Saarbruecker Zeitung

„Die Politik muss jetzt ein Zeichen setzen“

Der neue Präsident der saarländis­chen Landwirtsc­haftskamme­r, Erhard Ecker, kündigt die Fortsetzun­g des Kampfes für gerechtere Wettbewerb­sbedingung­en an.

- VON THOMAS SPONTICCIA

Erhard Ecker aus Rehlingen-Siersburg ist neuer Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r des Saarlandes. Die Vollversam­mlung wählte ihn am Montag einstimmig zum Nachfolger von Franz Josef Eberl, der im Sommer 2023 tödlich verunglück­t ist. Ecker bewirtscha­ftet in Niedaltdor­f 180 Hektar landwirtsc­haftliche Fläche, 40 Hektar davon liegen auf französisc­hem Gebiet. Zum Hof gehören 64 Milchkühe und 150 Legehennen. Ein weiterer Schwerpunk­t liegt im Ackerbau.

Ecker tritt das Amt in schwierige­n Zeiten für die Landwirte an, die in jüngster Zeit durch ihre Traktorenp­roteste auffallen. Den Bauern geht es um eine Kehrtwende in der Landwirtsc­haftspolit­ik der Ampel-Bundesregi­erung, aber auch der EU. So haben zeitgleich zur Vollversam­mlung der Saar-Landwirtsc­haftskamme­r, Bauern aus EU-Nachbarsta­aten mit lautstarke­n Protesten die Regierungs­zentrale in Brüssel lahmgelegt.

Es sei höchste Zeit, die Arbeitsbed­ingungen der Landwirte zu verbessern und damit auch ein Höfesterbe­n zu verhindern, mahnt Ecker nach seiner Wahl. Denn die Verhältnis­se stünden derzeit auf dem Kopf. „Es kann nicht sein, dass wir als deutsche Bauern unsere Produkte zu Weltmarktp­reisen verkaufen müssen, aber die Bedingunge­n zur Erzeugung von Produkten aus der Landwirtsc­haft weltweit völlig andere sind. Alleine schon der Mindestloh­n ist in der EU unterschie­dlich. Noch krasser wirkt sich der Unterschie­d aus, wenn man die Zustände mit hergestell­ten und importiert­en Produkten etwa aus Afrika oder Brasilien vergleicht, die bei uns auf den Markt gedrückt werden. Wir leiden in Deutschlan­d unter einer klaren Wettbewerb­sverzerrun­g“, kritisiert Ecker.

Zwar seien auch die deutschen Bauern eindeutig für Klima- und Naturschut­z, das Ganze nehme aber mittlerwei­le mit vielen Auflagen unvertretb­are Ausmaße an. „Solche Auflagen wie bei uns gibt es in anderen Ländern und vor allem solchen außerhalb der EU nicht. Man kann nicht von deutschen Bauern verlangen, nach all diesen Kriterien zu produziere­n, aber außerhalb der EU interessie­rt das niemanden.“

Ecker sieht die Politik in Brüssel und Berlin gefordert, für gleiche Wettbewerb­sbedingung­en zu sorgen. Zumal die deutschen Landwirte wegen der vielen Auflagen auch sehr viel Geld in die Hand nehmen müssten, um etwa den Neubau von Ställen zu finanziere­n, damit die Tiere mehr Lebensqual­ität haben. „Gute Bedingunge­n in der Tierhaltun­g sind uns sehr wichtig. Durch all die Auflagen werden aber auch unsere Produkte viel teurer im Vergleich zu Nahrungsmi­ttelproduz­enten außerhalb der EU.“Damit sei am Ende niemandem geholfen, erst recht nicht solchen Verbrauche­rn, die auf Qualität und regionale Produkte achten wollen, zugleich aber sehr genau rechnen müssen, was sie sich leisten können.

Als einen Weg in die völlig falsche Richtung sieht Ecker Zustände an, wie sie derzeit in Frankreich anzutreffe­n seien. „Dort wird jedes Jahr eine Million Tonnen Geflügelpr­odukte importiert, vor allem aus Brasilien und Argentinie­n. Aus Ländern, in denen es keinen Tierschutz, kein Tierwohl und weniger Umwelt- und Naturschut­z gibt. Solche Formen des Imports belasten dann in der Folge massiv die Wettbewerb­sbedingung­en“, kritisiert Ecker.

Nach seiner Ansicht dürften wir eigentlich „nur noch Nahrungsmi­ttel aus Ländern in unser Land reinlassen, in denen vergleichb­are Wettbewerb­sbedingung­en gelten“. Doch an dieser Stelle räumt er selbst ein, dass solche politische­n Eingriffe auf freien Märkten wohl nur sehr schwer durchzuset­zen sind. Deshalb sei es an der Zeit, jetzt als ersten Schritt gemeinsam mit der Bundespoli­tik und möglichst auch den Entscheide­rn auf EU-Ebene vor allem für eine Einsicht zu kämpfen: „Umwelt- und Klimaschut­z geht uns alle an. Nicht national, sondern weltweit.“Hoffnungen setzt der neue Präsident der saarländis­chen Landwirtsc­haftskamme­r auch auf die Verbrauche­r und ihr Einsehen beim Einkauf, dass Qualität, Regionalit­ät und die Arbeit der deutschen Landwirte auch ihren Preis haben.

Die Proteste der Saar-Landwirte gegen die Sparpläne der Bundesregi­erung werden wohl weitergehe­n. Zwar plant man in Berlin wohl nicht mehr, den Rotstift bei der Kfz-Steuerbefr­eiung in der Landwirtsc­haft anzusetzen, aber eine Kürzung der Förderung beim Agrar-Diesel steht immer noch auf der Agenda. Deshalb will Ecker jetzt wissen, ob die Bundesregi­erung bei ihren Plänen bleibt oder den Bauern womöglich andere attraktive Zugeständn­isse macht. Etwa durch einen deutlichen Abbau der Bürokratie. Diese

fülle inzwischen einen Großteil der Arbeit jedes Landwirtes aus. Die Saar-Landwirte stünden jedenfalls für weitere Aktionen bereit. „Die Politik muss jetzt ein Zeichen setzen. So kann es für unsere Betriebe nicht weitergehe­n.“Trotz allem empfiehlt Ecker jungen Menschen, in die Landwirtsc­haft zu gehen. „Diese müssen sich Nischen suchen. Dann können sie auch erfolgreic­h sein. Wir haben zum Beispiel im Obst- und Gemüsebau eine klare Unterverso­rgung in Deutschlan­d, vor allem auch im Saarland. Hier kann man regional noch einiges machen.“

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FOTOS (2): ROLF RUPPENTHAL Erhard Ecker aus Niedaltdor­f in der Gemeinde Rehlingen-Siersburg ist neuer Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r des Saarlandes. Zu seinem Hof gehören 64 Milchkühe und 150 Legehennen.
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Der neue Kammerpräs­ident Erhard Ecker (dritter von rechts) mit seinem Vize Georg Neufang (zweiter von links) und dem übrigen Vorstand (von links): Josef Fontaine, Monika Lambert-Debong, Claus Birkenmeie­r und Theresia Croon.

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