Welche Akzente setzt Premier Luc Frieden?
Im Herbst gelang dem konservativen Luc Frieden die Rückkehr auf die politische Bühne. In welche Richtung geht die Politik des luxemburgischen Premiers?
Seit über drei Monaten ist der Konservative Luc Frieden (CSV) Regierungschef in Luxemburg. In dieser Zeit hat er erste Schwerpunkte gesetzt und einen eigenen Stil entwickelt.
Das Thema Wohnungsbau hatte bereits den Wahlkampf dominiert und wird von vielen Luxemburgern als das größte Problem im Land gesehen: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Um diesen zu bekämpfen, verfolgt die Regierung zwei Ansätze. Zum einen werden Privathaushalte beim Zugang zu Wohnraum unterstützt. Wer zum ersten Mal eine Immobilie als Hauptwohnsitz kauft, kann eine Steuergutschrift von bis zu 40 000 Euro pro Person („Bëllegen Akt“) bekommen. Dazu wurde der absetzbare Betrag der Darlehenszinsen auf 4000 Euro jährlich pro Haushaltsmitglied erhöht. Ebenso werden Mieter entlastet, vor allem Familien mit Kindern. Für sie steigt der Höchstbetrag der Mietzuschüsse von 40 Euro auf 80 Euro pro Kind.
Zum anderen soll das Geschäft im Bausektor angekurbelt werden. Dafür will Frieden unter anderem die Umweltauflagen im Bauperimeter aufweichen. Um die Fachkräfte während der aktuellen Bauflaute in dem Bereich zu halten, hat die Regierung für bestimmte Branchen des Bausektors den Krisenzustand ausgerufen. Dadurch ist es für Firmen einfacher, konjunkturbedingte Kurzarbeit anzumelden (von Februar bis Juli 2024).
Eine lange Schonfrist hatte Friedens Regierung nicht. Es ließ nicht lange auf sich warten, bis die Protestbewegung der Landwirte aus den Nachbarländern auf das Großherzogtum überschwappte. Die Blockaden waren zwar in Luxemburg überschaubar, dennoch gelang es dem Premierminister, prompt auf die Anliegen der Bauer zu reagieren. Die ersten Treffen zwischen Vertretern der Regierung und der Landwirte wurden von beiden Seiten als positiv bewertet und konnten zunächst verhindern, dass die Protestbewegung an Fahrt aufnimmt.
Für große Verstimmung im Land sorgt das Mitte Dezember in Kraft getretene Bettelverbot. Ziel dieser neuen Polizeiverordnung ist es, in der Hauptstadt Bandenbetteln zu verbieten und auch stilles Betteln einzudämmen. Die Opposition sowie zahlreiche Wohlfahrtsverbände und Organisationen aus der Zivilgesellschaft kritisieren das Verbot als unmenschlich und unnötig. Regierungschef Frieden hält dennoch an dem Vorstoß fest und empfindet die Entrüstungswelle zu diesem Thema als übertrieben.
Bei zwei anderen Themen, die im
Wahlkampf als prioritär galten, gibt es hingegen bisher wenig Konkretes von der Regierung. Zum einen geht es um die Rentenreform. Luc Frieden hat bereits angekündigt, dass das aktuelle System reformiert werden soll, weil die Menschen länger leben und länger Rente beziehen. Doch noch wollte er sich nicht festlegen, ob diese Reform höhere Rentenbeiträge beinhalten könnte oder ob die Luxemburger länger werden arbeiten müssen. Angetreten sind die zwei Parteien, die heute die Regierung bilden, Konservative (CSV) und Liberale (DP), auch mit dem Versprechen, das aktuelle Steuersystem und vor allem die bestehenden Steuerklassen umzustrukturieren. Konkrete Pläne dazu sind bisher aber nicht bekannt geworden.
Während sein Vorgänger und aktueller Außenminister Xavier Bettel (DP) das Image eines lässigen und nahbaren Premierministers pflegte, gibt sich Luc Frieden als Obermanager. In seinen öffentlichen Auftritten betont er immer wieder, wie hilfreich ihm seine bisherigen Erfahrungen in der Privatwirtschaft für sein heutiges Amt sind – zuletzt beim traditionellen Neujahrsinterview auf RTL, bei dem er gefragt wurde, ob man ein Land wie Luxemburg führen könne wie ein CEO ein Unternehmen. „Absolut“war seine Antwort.
In Fragen der Europapolitik spricht sich Luc Frieden in einigen Bereichen für eine EU der zwei Geschwindigkeiten aus, bei der ein harter Kern an Ländern eine engere Zusammenarbeit pflegt, ohne dass alle Mitgliedstaaten mitziehen müssen. Eine solche Form der
Der Premierminister hat schnell auf die Bauernproteste reagiert.
Kooperation gibt es heute bereits zum Beispiel, was die Euro-Zone oder den Schengen-Raum angeht. Die kommende Europawahl im Juni könnte auch ein erster Stimmungstest für Friedens Regierung werden. Bisher stellt seine Partei zwei der sechs Europaabgeordneten aus Luxemburg. Anders als in den Nachbarländern ist laut den bisherigen Meinungsumfragen im Großherzogtum kein Rechtsruck zu erwarten.