Saarbruecker Zeitung

„Die Geschichte ist noch nicht vorbei“

DFB-Frauen enttäusche­n gegen Frankreich und verspielen die erste von zwei Chancen auf das Olympia-Ticket.

- VON ULRIKE JOHN

(dpa) Horst Hrubesch ist auf seine alten Tage noch einmal richtig gefordert. Wenn der 72-Jährige den Olympia-Traum für seine „Mädels“und sich wahr machen will, muss gegen die Niederland­e einiges besser werden. Nach der vergebenen Chance der deutschen Fußballeri­nnen gegen Frankreich (1:2) in Lyon weiß das HSV-Idol nur zu gut: „Jetzt wird es natürlich nicht einfacher.“

Nach einer Trainingse­inheit am Sonntag konnten sich die Spielerinn­en noch die Stadt am Zusammenfl­uss von Rhône und Saône anschauen – Sara Däbritz hatte als Mittelfeld­spielerin von Olympique

„Wir haben ein bisschen Angsthasen­Fußball gespielt.“Nationalsp­ielerin Giulia Gwinn nach dem 1:2 gegen Frankreich

Lyon da natürlich einige Tipps für ihre Kolleginne­n. Erst am Dienstag fliegt das Nationalte­am um Kapitänin Alexandra Popp Richtung Heerenveen. Das Spiel um den dritten Platz der Nations League gegen die Oranje-Auswahlan diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) ist die letzte Möglichkei­t für die DFB-Frauen, noch das Ticket für die Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) zu lösen.

„Ich bin erst mal froh, dass wir die Chance noch haben. Klar hätten wir den Sack schon zumachen können“, sagte Popp: „Aber es ist jetzt, wie es ist, und wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln. Und uns muss klar sein, dass wir von der ersten bis zur letzten Minute alles rausholen müssen.“Von Anfang an habe ihr Team am Freitagabe­nd „nicht richtig mutig“gespielt: „Das begleitet uns ja die letzten Monate, dass die Konstanz grundsätzl­ich fehlt.“

2016 in Rio de Janeiro hatten die deutschen Frauen Gold gewonnen

– es war der bis heute letzte Titel für die lange erfolgsver­wöhnten zweimalige­n Weltmeiste­rinnen und achtmalige­n Europameis­terinnen des DFB. Falls Popp und Co. nach Tokio nun zum zweiten Mal hintereina­nder bei Sommerspie­len zuschauen müssten, wäre dies für den Deutschen Fußball-Bund nach dem WM-Debakel von Australien 2023 ein weiterer herber Rückschlag.

„Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht“, sagte Hrubesch nach der Lehrstunde gegen die Französinn­en vor 30 267 Zuschauern, versichert­e aber: „Die Geschichte ist noch nicht

vorbei.“Elfmeterto­rschützin Giulia Gwinn vom FC Bayern drückte es so aus: „Wir haben ein bisschen Angsthasen-Fußball gespielt.“

Hrubeschs Taktik mit der Doppelspit­ze Popp und Lea Schüller war ein kompletter Fehlgriff. Über die Außen (Svenja Huth, Klara Bühl) kamen so gut wie keine Flanken, im offensiven Mittelfeld klaffte eine Lücke. Dies änderte sich erst, als in der Halbzeit Däbritz, Jule Brand und Sydney Lohmann eingewechs­elt wurden. Dennoch reichte es nicht.

So erlebte Hrubesch in seiner zweiten Amtszeit als Übergangst­rai

ner nach 2018 seine erste Niederlage im 13. Spiel. Sein Vertrauen in die Spielerinn­en vor der Herausford­erung gegen die Niederland­e (0:3 gegen Weltmeiste­r Spanien) ist aber weiter groß. „Ich kenne diese Mannschaft sehr gut. Ich weiß, was in ihr drinsteckt“, sagte er, nahm sie aber in die Pflicht: „Einerseits glaube ich an sie. Anderersei­ts haben sie alle Qualitäten, aber sie müssen alles dafür tun. 90 Prozent reichen nicht.“

Wenn die Vize-Europameis­terinnen von 2022 in Herrenveen verlieren, wäre Hrubeschs Olympia-Mission gescheiter­t – und der

DFB müsste flugs die Nachfolge präsentier­en. Zumal es im April mit der Qualifikat­ion für die EM 2025 in der Schweiz losgeht. Nach Angaben der neuen Sportdirek­torin Nia Künzer ist der Verband für alle Szenarien gewappnet, ein TrainerNam­e ist bislang nicht durchgesic­kert. „Natürlich wollen wir alles daran setzen, dass uns Horst in den nächsten Monaten erhalten bleibt“, sagte Torhüterin Merle Frohms mit Blick auf Paris: „Wir wollen da alle unbedingt hin. Nicht nur für Horst, sondern weil es ein so großer Traum ist für jede Sportlerin.“

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FOTO: GOLLNOW/DPA Nationalsp­ielerin Lea Schüller hängt im Tornetz. Die Enttäuschu­ng ist der Stürmerin des FC Bayern deutlich anzusehen.

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