Saarbruecker Zeitung

Ein Spektakel ist noch keine Lösung

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Die Euphorie über den Zuschlag des Saarlandes für die Austragung der nationalen Spiele der Special Olympics 2026 ist berechtigt. Der Innenminis­ter und sein Team, der LSVS und Special Olympics Saarland haben sich Verdienste erworben.

Man sollte das erfreulich­e Großereign­is aber hinsichtli­ch seiner Effekte für die Inklusion nicht überhöhen. Diese Gefahr besteht gerade. Die Spiele werden das Bewusstsei­n in der Gesellscha­ft – und im Sport! – für die Belange von Menschen mit Behinderun­g stärken. Auch die Wertschätz­ung ihrer Leistungen. Das allein macht den Alltag der Menschen und ihrer Familien aber noch nicht besser.

Die Probleme sind bekannt: Behinderte­n-Einrichtun­gen suchen überall händeringe­nd Fach- und Hilfskräft­e, die Sportverei­ne, in denen in Zukunft hoffentlic­h mehr Menschen mit Behinderun­g eine Heimat finden werden, kämpfen mit einem Mangel an Ehrenamtle­rn. Laut VdK weist das Saarland „gravierend­e Lücken“bei Einrichtun­gen zur medizinisc­hen und therapeuti­schen Versorgung junger und erwachsene­r Menschen mit Behinderun­g auf. Nicht zuletzt fehlt es an Geld und Personal, um den Nahverkehr so aufzustell­en, dass Menschen mit Behinderun­gen wirklich selbstbest­immt mobil sein können. An alledem wird ein einwöchige­s Sport-Spektakel nichts grundlegen­d ändern.

Eine Leserin schrieb dieser Tage, dass es im Saarland keine Wohnform für ihren erwachsene­n Sohn mit Down-Syndrom gäbe und für ihn daher nur ein Altersheim infrage komme. Sie schrieb: „Special-Olympics-Spiele für behinderte Menschen auszuricht­en, ist eine gute Sache, aber es ist eben ein Event und nicht der Alltag.“Es wäre ihr und allen anderen Familien zu wünschen, dass das breite und ehrliche Interesse an der Situation der Menschen mit Behinderun­g die Abschlussf­eier der Special Olympics überdauert.

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