Oberdorf muss sich in Heerenveen beweisen
Die Fußball-Nationalspielerin rückt vor der Entscheidung in der Olympia- Qualifikation an diesem Mittwoch in den Mittelpunkt.
(dpa) Das ganze Drumherum, sagt Vater und Berater Frank Oberdorf, brauche seine Tochter nicht. Sie wolle eigentlich nur Fußball spielen. Deshalb hält sich Lena Oberdorf gerade mit Interviews zurück. Die Aufregung um ihren angekündigten Wechsel vom VfL Wolfsburg zum FC Bayern München kann die fürs deutsche Nationalteam so wichtige Mittelfeldspielerin jetzt wirklich nicht gebrauchen – so mitten in der Olympia-Qualifikation.
„Die Vision für die nächsten Jahre hat mich überzeugt, in München zu unterschreiben.“Nationalspielerin Lena Oberdorf über ihren Wechsel zum FC Bayern
Auch Oberdorf will sich den Traum von den Sommerspielen erfüllen. Die Partie um den dritten Platz der Nations League gegen die Niederlande an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) in Heerenveen ist die letzte Möglichkeit für die DFBFrauen, das Ticket für die Olympischen Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) noch zu lösen.
Die 1:2-Niederlage gegen Frankreich war wieder mal ein Beispiel dafür, dass das Spiel oft mit Oberdorf steht und manchmal auch fällt: Die 22-Jährige räumte am Freitagabend in Lyon viel im Mittelfeld ab, verursachte dann aber einen Elfmeter, der zum 0:2 führte. „Da muss sie nicht mit der Grätsche kommen“, kritisierte Kapitänin Alexandra Popp später ihre Clubkollegin unverhoh
len: „Da kann sie besser den Körper reinstellen und den Ball blocken.“
Nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Marina Hegering stellte Horst Hrubesch Oberdorf in die Innenverteidigung, wo sie dann gewohnt resolut dazwischenging und auch im Spielaufbau „spielerische Akzente“setzte, wie der Interims-Bundestrainer anmerkte.
Seit ihrem Nationalteam-Debüt 2019 mit nur 17 Jahren genießt Oberdorf in Fachkreisen höchste Anerkennung: Bei der EM 2022
wurde sie als beste junge Spielerin ausgezeichnet; die Trophäe nahm sie nach der Endspiel-Niederlage gegen England allerdings mit Tränen in den Augen in Empfang. Das WM-Debakel 2023 in Australien erlebte sie als Spätstarterin – sie war mit einer Oberschenkelverletzung ins Turnier gegangen.
Mit Oberdorfs Verpflichtung zur neuen Saison landete der FC Bayern einen Transfer-Coup, in Wolfsburg hatte Oberdorf eine Ausstiegsklausel in ihrem Vertrag gezogen. Über die
Ablösesumme machten die beiden Clubs keine Angaben, der NDR berichtete von 400 000 Euro. Das wäre ein Rekord für einen Wechsel innerhalb der Bundesliga.
„Ich habe die Möglichkeit, in München nun den nächsten Schritt in meiner Karriere zu gehen und kann dabei trotzdem weiterhin in der Nähe meiner Familie und Freunde sein“, sagte Oberdorf: „Die Vision für die nächsten Jahre hat mich überzeugt, in München zu unterschreiben. Ich freue mich auf
die neuen Herausforderungen, an denen ich als Spielerin und Mensch wachsen kann.“
Grundsätzlich sieht auch Hrubesch noch weiteres Potenzial: „Obi ist noch lange nicht da, wo sie eigentlich hingehört.“Für Hegering ist Oberdorf jemand mit einem „herausragenden Talent, die im zentralen Bereich alles spielen kann. Die kann man auch vorn in die Spitze stellen, die kannst du auf der Zehn spielen lassen, auf der Acht, auf der Sechs, in der Innenverteidigung.“
Zu tausend Prozent könne man sich auf ihre Wolfsburger Teamkollegin verlassen, sagte Hegering – auch jetzt. Ob sie sich Sorgen mache, dass Oberdorf wegen der Schlagzeilen um ihren Wechsel ihre Leistung nicht voll bringe? „Nö“, sagte Hegering ohne zu zögern. Das wiederum muss Oberdorf nun auch in Heerenveen unter Beweis stellen.