Speditionen im Saarland unter Druck
Armin Rein, Präsident des Landesverbandes Verkehrsgewerbe Saarland, spricht über die angespannte Lage der Brummi-Fahrer und wie hoch die finanzielle Mehrbelastung durch Maut und CO2-Aufschlag ist.
Die Speditionsbranche hat massiv zu kämpfen, soll aber gleichzeitig die Verkehrswende hin zu mehr Klimaneutralität stemmen. „Viele Kollegen stehen schon jetzt mit dem Rücken an der Wand“, sagt Armin Rein. Der Saarlouiser Unternehmer ist Präsident des Landesverbandes Verkehrsgewerbe Saarland (LVS). „Dabei sind wir es, die die Wirtschaft mit unseren Versorgungsdienstleistungen am Laufen halten.“85 Prozent der Güter „werden mit dem Lkw transportiert“. Im Saarland beschäftigt die Branche rund 10 000 Frauen und Männer.
Besonders ärgert Rein die Belastung, die mit der Einführung der CO2-Maut auf die Brummi-Betreiber zugekommen ist. „Anfang Dezember hat sich dadurch die Gesamt-Maut mit einem Plus von 83 Prozent nahezu verdoppelt“, erinnert er. Allein diese Maut-Erhöhung „führt zu einer Mehrbelastung pro schwerem Lkw von etwa 20 000 Euro pro Jahr – je nach Einsatz und Strecke“. Im Januar „wurde dann noch der CO2-Aufschlag draufgepackt, der sich beim Diesel mit 4,7 Cent pro Liter bemerkbar macht“. Diese Zusatzkosten „müssen wir leider an unsere Kunden und demzufolge an den Endverbraucher weitergeben.“Hinzu komme, dass durch den CO2Aufschlag „die deutschen Fuhrunternehmer einen Nachteil gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz haben, die ihre Laster an den Grenzen zu Deutschland mit preiswertem Diesel volltanken – Reichweite 30005000 Kilometer je nach Tank – und so ihre Transportleistungen günstiger anbieten können“. Rein ärgert es außerdem, dass diese Doppelbelastung – CO2-Maut plus Abgabe – „im Koalitionsvertrag der Ampelregierung ausgeschlossen wurde“.
Zudem sollen die Mehreinnahmen aus der CO2-Maut für den Ausbau des Schienenverkehrs investiert werden, „obwohl viele Straßen und Brücken marode sind und es überall an Rastmöglichkeiten für unsere Fahrer fehlt“, sagt Rein. Nach Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen gibt es derzeit 70 000 Lkw-Stellplätze, 90 000 werden hingegen benötigt. Würden neue Rastplätze-Standorte geplant, „formieren sich oft Bürgerinitiativen dagegen“. Im Saarland ist das bei der seit Jahren projektierten Rastanlage Saarwellingen der Fall. Dieser Mangel an geeigneten Raststätten „führt dazu, dass die hygienischen Bedingungen immer schlimmer werden, was vor allem der wachsenden Zahl der Fahrer und insbesondere Fahrerinnen große Probleme bereitet“.
Zudem soll der Schadstoff-Ausstoß der Lkw-Flotte sinken, indem mehr Fahrzeuge mit alternativen Antrieben – Batterie oder Wasserstoff – auf den Straßen unterwegs sein sollen. „Diese Lastwagen sind derzeit keine Option“, so der Verbandspräsident.
Sie würden nur in kleinen vierstelligen Stückzahlen hergestellt, „doch pro Jahr werden 60 000 Fahrzeuge mit einem Gewicht ab 7,5 Tonnen in Deutschland neu zugelassen“. Nur 0,65 Promille aller 800 000 Lkw, die täglich auf den Straßen unterwegs sind, seien derzeit von der Maut befreit, weil sie elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben werden. Auch die Preise seien happig. Ein E-Brummi „ist dreimal so teuer wie ein Dieselfahrzeug, ein Lkw, der mit Wasserstoff-Elektrolyse angetrieben wird, kostet zehnmal mehr“.
Auf der anderen Seite seien die Förderprogramme zur Anschaffung klimaschonender Nutzfahrzeuge gestrichen worden. „Das ist völlig un
verständlich, da allein die Maut bis 2030 rund 30 Milliarden Euro in die Kassen spült“. Außerdem gebe es keine Lade-Infrastruktur für Transporter mit alternativem Antrieb. Öffentlich zugängliche Megacharger für Elektro-Lkw fehlten komplett. „Dies wird sich so schnell auch nicht ändern, denn das Energienetz stößt schon heute an seine Kapazitätsgrenzen und kann diesen Mehrbedarf gar nicht abdecken.“
Rein erinnert daran, dass das Speditionsgewerbe „schon einen erheblichen Beitrag zum Umweltschutz geleistet hat“. Seit 1970 die erste Abgasnorm in der EU eingeführt wurde, „ist die Schadstoffbelastung unserer Lkw um 80 Prozent
gesunken“. Diese Bilanz könne noch verbessert werden, „wenn der DieselErsatzkraftstoff HVO 100 in Deutschland flächendeckend zur Verfügung stehen würde“. Die Basis dieses Diesel-Kraftstoffs sind hydrierte Pflanzenöle (HVO, englisch Hydrogenated Vegetable Oils), bei denen neben diesen Ölen auch Abfälle sowie Öle und Fette aus Reststoffen – beispielsweise gebrauchtes Speiseöl – eingesetzt werden. Er kann beliebig mit klassischem Diesel-Kraftstoff vermischt werden oder diesen sogar zu 100 Prozent ersetzen (HVO100). „Beim Einsatz dieses Kraftstoffs könnten wir den CO2-Ausstoß unserer Fahrzeugflotte um weitere 90 Prozent senken.“