Beeindruckende Foto-Kunst von Werner Richner in Dillingen
Der Kunstverein Dillingen zeigt in einer Ausstellung die Arbeiten des in Saarlouis lebenden Fotografen.
(gue) Wenn man den Unterschied zwischen Dokumentation und Kunst in der Fotografie erfahren möchte, dann sind Werner Richners Arbeiten ein wunderbares Anschauungsobjekt. Richners Fotos zeigen unsere Welt, wie sie ist und sind insofern Dokumentation des Realen, und doch überhöht der Fotograf das Gesehene mit künstlerischen Mitteln.
Das tut er so akribisch und genau, dass wir die ganze Schönheit der Welt in geballter Form erleben dürfen, so wie sie der Fotograf sieht und einfängt. Richner seziert mit scharfem Blick das, was ist und doch sind es seine ganz subjektiven Eindrücke, die er uns vermittelt.
Grob lässt sich das Werk des in Saarlouis lebenden Fotografen in Landschaft, Architektur und Mensch einteilen. Traumhafte Landschaftseindrücke bestimmen aber Richners Werk. Die leuchtenden Farben stehen dabei in starkem Kontrast zu der fast mythischen Ruhe der Bilder.
Über die sorgfältige Auswahl des Standortes, das richtige Licht und die gewünschte Wettersituation steuert Richner das Motiv. Längere Belichtungszeiten führen zu Unschärfen von Wasserflächen, die zu scheinbar weichgezeichneten Farbflächen verschwimmen. Die Zeit scheint jede Sinnhaftigkeit verloren zu haben. Durch die Schärfe und die harten Kanten entsteht der Eindruck eines Hyperrealismus, der den Bildgegenstand überhöht.
Richner spielt ein gefährliches Spiel, denn oft wählt er Motive, die wir alle kennen und als Touristen gerne knipsen. Das kann schnell in Langeweile kippen und birgt die Gefahr, pittoresk und verspielt zu wirken. Doch davon ist der Künstler weit entfernt. Seine Fotografien haben nichts von den Schnappschüssen, mit denen wir unsere Urlaube festhalten.
Bei Richner ist es gar nicht mehr so sehr das Naturschauspiel der Felsenbögen „Praia das Catedrais“von Ribadeo im Norden Portugals, das beeindruckt, sondern die majestätische Ruhe und die Farbigkeit der horizontalen Felsschichten. Und so sehen wir die Bögen ganz anders, als wir sie kennen und dürfen sie neu sehen. Und nicht selten beschleicht den Betrachter das Gefühl: Das alles ist fast zu schön, um wahr zu sein, wie es Wolfgang Birk, Vorsitzender des Kunstvereins, in seiner Eröffnungsrede ausdrückt.
Wunderbar sind auch zwei Ansichten von Äckern in der Toskana. In Schwarzweiß gehalten, fangen die Werke in ihrer scheinbaren Grobkörnigkeit analoger Fotografie die trockenen Böden ein und verstärken die vom Pflug wellengeformten Böden in ihrem Spiel aus Licht und Schatten. Überhaupt kann Richner auch reduziert. Etwa, wenn er die Flusslandschaft des Couesnon im fahlen Licht aufscheinen lässt. Auch hier scheint die Zeit stillzustehen, das intensive Erleben der Landschaft rückt ganz in den Mittelpunkt. Man meint fast schon, die Erde riechen zu können.
In seinen Architekturaufnahmen spielt Richner dann wieder mit Farbe und Licht. Grandios etwa seine Aufnahme von „El Hemisférico“. Das von Santiago Calatrava entworfene Gebäude in der „Ciutat de les Arts i les Ciències“in Valencia bildet mit der Wasserspiegelung ein Auge. Bei Richner wird der überdimensionale Bau zu einem gegen den dunkelblauen Himmel abgesetzten Gerippe aus Stahl, Glas und Licht. Die „Cathédrale de la Résurrection“im französischen Évry wird zum Raumschiff und Fassaden moderner Gebäude zu abstrakten „Gemälden“aus Linien.
Wer Richners Werk kennt, wird beim Namen des Künstlers vor allem an die Landschaftsaufnahmen denken, wenige auch an die Architekturaufnahmen, tatsächlich fotografiert Richner immer wieder auch Menschen. In der Ausstellung zeigt der Kunstverein vier Porträts von jungen und alten Menschen.
Beeindruckend sind vor allem die Gesichter zweier alter Männer in Schwarzweiß. „Angesammelte Lebensweisheit“nennt Richner das eine, „Lebensnotwendige Gauloises“das andere. In der hyperrealistischen Nahaufnahme werden die Gesichter zu schrundigen Landschaften, die an Böden erinnern, die das Leben weg erodiert hat. Ganz im Gegensatz dazu die farbige Aufnahme eines jungen Mädchens, deren zarte Gesichtszüge zu einem fast porzellanhaften Eindruck führen.
Das große Verdienst der Ausstellung ist die fast schon retrospektive Übersicht über Richners Werk mit vielen großen Werkserien. Fast alle Fotografien sind mit Acrylglas veredelt, dessen glänzende Oberfläche den Farbeindruck noch verstärkt.
Werner Richner: Works, bis 24. März, Kunstverein Dillingen im Zentrum August Clüsserath. Öffnungszeiten: samstags und sonntags, 14 bis 18 Uhr, freier Eintritt