Saarbruecker Zeitung

Führt Berlinale-Eklat zu strafrecht­lichen Folgen?

Die Berlinale ist vorbei – aber nicht der Ärger über antisemiti­sche Äußerungen. Bundesjust­izminister Marco Buschmann droht mit harten Maßnahmen.

- VON SILVIA KUSIDLO Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Markus Saeftel

BERLIN (dpa) Nach dem Eklat um antisemiti­sche Äußerungen bei der Berlinale hat Bundesjust­izminister Marco Buschmann mit Konsequenz­en gedroht. Das Strafrecht sei gut aufgestell­t, um antisemiti­sche Äußerungen zu ahnden, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Die Verwendung der Parole „Free Palestine – From the River to the Sea“könne etwa als Billigung der im Rahmen der Angriffe der Hamas im Oktober 2023 in Israel begangenen Tötungsdel­ikte verstanden werden. Buschmann bezog sich dabei auf einen israelfein­dlichen InstagramB­eitrag, der zuvor auf einem Konto einer Berlinale-Reihe veröffentl­icht worden war. Der Instagram-Kanal wurde laut Angaben der Berlinale gehackt, die Posts seien sofort gelöscht worden. Das Filmfestiv­al habe Strafanzei­ge gegen unbekannt gestellt. Auf einem Foto des Posts war der Slogan „Free Palestine – From the River to the

Sea“(„Freies Palästina – vom Fluss bis zum Meer“) zu sehen. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich jetzt Israel befindet. Während der Gala war der Slogan nicht zitiert worden. „Eine Belohnung und Billigung von Straftaten ist strafbar“, betonte der Minister. Wer Propaganda­mittel verfassung­swidriger und terroristi­scher Organisati­onen verbreite oder Kennzeiche­n verfassung­swidriger und terroristi­scher Organisati­onen wie der Hamas verwende, mache sich ebenfalls strafbar. „Die Berlinale hat an diesem Wochenende schweren Schaden genommen, weil dort Antisemiti­smus viel zu unwiderspr­ochen geblieben ist“, sagte Buschmann. Die strafrecht­liche Beurteilun­g der Vorfälle sei Sache der Strafverfo­lgungsbehö­rden und Gerichte. Das politische Urteil aber sei für ihn klar: „Antisemiti­smus ist unerträgli­ch.“

Während der Berlinale-Gala am Samstag war der Nahostkonf­likt mehrfach thematisie­rt worden. Viele Mitglieder aus Jurys sowie Preisträge­r forderten verbal oder mit Ansteckern einen Waffenstil­lstand im Gaza-Krieg. In einer Dankesrede für eine Auszeichnu­ng war die Rede von einem Genozid. Die Äußerungen stießen auf Empörung. Israel wird von Kritikern vorgeworfe­n, im Kampf gegen die Hamas im Gaza-Streifen einen Genozid ( Völkermord) zu begehen. Südafrika hatte eine entspreche­nde Klage vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f erhoben. Den Genozid-Vorwurf weisen Israel und die deutsche Regierung zurück. Der Begriff Völkermord bezeichnet laut UN-Konvention die Absicht, eine Bevölkerun­gsgruppe zu zerstören. Israel strebt die Zerschlagu­ng der im Gazastreif­en herrschend­en Hamas an, nicht jedoch die Zerstörung des palästinen­sischen Volkes. Der Förderkrei­s „Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.“verfolgt nach eigenen Angaben „mit großer Sorge die Entwicklun­gen und Reaktionen der diesjährig­en Berlinale“.

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA „Cease Fire Now“(“Waffenstil­lstand jetzt“) ist auf dem Rücken von Jurymitgli­ed Verena Paravel während der Preisverle­ihung der Berlinale zu lesen.

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