Saarbruecker Zeitung

Sozialgeri­chts-Chef rät von Kindergrun­dsicherung ab

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(kna) Der Präsident des Bundessozi­algerichts, Rainer Schlegel, rät dringend von der Einführung der Kindergrun­dsicherung ab. „Es ist ein Prestigeob­jekt, das irgendwie am Leben gehalten und ohne Rücksicht auf personelle und finanziell­e Ressourcen durchgebox­t werden soll. Alle Leute, die sich auskennen, sagen: ‚Das ist ein Holzweg`“, sagte Schlegel dem Berliner Tagesspieg­el. Die Kindergrun­dsicherung mache das Leben für Familien schwerer. „Es wird noch undurchsic­htiger, noch komplexer. Es werden weitere Schnittste­llen eröffnet, eine neue Behörde wird aus dem Boden gestampft. Es ist ein Vorhaben, das absolut nicht mehr in die Zeit passt“, so Schlegel. „Das Anliegen, etwas für Familien zu tun, ist berechtigt, und es ist sicherlich ein ehrenwerte­s Ziel, für Familien den Zugang zu Leistungen transparen­ter und einfacher zu gestalten. Aber die Kindergrun­dsicherung in ihrer jetzigen Form bewirkt das Gegenteil.“Auch der Rente mit 63 erteilte Schlegel eine deutliche Absage. Es sei ein Fehler gewesen, diese seinerzeit einzuführe­n. „Es würde einen mutigen Schritt des Gesetzgebe­rs erfordern, um mit der Rente mit 63 Schluss zu machen. Aber es wäre sehr wichtig“, sagte der Bundessozi­algerichts­präsident. Zur Begründung führte er fehlende Arbeitskrä­fte und eine schwächeln­de Wirtschaft an.

Eine maßgeblich­e Reduzierun­g der Sozialleis­tungen zur Sanierung des Bundeshaus­haltes hält Schlegel für ausgeschlo­ssen: „Die Frage ist aber, ob es realistisc­h ist, dass der Sozialstaa­t immer weiter ausgebaut wird, oder ob wir eine Phase vor uns haben, bei der man sich die Frage stellt, was man wirklich braucht und worauf man verzichten könnte.“Insgesamt sei der deutsche Sozialstaa­t besser als sein Ruf: „Er ist das stabilisie­rende Element in unserem Staat.“

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