Saarbruecker Zeitung

„Das Bürgergeld muss weg“

Der Thüringer CDU-Landeschef will die AfD inhaltlich stellen, spricht sich für steuerfrei­e Überstunde­n aus und gegen ein EU-Verbrenner­verbot.

- DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS.

ERFURT Mario Voigt ist CDU-Landesvors­itzender in Thüringen und Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl im September. In den Umfragen rangiert die Union deutlich hinter der AfD. Wie Voigt die Rechten noch einholen will – und was er von der neuen Wagenknech­t-Partei hält.

Herr Voigt, ist Thüringen schon Höcke-Land?

VOIGTNein. Es geht in diesem Jahr in Thüringen und darüber hinaus um die Frage, ob es Veränderun­gen mit Anstand und Vernunft geben wird. Dafür stehen wir als CDU. Oder ob das Chaos Einzug hält. Wir haben übrigens Anfang des Jahres schon eine Wahl in einer Höcke-Hochburg gewonnen – die Landratswa­hl im Saale-Orla-Kreis. Es ist also vieles drin.

Sie haben eine Zusammenar­beit mit AfD und Linken ausgeschlo­ssen. Wie wollen Sie dann überhaupt regieren?

VOIGT Die Menschen wollen Klarheit haben. Daher ist für mich sowohl eine Koalition mit der AfD als auch mit den Linken ausgeschlo­ssen. Die einen wollen wieder Mauern um Deutschlan­d herum errichten und aus der EU aussteigen, mit unabsehbar­en Folgen für Wohlstand und Wirtschaft. Die anderen wollen den Menschen vorschreib­en, wie sie zu leben haben. Mit beidem kann die CDU nichts anfangen. Wir schauen nicht nach links und rechts, wir gehen nach vorn. Wir kämpfen für eine starke CDU. Die Frage einer konkreten Regierungs­bildung stellt sich auch erst nach der Wahl.

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow sagt, Sie setzen mit ihrem Kurs die Linke mit der AfD gleich.

VOIGT Sagen wir es mal in einem Bild: Wenn ich Eisbein nicht mag und

Kohlroulad­e nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulad­e dasselbe. Es gibt unterschie­dliche Gründe gegen eine Koalition mit der AfD zu sein, aber auch gegen eine mit den Linken. Die AfD ist ein Feind der Zukunft, deren Credo lautet: Wenn es Deutschlan­d schlecht geht, ist es gut für die Partei. Das ist nicht die DNA der Union. Und von den Linken unterschei­det uns das grundsätzl­ich andere Gesellscha­ftsbild und Staatsvers­tändnis. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht um deren Wähler bemühe. Viele Menschen haben Wut und Frust. Sie wollen, dass Politik sich wieder auf das Wesentlich­e konzentrie­rt und für Ordnung sorgt. Das ist mein Anspruch.

In Thüringen gilt die AfD schon als gesichert rechtsextr­emistisch. Nun prüft der Verfassung­sschutz dies offenbar für die gesamte Partei. Wie sehen Sie das?

VOIGT Für mich ist wichtig, dass wir

uns mit der AfD hart in der Sache auseinande­rsetzen. Eine Beobachtun­g oder ein Verbot löst nicht das Problem AfD und löst auch keines der Probleme der Menschen. Was ich will, ist, dass wir die AfD aus ihrer Ecke heraus ins Licht ziehen, sie inhaltlich stellen und zeigen, wer wirklich ein Angebot macht und wer einfach nur herumschre­it. Mit Höcke haben wir in Thüringen den heimlichen Bundesvors­itzenden der AfD im Land. Daher weiß ich, dass man die nicht unterschät­zen darf. Er steht für rechtsextr­emistische Ideen und eine Welt, in der Deutschlan­d wieder eingemauer­t sein soll. Wenn es auf Bundeseben­e genau diese rechtsextr­emistische­n Bezüge gibt, muss der Rechtsstaa­t konsequent handeln und sie in den Blick nehmen. Das erspart uns aber die Auseinande­rsetzung in der Sache nicht.

Es gibt nun auch noch die Wagenknech­t-Partei, die mit der CDU

schon würde. Sie auch mit ihr? VOIGT Die Partei ist noch eine Wundertüte. Schauen wir erst mal, was das Programm und die Personen bieten. Dann kann man sich damit auseinande­rsetzen. Als CDU konzentrie­ren wir uns lieber auf unsere eigenen Inhalte und Stärken.

Wo ist die wirtschaft­spolitisch­e Stärke der Union geblieben?

VOIGT Moment. Der Bundesregi­erung fehlt doch die Kraft, die richtigen Prioritäte­n fürs Land zu setzen. Deutschlan­d fällt zurück, weil Mittelstan­d, Industrie und Handwerk zu viel belastet werden. Wir wollen mehr für die Fleißigen tun. Wer etwa Überstunde­n macht, muss diese steuerfrei gestellt bekommen. Gerade im Osten spielt das eine große Rolle. Auch macht das Bürgergeld die Arbeitsauf­nahme unattrakti­v. Mit uns wird es keine anstrengun­gslosen Leistungsv­ersprechen mehr geben. Das Bürgergeld muss weg.

Reicht das als Konzept?

VOIGT Wir wollen selbstvers­tändlich mehr. Thüringen ist Automobill­and. Bei uns hängen rund 66 000 Arbeitsplä­tze in über 700 Unternehme­n an diesem Industriez­weig. Das unsinnige EU-Verbrenner­verbot muss wieder rückgängig gemacht werden. Es geht um die Mobilität im ländlichen Raum, die nicht zu teuer werden darf. Wir setzen deshalb auf technologi­eoffene Lösungen, die auch beinhalten, dass der Verbrenner über das Jahr 2035 genutzt werden kann.

Braucht es zugleich eine Erhöhung der Pendlerpau­schale?

VOIGT Die Pendlerpau­schale ist insbesonde­re eine Entlastung für die Menschen im ländlichen Raum. Eine Erhöhung ist ein adäquater Weg, in diesen Zeiten die Menschen zu unterstütz­en.

Sie haben das neue Grundsatzp­rogramm der CDU federführe­nd erarbeitet. Gibt es noch Verbesseru­ngsbedarf?

VOIGT Ich erwarte noch einige Veränderun­gsvorschlä­ge. Das zeichnet eine lebendige Volksparte­i aus. Das neue Grundsatzp­rogramm bietet eine fortschrit­tliche, konservati­ve Zukunftsid­ee für unser Land. Damit machen wir einen klaren Unterschie­d zum Gewurschte­l der Ampel. Wir kümmern uns eben nicht allein um kleine Gruppen und ideologisc­he Nischenthe­men, sondern haben alle im Blick.

Was bedeutet die Wahl in Thüringen und in den anderen Ost-Ländern für die K-Frage in der Union?

VOIGT Es sind zu allererst Landtagswa­hlen. Wir wollen, dass Thüringen wieder ordentlich regiert wird. Friedrich Merz und Markus Söder werden im Spätsommer einen vernünftig­en Vorschlag erarbeiten.

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FOTO: IMAGO Mario Voigt, Thüringer CDU-Landeschef, sieht in der Wagenknech­t-Partei noch eine Wundertüte.

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