„Eine Modernisierung der Schuldenbremse ist notwendig“
Die Grünen-Fraktionschefin nimmt zum von Habeck vorgeschlagenen Sondervermögen sowie steigenden Ausgaben für das Militär in Deutschland Stellung.
Trotz der Wirtschaftsmisere hält Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge einen politischen Kurswechsel nicht für nötig. Sie spricht über einen neuen Milliarden-Fonds, mit dem die Grünen die Schuldenbremse reformieren wollen und steigende Verteidigungsausgaben.
Frau Dröge, die Wirtschaftsdaten für Deutschland sehen schlecht aus. Braucht es einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel?
DRÖGE Grundlage guter Wirtschaftspolitik ist, die Ursachen für die aktuelle Lage zu erkennen: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren den Preis für unsere große Abhängigkeit von Russland gezahlt. Durch Fehler insbesondere der CDU waren wir von Russland so abhängig wie kaum ein anderes Land. Deshalb dauert es jetzt länger, die Krise zu
überwinden. Dennoch haben wir uns in kurzer Zeit unabhängig gemacht und Ersatzquellen für Erdgas gefunden. In Deutschland ist besonders viel energieintensive Industrie angesiedelt. Auch deswegen hat uns der von Russland ausgelöste Energieschock besonders stark getroffen. Gleichzeitig gehen wir große Reformen wie Bürokratieabbau und die Bekämpfung des Fachkräftemangels an. Diese Reformen brauchen Zeit.
Braucht es Steuersenkungen, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen?
DRÖGE Wir versuchen ja gerade Steuersenkungen für die Wirtschaft im Bundesrat durchzusetzen, wohl gemerkt gegen die Union. Eigentlich eine absurde Situation.
Sie spielen auf das Wachstumschancengesetz an. Da geht es am Ende doch nur um Kleckerbeträge.
DRÖGE Es sind immerhin drei Milliarden Euro zur Entlastung von Unternehmen. Wir als Grüne haben sehr dafür geworben, die sogenannte Klima-Investitionsprämie im Wachstumschancengesetz zu verankern.
Man kann in den USA beobachten, wie hunderttausende neue Jobs geschaffen werden, wenn man ein kreditfinanziertes Investitionsprogramm aufsetzt und Unternehmen bei Zukunftstechnologien unterstützt. Deutschland sollte auch in diesen Größenordnungen denken.
Wirtschaftsminister Habeck hat ein neues Sondervermögen ins Spiel gebracht. Eine gute Idee?
DRÖGE Tatsächlich wäre eine Modernisierung der Schuldenbremse notwendig, um mehr Geld für Investitionen in die Infrastruktur, den Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft zu haben. Wir Grünen schlagen einen „Deutschland-Investitionsfonds“für Bund, Länder und Kommunen vor, mit dem wir die Modernisierung der Wirtschaft, in die Infrastruktur und Digitalisierung und Klimaschutz investieren. Es geht dabei um Investitionen, die Werte für künftige Generationen schaffen und wirtschaftliche Impulse setzen sollen. Das ist ökonomisch sinnvoll. Es geht nicht um die Finanzierung von Konsumausgaben. Und wir sprechen eine direkte Einladung an die Länder und Kommunen aus: Wir wollen einen Teil des Fonds dafür nutzen, um sie direkt bei ihren Herausforderungen zu unterstützen.
An welche Summen denken Sie dabei?
DRÖGE Wenn man es ernsthaft angehen will, liegen wir im Bereich von Hunderten Milliarden Euro.
Immer mehr Geld fließt ins Militär. Haben Sie die Sorge, irgendwann zurückzublicken und zu erkennen,
an einem weltweiten Wettrüsten mitgewirkt zu haben?
DRÖGE Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt, wie verletzlich Frieden und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent sind. Ich halte es deshalb in diesen Zeiten für verantwortungsvoll, mit Mehrausgaben für die Verteidigung zu mehr Sicherheit in Europa beizutragen. Wir müssen das klare Signal an Putin senden, dass wir niemals akzeptieren werden, dass die Ukraine diesen Krieg verliert. Wir werden alles dafür tun, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Damit geht auch das klare Signal einher, dass Putin kein anderes europäisches Land angreifen darf. Dafür braucht es mehr Verteidigungsfähigkeit Europas.