IMove ist Leidenschaft, die junge Leute bewegt
Es ist gewissermaßen Tradition: Wenn das Tanzfestival Saar des Saarländischen Staatstheaters mit seinen hochkarätigen Gastspielen durchstartet, dann mischt immer auch die kleine hauseigene Jugendtanzgruppe iMove mit. Am Sonntag, 3. März wirft die Company
2009 gegründet und 2018 von Stijn Celis, dem Direktor des Saarländischen Staatsballetts, und Tanzpädagogin Claudia Meystre zu neuem Leben erweckt, gehört iMove zu den Flaggschiffen der Jugendarbeit des Staatstheaters, ein schillernder Pool für Tanzbegeisterte zwischen 14 und 20 Jahren.
Modern und Jazz Dance, Hip-Hop, Floorwork, Improvisation und modernes Training bietet Leiterin Claudia Meystre in ihrem prall gefüllten
Jillian (20)
Tanzportfolio. Aber nicht nur das: „Ich dachte immer, Theater ist für mich eine No-Go-Area. iMove hat mir eine ganz neue Welt erschlossen“, sagt eine der Teilnehmerinnen beim Probenbesuch der SZ. Dabei kann der Einstieg manchmal so einfach sein: „iMove war ein Weihnachtsgeschenk von meiner Oma. Sie hat das für mich gefunden. Ein Traum“, erzählt Jillian (20).
Ballettvorkenntnisse, stressige Auditions, leistungsgeprägtes Konkurrenzverhalten – nichts davon
ist hier wichtig. „Es gilt alleine die Begeisterung, das Engagement, der Respekt voreinander“, versichert Claudia Meystre, die zusammen mit ihrem Mann Samuel auch die Plattform-Studios für zeitgenössischen Tanz leitet und darüber hinaus als Dozentin an der Hochschule für Musik Saar lehrt.
„Physische Beweglichkeit, ein Körpergedächtnis für tänzerische Abläufe, Rhythmusgefühl – all das lässt sich trainieren. Wirklich, wirklich wichtig aber ist das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und in die Verlässlichkeit der Partner. Bei uns wird niemand überfordert, steht niemand unter Leistungsdruck.“Im Gegenteil: „Schlagzeug, Gitarre, Fußball und iMove – erfüllter kann
mein Leben gar nicht sein!“, sagt Lionel (16) und strahlt.
Und der Erfolg gibt der Choreografin recht: Eine ehemalige iMoverin hat gerade ihr Studium an der renommierten Kölner Hochschule für Musik und Tanz begonnen, drei weitere bereiten sich nun ebenfalls auf die aufwendige Aufnahmeprüfung dort vor. Der künstlerische Ritterschlag kam 2021: Für die HändelOper „Alcina“am SST wurde gleich die komplette iMove-Truppe für alle Tanzszenen gebucht. Und dann natürlich die Auftritte beim Tanzfestival: „zeitwärts“(2020) und „InnerMOVEments“(2022) rissen die Zuschauer in der Alten Feuerwache von den Stühlen! Nun also mit „( T) räume“der dritte Wurf.
Ein Probenbesuch macht klar: Bevor es mit dem Träumen losgeht, müssen die 14 Tänzerinnen und zwei Tänzer ziemlich wach sein, Schlaftöter wie Cola und Kaffee haben Hochkonjunktur. Zum ersten Mal nach sechs Monaten regelmäßiger Montagsproben kommen an diesem Tag die Kostüme zum Einsatz und besitzen, siehe da, viel zu viele Knöpfe für die schnellen Umzüge. Aber von denen gibt es einige, denn es warten jede Menge Träume, die bewältigt werden müssen.
Wann liegt welches Kostümteil wo und wenn nicht: Warum? Sind diese logistischen Probleme erst einmal alle gelöst, schlägt die Schrecksekunde zu: Eine Jalousie setzt sich langsam in Bewegung, um den bis
her allgegenwärtigen großen Spiegel im SST-Ballettsaal zu verbergen. Ab sofort sind die Tänzerinnen und Tänzer auf das eigene Raumgefühl angewiesen.
Und nun beginnt die eigentliche Metamorphose: Den Neonlampen, den störenden Westenknöpfen, den schleppenden Musikeinsätzen, ja, der ganzen taghellen Probenatmosphäre zum Trotz gleiten 16 junge Menschen tanzend wie selbstverständlich in die Zeit zwischen Abend und Morgen. Und es scheint: Wenn die Wahrnehmung der Außenwelt sich ausklinkt aus dem Bewusstsein, wenn alleine das Hirn noch hochtourig Bilder und Gedanken der bizarrsten Sorte auswirft und die Seele durchlässig wird für Phantasmen aller arten, dann schlägt die Stunde der iMover.
Beeindruckend und geradezu gespenstisch gebiert ihre choreografierte Mitte ohne Unterlass einen Traum nach dem anderen. Sphärische Pianoklänge, versetzt mit knatternden Clustern und elektronischen Beats heben die Grenze zur materiellen Wirklichkeit auf. Es ist eine nächtliche Reise durch Raum und Zeit, die ihre immer stummen Protagonisten an den Boden festsaugt, sie fliegen oder tief fallen lässt, um sie dann erneut zum nächsten Traum antreten zu lassen.
Keinerlei Dekoration, keine Requisiten stören, es sind alleine die Körper, die ab- und ausgrenzen, denn ( T)Räume, das sind immer auch die Anderen. Und obwohl sich das eine oder andere bunte, lichte Bild in diese von den Tanzenden und ihrer Choreografin sehr persönlich zusammengestellte Traumwelt verirrt: Enge, Fremdbestimmtheit und
„iMove war ein Weihnachtsgeschenk von meiner Oma. Sie hat das für mich gefunden. Ein Traum.“
„Schlagzeug, Gitarre, Fußball und iMove – erfüllter kann mein Leben gar nicht sein!“. Lionel (16)
Angst dominieren die nächtliche Welt. Und es bleibt ein Moment des Schweigens, bevor das Ende der gelungenen Durchlaufprobe alle Beteiligten wieder in den Tag zurückkatapultiert.
Ein ambitioniertes, kluges Projekt, das verspricht: selten so intensiv geträumt! Und das gilt durchaus auch für die Beteiligten: „Ich hab geträumt, dass die Probe bei uns im Garten stattfinden sollte, und der stand komplett unter Wasser. Gruselig!“, erzählt Aaron (20). Sein Traum-Garten dürfte bis zur Premiere wieder trocken sein. Und die Alte Feuerwache ist ja nicht das Ludwigsparkstadion.
„(T)räume“: Premiere am Sonntag, 3. März, 16 Uhr, in der Alten Feuerwache. Karten unter Tel. (0681) 3092-4 86 sowie www.staaststheater.saarland und an der Vorverkaufskasse. Es gibt auch einen verbilligten Festivalpass fürs gesamte Tanzfestival Saar. www.staatstheater. saarland/festivals/tanzfestival-saar