und ihre Nachwuchsorganisation, die Junge Alternative ( JA), von Jahr zu Jahr mit radikaleren Sprüchen auffallen, ist in Gutachten, Gerichtsentscheidungen und Protokollen von Plenarsitzungen nachzulesen. Dennoch hält eine Mehrheit von Verfassungsrechtlern und Politikern bislang nichts von dem bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zuletzt oft vorgetragenen Wunsch nach einem Verbot der Partei.
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, glaubt sogar, ein voreilig gestellter Antrag auf ein Verbot der AfD würde der Partei in den 2024 anstehenden Wahlkämpfen einen Vorteil verschaffen. Tatsächlich könnte sie dadurch für Protestwähler womöglich noch attraktiver werden.
„Wir müssen die AfD, einschließlich ihrer Untergliederungen vor allem politisch bekämpfen und bei jedem Verbotsverfahren sehr sorgfältig prüfen, ob es dieser Partei, zumindest kurzfristig, nicht mehr nutzen als schaden könnte“, sagt der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Bis eine Entscheidung über einen solchen Antrag vorläge, würden nach Einschätzung von Fachleuten wahrscheinlich mehrere Jahre vergehen.
Darüber, ob eine Partei verboten wird, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Einen entsprechenden Antrag kann der Bundestag stellen. Auch die Bundesregierung und der Bundesrat haben diese Möglichkeit.
Der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio beurteilt die Erfolgschancen eines Antrags auf ein Verbot der AfD momentan als gering, zumindest wenn man nur auf das Programm der Partei und die öffentlichen Äußerungen ihres Führungspersonals schaut. Bei einer Aufzeichnung des Podcasts „Einspruch“der FAZ sagte er im Januar: „Das, was ich von außen sehen kann, ohne nachrichtendienstliche Quellen, da bin ich eigentlich ziemlich sicher, dass das nicht ausreicht.“Er wolle daher davor warnen, einen solchen Antrag, über den vermutlich erst in einem Jahr oder in zwei Jahren entschieden würde, jetzt zu stellen. Der Jurist fügte hinzu: „Die AfD, das kann man, glaube ich, ohne nachrichtendienstliche Beobachtung sagen, hat sich radikalisiert seit ihrer Gründung, und wenn das so weitergeht mit der Radikalisierung, dann sollte man das Pulver trocken halten für eine künftige Entwicklung.“Denn falls 2025 oder 2026 ein Verbotsantrag abgelehnt würde, wäre es aus Sicht von di Fabio sehr schwer, einen neuen Antrag zu stellen, falls es im Jahr 2027 eine „ernsthaft verfassungsfeindliche AfD“geben sollte.