Aussage steht gegen Aussage
Das Drama „ Sie sagt. Er sagt.“zeigt eine Gerichtsverhandlung zu einem sensiblen Thema.
(ry) In einem Strafprozess am Berliner Landgericht wird der Vorwurf einer Vergewaltigung verhandelt. Es steht Aussage gegen Aussage – juristisch wie menschlich ein scheinbar unauflösbares Dilemma, das eine ungeheure Sprengkraft entfaltet. Denn über die berufliche und private Zukunft zweier Menschen hinaus geht es in dem Justizdrama „Sie sagt. Er sagt.“nach einem Drehbuch des Juristen Ferdinand von Schirach um nicht weniger als um die Werte und Vorurteile, die die Menschen als Gesellschaft ausmachen. Es ist ein Fall von hoher öffentlicherAufmerksamkeit: Die bekannteTV-Moderatorin Katharina Schlüter (InaWeisse) und den Industriellen Christian Thiede (GodehardGiese) verbindet eine jahrelange heimliche Affäre. Jetzt sitzen sie einander als feindliche Parteien im Gerichtssaal gegenüber. Im Zeugenstand schildert Schlüter, wie aus dem zunächst einvernehmlichen Sex in Thiedes Wohnung eine Vergewaltigung wurde. Doch reichen Indizien wie Spermaspuren aufdemKleid, das sie an demTag trug, als Beweismittel aus? Die Vorsitzende Richterin ( Johanna Gastdorf ) vernimmt Sachverständige und Zeugen. Strafverteidigerin Breslau (HenrietteConfurius) und der Anwalt der Nebenklage, Biegler (Matthias Brandt), liefern darüber hinaus eindrückliche
Plädoyers. Doch eine unerwartete Wendung der Verhandlung macht esdemGericht nicht leichter, über Glaubwürdigkeit undWahrheit zu entscheiden.
Autor Ferdinand von Schirach gibt zu Bedenken, dass es den Begriff des Bösen im deutschen Strafgesetzbuch nicht gibt. Es beschreibt lediglich, was Vergehen und Verbrechen sind, ein Sachverhalt werde aufgelöst in Tat, Rechtswidrigkeit und Schuld. Schlussendlich ist es einem Rich
ter überlassen, darüber zu urteilen, ob ein Mensch Unrecht getan hat und wie er zu bestrafen ist. „Über die Schuld oder Unschuld eines Menschen wird in einem Rechtsstaat nicht in Zeitungen entschieden, nicht im Fernsehen, nicht in den SozialenMedien und nicht in den Foren des Internets. In einem Strafverfahren versuchen dieRichter, die Wahrheit herauszufinden. Sie hören Zeugenund Sachverständige, sie sehen sich sorgfältig die vorgelegten Beweise an, sie prüfen
die Argumente des Staatsanwalts, des Nebenklägers und des Verteidigers. Aber es gibt keineWahrheit umjeden Preis“, gibt von Schirach zu bedenken. Der Film stellt dabei folgende Fragen: Wie lässt sich der Vorwurf einer Vergewaltigung unvoreingenommen erfassen? Wie lässt sich über Schuld oder Unschuld urteilen, wenn Aussage gegen Aussage steht? Was ist Wahrheit, und was ist Gerechtigkeit?