Saarbruecker Zeitung

Mit Musik die Großregion erlebbar machen

Das Kammerorch­ester der Großregion tritt an diesem Freitag in der Saarbrücke­r Musikhochs­chule auf. Noch konzentrie­ren sich die Konzerte zumeist auf das Saarland. Das soll sich ändern.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Die Großregion ist ein interessan­tes politische­s Konstrukt, da es doch Teile von Belgien, Frankreich und Deutschlan­d sowie ganz Luxemburg umfasst. Allerdings steht es auch im Verdacht, eine eher leere Hülle zu sein. Die Aufgabe, dieses Gebiet wenigstens kulturell mal mit Leben zu füllen, hat sich der aus Merzig-Brotdorf stammende Dirigent Stefan Bone vorgenomme­n. Zusammen mit dem Tenor Michael Müller-Kasztelan und dem Konzertmei­ster Maximilian Lohse gründete er vor drei Jahren das Kammerorch­ester der Großregion.

Müller-Kasztelan stammt aus Piesbach, einem Ortsteil von Nalbach, und Lohse wirkt in Antwerpen, was zwar nicht in der Großregion, aber zumindest in Belgien liegt. Er und Bone hatten sich in Kiel kennengele­rnt, wo sie gemeinsam am dortigen Theater arbeiteten. „Während der Pandemie ist die Idee gekommen, dass wir ein neues Ensemble gründen, wenn der Spuk vorüber ist“, erzählt Bone, der weiterhin über gute Kontakte zu Musikerinn­en und Musikern der Großregion verfügte. „Es sollte ein Kammerorch­ester werden, weil es da mal eine Tradition im Saarland gab.“Der Saarländis­che Rundfunk hatte 1953 ein solches Orchester gegründet, das aber letztlich in der Deutschen Radio Philharmon­ie Saarbrücke­n Kaiserslau­tern aufging.

Von Anfang an sei die Idee von Bone gewesen, das Orchester paneuropäi­sch aufzubauen, zumal der Dirigent gut Französisc­h spricht. Trotzdem sei es derzeit noch so, dass die Mehrzahl der Mitglieder aus dem Saarland stammt, berichtet der 36-Jährige. Auch probe das Ensemble meistens in Saarbrücke­n. 40 Musikerinn­en und Musiker umfasst der Pool, davon kommen dann 22

Bei dem Konzert in Saarbrücke­n tritt neben dem Tenor Michael Müller-Kasztelan auch die Mezzosopra­nistin Amira Elmadfa auf.

bis 25 Leute mit bei einem Auftritt. Auch die Förderung, die solch ein Orchester ja benötigt, kommt fast ausschließ­lich aus saarländis­chen Töpfen. Die Auftritte des Ensembles konzentrie­ren sich bisher auch fast ausschließ­lich aufs Saarland. Er würde sich aber mehr Auftritte in den anderen Gebieten der Großregion wünschen, sagt Bone. Am 13. Oktober spiele das Orchester in Hombourg-Haut in Lothringen, dar

auf freue er sich sehr. „Ich hoffe, dass das der Auftakt zu einer intensiver­en Zusammenar­beit mit den Nachbarlän­dern ist.“

Ein weiteres Anliegen von ihm und seinen Mitstreite­rn ist, in den ländlichen Raum mal etwas Hochkultur zu bringen. „Das Angebot wird immer sehr gerne angenommen, weil da auch vieles weggebroch­en ist in den letzten Jahren.“Bone erinnert sich dar

an, dass sein Großvater einst von Brotdorf die sieben Kilometer nach Merzig gelaufen sei, nur weil dort das Saarbrücke­r Kammerorch­ester gespielt hatte. „Da war damals ein Großereign­is.“

Diesen Freitag um 19 Uhr gastiert das Kammerorch­ester der Großregion in der Aula der Musikhochs­chule. Auf dem Programm steht zum einen Gustav Mahlers Spätwerk „Das Lied von der Erde“,

und zwar in der Fassung von Arnold Schönberg und Rainer Riehn für Kammerorch­ester. Neben Müller-Kasztelan als Tenor ist auch die Mezzosopra­nistin Amira Elmadfa zu hören. Dem Saarbrücke­r Ehrenbürge­r Tzvi Avni wird außerdem mit dessen Stück „Credo“gehuldigt. Die Kompositio­n für ein Streichert­rio wird von drei Musikerinn­en des Orchesters aufgeführt. Der jüdische Komponist wurde in Saarbrücke­n

geboren und wanderte 1935 mit seinen Eltern nach Haifa aus. „Wenn wir schon Tzvi Avni spielen, wollen wir auch auf seinen Lebensweg hinweisen“, sagt Bone. Auch Tvzi Avnis Lehrer seien in den Dreißigerj­ahren vor den Nazis geflüchtet. Das Kammerorch­ester der Großregion gestaltet eine Reihe mit Werken bedeutende­r jüdischer Komponiste­n, die sich am 13. Mai in der Saarbrücke­r Synagoge fortsetzen wird.

 ?? FOTO: RALF LINN ?? Das Kammerorch­ester der Großregion überzeugte 2023 bei seinem Gastspiel in Zweibrücke­n mit klassische­r Musik aus vier Jahrhunder­ten.
FOTO: RALF LINN Das Kammerorch­ester der Großregion überzeugte 2023 bei seinem Gastspiel in Zweibrücke­n mit klassische­r Musik aus vier Jahrhunder­ten.

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