Eine Juwelier-Ära nähert sich dem Ende
Noch im September konnte man Uhrmacher und Juwelier Gerd Mandernach in seinem Völklinger Geschäft treffen. Jetzt lebt der 92-Jährige in einem Pflegeheim, das alteingesessene Geschäft schließt.
Eine Ära geht zu Ende: Kurz vor Ostern wird Juwelier Gerd Mandernach sein Geschäft in der Bismarckstraße in Völklingen schließen. Letzter Öffnungstag ist der 28. März. Die Ringe und Ketten in seinen Schaufenstern sorgten für etwas Glanz in der Innenstadt, insgesamt 68 Jahre verkaufte Mandernach in Völklingen Uhren und Schmuck.
Noch bis Oktober 2023 fuhr er jeden Tag mit dem Aufzug von seiner Wohnung runter ins Geschäft – obwohl er da schon im Rollstuhl saß. Mittlerweile lebt der 92-Jährige in einem Pflegeheim. Deshalb blicken wir mit seinen Töchtern Heike Wagner und Petra Mandernach zurück auf die Firmengeschichte. Mit dabei ist Marliese Geber: Die gute Seele des Geschäfts arbeitet seit 57 Jahren für den Juwelier.
Im Juli 1946 begann Gerd Mandernach als 14-Jähriger seine Uhrmacherlehre. Nach der Meisterprüfung machte er sich genau zehn Jahre später selbständig. Die Anfänge waren bescheiden: In einem selbst gezimmerten Schaukasten, der an die Außenwand des Hauses in der Kühlweinstraße geschraubt wurde, präsentierte Mandernach seine Ware. Es folgten Geschäftsdomizile in der Krepp-, der Post- und der Rathausstraße. Der letzte Umzug war 1984 – wie immer mit dem Ziel, die Verkaufsfläche und damit das Warenangebot zu vergrößern. In den Räumen im Merkurhaus ist die Schaufensterfront 15 Meter lang. Als der Juwelier 1958 heiratete, begann auch seine Ehefrau Marlene Mandernach im Geschäft zu arbeiten.
Der Unternehmer erlebte fünf Währungen: Vor der Einführung des Euro wurde – vorne beginnend – mit Reichsmark, Saarmark, französi
schen Franken und D-Mark bezahlt. Aber nicht nur die Zahlungsmittel, auch das Kundenverhalten änderte sich: Statt in der Werkstatt landete ein defekter Wecker immer häufiger im Mülleimer.
Gerd Mandernach war bekannt für seinen guten Service – von der Sonderanfertigung bis zur kniffligen Reparatur. Der Juwelier und Diamantengutachter hatte für jeden Geldbeutel etwas im Angebot, neben sündhaft teurem Geschmeide führte er auch preiswerte Uhren.
Das Familien- und das Geschäftsleben gingen oft fließend ineinander über. „Wir Kinder mussten uns bei Kundenbesuchen ruhig verhalten und wurden meistens von unserer Großmutter beaufsichtigt“, erinnern sich die Schwestern. Mittags um vier Uhr wurde in der kleinen Teeküche neben der Werkstatt Kaffee gekocht und Kuchen und Gebäck serviert. Auch wenn sich der Duft im Verkaufsraum ausbreitete, blieben diese familiären Momente immer hinter einem Stoffvorhang verborgen.
Es gab auch prominente Kundschaft. Eines Tages – vermutlich in den 1970er Jahren – betrat das be
kannte Schlagerduo „Cindy & Bert“das Geschäft. „Ich habe mich nicht getraut, nach einem Autogramm zu fragen“, erinnert sich Heike Wagner. Sie weiß noch, dass Cindy einen großen Ring kaufte. Das Schmuckstück erkannte sie später im Fernsehen an
der Hand der Sängerin wieder. Als Mädchen, erzählt ihre Schwester Petra Mandernach, durfte sie mit einem alten Wecker spielen. Vor allem die Rädchen im Inneren faszinierten sie. Außerdem liebte sie es, Ketten durch die Finger gleiten zu lassen.
Kaputt ging dabei nichts. „Ich war als Kind etwas wilder“, verrät Heike Wagner mit einem Schmunzeln. Deshalb war sie im Verkaufsraum nicht so gern gesehen.
Die beiden erinnern sich noch an die 1970er und -80er Jahre. Damals standen die Käufer in der Weihnachtszeit Schlange. Jeder musste geduldig warten, bis er an der Reihe war. Doch die goldenen Zeiten sind lange vorbei. Während unseres 45-minütigen Gesprächs erscheint kein Kunde.
Obwohl sie beruflich eigene Wege gingen, blieben die Geschwister dem Geschäft verbunden. Immer, wenn Unterstützung benötigt wurde, haben sie ausgeholfen. „Ein bisschen Melancholie kommt auf“, sagt Petra Mandernach mit Blick auf die nahende Schließung. Und Heike Wagner ist sch sicher: „Es kommt noch viel Arbeit auf uns zu.“Auch nach dem Räumungsverkauf können die beiden die Hände nicht in den Schoß legen. So muss zum Beispiel geklärt werden, was mit der übrig gebliebenen Ware und mit dem Mobiliar geschieht. Und ein Käufer fürs Geschäft muss auch noch gefunden werden.