Demos blenden Wichtiges aus
Demos gegen „rechts“sind seit Wochen angesagt und gut besucht. Doch wogegen demonstrieren sie eigentlich? Manche warnen davor, dass Rechtsradikale wie 1933 die Macht ergreifen und eine Diktatur errichten. Doch die Verhältnisse sind heute gänzlich anders. Die NSDAP wurde damals von fast jedem zweiten Deutschen gewählt – die AfD wird es höchstens von einem Fünftel. Damals hungerten sechs Millionen Arbeitslose, heute haben wir beinahe Vollbeschäftigung. Die eher ungeliebte Weimarer Republik war zur Zeit der Machtergreifung 14 Jahre alt, die BRD-Demokratie ist seit 75 Jahren fest verankert. Wer heute mit dem pauschalen Slogan „gegen rechts“(statt „gegen Rechtsextremismus“) auf die Straße geht, verkennt auch, dass „rechtes“Politikverständnis ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil unserer Demokratie ist.
Menschen, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, haben Großes geleistet. Der bei den Nazis verhasste Reichskanzler Gustav Stresemann von der nationalliberalen Deutschen Volkspartei (DVP) erhielt für seine Versöhnung mit Frankreich 1926 den Friedensnobelpreis. Auch der Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitverschwörer waren eher rechts.
Die junge Bundesrepublik wurde mehrheitlich von einer CDU/ CSU regiert, die sich als „rechte Mitte“verstand. Der CDU-Politiker Ludwig Erhard führte die Soziale Marktwirtschaft ein und schuf damit die Grundlage für das Wirtschaftswunder. Dieselbe Regierung setzte 1957 die große Rentenreform durch, mit der die Altersbezüge an die Entwicklung der Arbeitseinkommen gekoppelt wurden. Auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe wurde in dieser Zeit gesetzlich verankert. Wer heute gegen „rechts“protestiert, blendet daher Wesentliches aus. Nur „links“und „grün“blieben übrig. Das wäre mir zu wenig.