„Schulen sollten Handys nicht verteufeln“
Zu einem Verbot privater Smartphones an deutschen Schulen haben Experten eine deutliche Haltung.
In Großbritannien wird es diskutiert und auch hierzulande erregt es die Gemüter: Ein Verbot privater Smartphones an Schulen. In einem vom Bildungsministerium in London kürzlich veröffentlichten Leitfaden werden Maßnahmen empfohlen, die von Regelungen eines eingeschränkten Gebrauchs bis zum Verbot reichen. Die Briten könnten damit dem Beispiel anderer europäischer Länder wie etwa Frankreich folgen, wo Smartphones, Smartwatches und Tablets seit 2018 sogar in den Pausen verboten sind. In den Niederlanden gilt seit dem 1. Januar dieses Jahres ein Verbot privater Handys in den Klassenräumen. Auch Dänemark und Schweden planen restriktive Maßnahmen.
Die schwedische Regierung will so auf das schlechte Abschneiden des Nachwuchses bei der PISA-Studie reagieren. In Deutschland, wo die Regulierung des Schulwesens Ländersache ist, gibt es mit Blick auf die PISA-Ergebnisse ebenfalls Handlungsbedarf. Doch ob die vermeintliche Bildungsmisere durch den Bann internetfähiger Endgeräte von Schulhöfen zu meistern ist, ist umstritten.
„Verbote sind überhaupt nicht hilfreich, außerdem schwer umzusetzen und zu kontrollieren“, sagt Dirk Heyartz, Vorsitzender des Bundeselternrates. „Wir vertrauen auf die pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte, dass sinnvolle Konzepte für den Einsatz digitaler Endgeräte in den Schulen gefunden werden.“Diese sollten mit Eltern und Schülern abgestimmt sein, um eine „möglichst große Akzeptanz zu erreichen“.
Die rund 5500 Schulen in Nordrhein-Westfalen etwa genießen bei der Thematik weitgehend freie Hand. Auf Anfrage beim NRW-Schulministerium heißt es: „In einer digitalisierten Welt gehört der souveräne Umgang mit digitalen Medien zu den grundlegenden Kompetenzen.“Die Vermittlung dieser Kompetenzen sei ein landesgesetzliches Bildungs- und Erziehungsziel. Laut dem Ministerium können die Schulen zwar die Nutzung von Handys auf dem Schulgelände einschränken. Gleichzeitig sei aber sicherzustellen, dass Schüler „im Falle eines berechtigten Interesses das Handy verwenden können“. Dies könne beispielsweise durch die Einrichtung sogenannter „Handyzonen“erfolgen. Die Wegnahme eines Mobiltelefons als erzieherische Maßnahme, etwa bei Störung des Unterrichtes, sei ausdrücklich zulässig – wenn es denn verhältnismäßig ist.
Ayla Çelik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW begrüßt diese Lösung: „Smartphones sind heute nicht nur ein Statussymbol, sondern alltäglicher Gebrauchsgegenstand in Zeiten der Digitalisierung. Es gilt, statt eines Verbotes die Vorteile zu nutzen und Kinder und Jugendliche zu einem gesunden Umgang mit dem Smartphone zu befähigen.“Die genaue Vorgehensweise solle weiterhin in der Hand des Lehrpersonals liegen. „Es gibt Lehrkräfte, die Smartphones zu Beginn von Schulstunden einsammeln und es gibt diejenigen, die Handys bewusst in das Unterrichtsgeschehen didaktisch einbinden“, sagt die frühere Gesamtschulrektorin. Auch die Medienpädagogin Nadine Eikenbusch von der Landesanstalt für Medien NRW hält ein Verbot für nicht zielführend. „Schulen sollten Handys nicht grundsätzlich verteufeln, sondern sich stattdessen für einen verantwortungsbewussten Umgang damit stark machen.“