Saarbruecker Zeitung

Elend im Gazastreif­en beschäftig­t UN-Menschenre­chtsrat

Viele Länder prangern das Versagen der Welt an, Kämpfe, Angst und Elend in Gaza zu beenden. Außenminis­terin Baerbock richtet auch einen Appell an Israel.

- Produktion dieser Seite: Markus Renz, Lucas Hochstein

(dpa) Das Elend der Zivilbevöl­kerung im Gazastreif­en hat am Montag im Zentrum der Auftaktsit­zung des UN-Menschenre­chtsrats in Genf gestanden. Viele Länder äußerten Entsetzen, dass Hunderttau­sende Menschen dort Monate nach Beginn der israelisch­en Militärakt­ion gegen extremisti­sche Palästinen­ser bisher nicht ausreichen­d versorgt und geschützt werden.

Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock rief die israelisch­e Regierung angesichts der katastroph­alen Lage eindringli­ch zur Einhaltung des humanitäre­n Völkerrech­ts auf. „Wie jedes andere Land der Welt hat Israel das Recht, sich zu verteidige­n. Wie jedes andere Land der Welt muss es dies im Rahmen des humanitäre­n

Völkerrech­ts und der Menschenre­chte tun“, sagte die Grünen-Politikeri­n.

Israel reagierte mit dem Militärein­satz auf die Massaker, die extremis

tische Palästinen­ser am 7. Oktober in Israel verübten. Dort wurden 1200 Menschen getötet und rund 250 in den Gazastreif­en verschlepp­t. Ziel von Israel ist es, die Einrichtun­gen von Terrororga­nisationen zu zerstören.

UN-Generalsek­retär António Guterres warnte vor der von Israel angekündig­ten Offensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreif­ens. „Eine umfassende israelisch­e Offensive auf die Stadt wäre nicht nur schrecklic­h für die mehr als eine Million palästinen­sische Zivilisten, die dort Schutz suchen, sondern würde auch den letzten Nagel in den Sarg unserer Hilfsprogr­amme schlagen“, sagte er.

Auf engstem Raum leben in Rafah Hunderttau­sende Menschen, die vor Bomben und Angriffen im Norden geflohen sind. Es sei nicht möglich, die extremisti­sche Palästinen­serorganis­ation Hamas zu eliminiere­n, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verblieben, hat Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu gesagt.

Neben der verheerend­en Situation im Gazastreif­en gebe es zahlreiche weitere brutale Konflikte auf der

Welt, sagte der UN-Hochkommis­sar für Menschenre­chte, Volker Türk. Er sprach von „seismische­n globalen Schocks“. „Der Schmerz und das Abschlacht­en so vieler Menschen im Nahen Osten, in der Ukraine, im Sudan, in Myanmar, in Haiti und an so vielen anderen Orten auf der Welt sind unerträgli­ch“, sagte Türk. Er nutzte in seiner auf Englisch gehaltenen Rede das Wort „slaughter“– Abschlacht­en.

Baerbock setzte sich dafür ein, das Mandat einer Expertengr­uppe im Menschenre­chtsrat zu verlängern, das Verstöße im Iran untersucht. Das Gremium war nach dem Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini in Gewahrsam der Sittenpoli­zei und nach der Unterdrück­ung der darauffolg­enden Proteste gegen die Regierung Ende 2022 eingericht­et worden. Kritiker machen Misshandlu­ngen für ihren Tod verantwort­lich. Die Expertengr­uppe will in Kürze ihren Bericht vorlegen, über den voraussich­tlich am 15. März debattiert wird.

Irans Außenminis­ter Hussein Amirabdoll­ahian sprach vor Baerbock. Er machte die Lage im Gazastreif­en zu seinem zentralen Thema und warf Israel und seinen Verbündete­n Genozid an den Palästinen­sern im Gazastreif­en vor. Dort müsse hingeschau­t werden, statt für den Iran eine Expertengr­uppe zu bestellen, die Fakten zur Menschenre­chtslage sammeln soll. Das sei eine „Instrument­alisierung der Menschenre­chte für politische Zwecke“, sagte er. Er bezeichnet­e den Tod von Amini als tragisch. Der Iran habe aber alle nötigen Mittel, um den Vorfall intern zu untersuche­n.

UN-Generalsek­retär rief die Weltgemein­schaft auf, zusammenzu­rücken, statt weiter Hass Raum zu geben. Schwere Zeiten eröffneten auch Chancen, um Führungsst­ärke zu zeigen und der Gerechtigk­eit einen zentralen Platz auf der internatio­nalen Bühne einzuräume­n. „Die Terrorisie­rung einer Zivilbevöl­kerung (…) ist ein Rezept für endlosen Ärger, Entfremdun­g, Extremismu­s und Konflikte.“

An die Menschlich­keit aller appelliert­e auch der Menschenre­chtshochko­mmissar Türk: „Innerhalb der Länder führt die „Wir-gegen-sie“Ideologie zu immer gefährlich­eren und brisantere­n Spaltungen, insbesonde­re in Vorwahlzei­ten, von denen es in diesem Jahr viele gibt. (...) Die Menschlich­keit im anderen zu sehen, ist die Rettungsle­ine, die uns aus der Katastroph­e herauszieh­en kann.“

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FOTO: DPA Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) hat die israelisch­e Regierung zur Einhaltung des Völkerrech­ts aufgerufen.

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