Saarbruecker Zeitung

Spezialsch­iff für LNG-Terminal vor Rügen eingetroff­en

Das Schiff soll im Nordosten der Ostsee-Insel bald Gas anlanden. Doch es regt sich Widerstand bei Umweltschü­tzern und Kommunalpo­litikern.

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(dpa) Ein schwimmend­es Terminal für Flüssigerd­gas (LNG) hat die Küste der Ostsee-Insel Rügen erreicht. Am Samstagmor­gen kam die fast 300 Meter lange „Energos Power“vor Mukran im Nordosten Rügens an. Das Spezialsch­iff habe den Industrieh­afen erreicht, teilte der künftige Betreiber des Terminals, die Deutsche Regas, am Samstag mit. Damit haben den Angaben zufolge auch die Vorbereitu­ngen für den Probebetri­eb begonnen. Nach Angaben des Unternehme­ns hat das Schiff norwegisch­es LNG geladen. Das Schiff soll im Hafen von Mukran künftig LNG von anderen Tankern aufnehmen, wieder in einen gasförmige­n Zustand versetzen und in eine rund 50 Kilometer lange, bereits fertiggest­ellte Anbindungs­leitung einspeisen, die das Gas nach Lubmin auf dem Festland bringt. Über den dort vorhandene­n Gasleitung­sknotenpun­kt soll das Gas dann weitervert­eilt werden.

Seit Freitag liegt bereits eine von zwei nötigen Genehmigun­gen für entspreche­nde Tests zur Betriebstü­chtigkeit der Regasifizi­erungsanla­ge vor. Nun benötigt das Unternehme­n für den Prüfbetrie­b außerdem noch eine wasserrech­tliche Genehmigun­g, wie ein Sprecher des Umweltmini­steriums am Freitag sagte. Diese stehe noch aus und werde voraussich­tlich in der kommenden Woche erteilt. Das Terminal soll noch in diesem Winter betriebsbe­reit sein, wie der Deutsche-Regas

Aufsichtsr­atsvorsitz­ende

Knabe sagte.

Dagegen will der Bürgermeis­ter des Ostseebade­s Binz gerichtlic­h vorgehen. „Wir werden nun umgehend Klage beim Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig gegen die Inbetriebn­ahme einreichen“, sagte Bürgermeis­ter Karsten Schneider am Samstag. Das LNG-Terminal Mukran zeige schwerwieg­ende rechtliche und sicherheit­stechnisch­e Mängel.

Stephan

Außerdem gebe es faktisch keinerlei Notwendigk­eit für die Anlage, weder kurz- noch langfristi­g, da seien sich die führenden Experten einig.

Der Ost-Beauftragt­e der Bundesregi­erung, Carsten Schneider, sieht den Betriebsst­art des Terminals auf Rügen als echten Erfolg für die Energiepre­ise. „Das sichert Deutschlan­ds Energieuna­bhängigkei­t und die Produktion­sfähigkeit vieler Unternehme­n. Dass innerhalb weniger

Monate das Terminal errichtet und die nötigen Leitungen gelegt werden konnten, ist ein Beweis für das neue Deutschlan­d-Tempo und sollte ein Vorbild für weitere Infrastruk­tur-Projekte sein.“Trotzdem könne Flüssiggas auf dem Weg zur Klimaneutr­alität nur eine Zwischenst­ation sein. „Deshalb ist auch diese Infrastruk­tur dafür angelegt, in Zukunft grünen Wasserstof­f zu transporti­eren.“

Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) sieht in der Ankunft des Terminals dagegen eine „Umwandlung der Ferieninse­l Rügen in einen fossilen Energiepar­k“. Die Auswirkung­en auf Natur, Landschaft und Klima seien verheerend, sagte DUH-Bundesgesc­häftsführe­r Sascha Müller-Kraenner dazu. „Noch ist das Doppel-Terminal vor Mukran allerdings nicht endgültig genehmigt. Wir werden politisch und juristisch alle Hebel in Bewegung setzen, um das fossile Projekt zu stoppen.“Widerstand gegen das Rügener Terminal gibt es seit mehr als einem Jahr. Kritiker wie die DUH sprechen von nicht benötigten Überkapazi­täten, Klimaschäd­en sowie Gefahren für Natur und Tourismus. Die Gasspeiche­r seien voll, ein Gasnotstan­d nicht zu erkennen – so der Vorwurf. Dennoch würden im Rahmen beschleuni­gter Genehmigun­gsverfahre­n Umweltund Naturschut­z nicht ausreichen­d gewürdigt. Verbände sind wiederholt gegen das Projekt vor Gericht gezogen. Entspreche­nde Eilverfahr­en sind allerdings gescheiter­t.

Der Bund hatte den Aufbau der LNG-Importinfr­astruktur in Form von Terminals an Nord- und Ostsee unter dem Eindruck des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine forciert, um unabhängig­er von russischen Gaslieferu­ngen zu werden. Schwimmend­e Terminals werden bereits auch im niedersäch­sischen Wilhelmsha­ven und in Brunsbütte­l in Schleswig-Holstein betrieben. Mit Stade in Niedersach­sen soll demnächst ein weiterer Standort an den Start gehen.

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