Wie der Ukraine-Krieg auch auf die Kunst einwirkt
Zum Jahrestag des russischen Überfalls gibt es eine Ausstellung in der Stadtbibliothek. Sie zeigt auch eine reiche Kultur, die jetzt bedroht ist.
Der 24. Februar 2022 war für die Ukraine eine Zeitenwende. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs ist nichts mehr wie vorher. Daher hat der Verein Ukraine Freunde Saar e.V. den zweiten Jahrestag des Überfalls zum Anlass genommen, nicht nur eine Demonstration durch Saarbrücken zu organisieren, sondern auch eine Ausstellung in der Stadtbibliothek zu eröffnen, in der die Ergebnisse verschiedener Projekte des Vereins zu sehen sind.
„Unser Verein organisiert ganz konkrete Hilfe für die Ukraine, aber wir helfen auch Ukrainern hier vor Ort“, erklärt Denys Kovalenko, Vorstandsmitglied des Vereins, am Rande der Vernissage. „Um die Ukraine hier sichtbar zu machen, organisieren wir verschiedene Workshops mit Betroffenen, aber auch Demonstrationen und Ausstellungen. Wir wollen die ukrainische Kultur im Saarland präsent machen“, fasst er die Ziele des Vereins zusammen. Und so ist auch die Ausstellung „Kunst wegen des Krieges“in der Stadtbibliothek keine einheitliche Kunstausstellung, sondern eine Vorstellung der Ergebnisse von verschiedenen Projekten.
Im Untergeschoss der Stadtbibliothek ist die Ausstellung aufgebaut, dort werden Fotografien, Grafiken, Zeichnungen, auch bunte (Kinder-) Gemälde und ein ganzer Tisch voll mit traditioneller Handwerkskunst präsentiert. Empfangen werden die Besucher der Ausstellung von sehr großen, quadratischen schwarz-weißen Porträts.
Diese Bilder sind die Ergebnisse des musikalischen Schulprojekts „Meet Klezmer!“gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aus dem Jahr 2022. Der Klarinettist Helmut Eisel und Kerstin Klaholz hatten in Zusammenarbeit mit der Synagogengemeinde Saar das Fotoprojekt „Wozu brauchen wir Musik“durchgeführt, in dem Studierende der Hochschule für Musik Saar porträtiert und interviewt wurden. So wurde gezeigt, wie groß der gesellschaftlich integrative und soziale Wert musikalischer Arbeit ist.
Die Fotos der Musiker und Musikerinnen, die ebenfalls zum Teil aus der Ukraine stammen, wurden von dem bekannten Saarbrücker Fotografen Jean M. Laffitau aufgenommen. Dementsprechend konzentrieren sich die Fotos ganz auf die Gesichter der Musikerinnen und Musiker,
die Ergebnisse der Interviews sind jeweils daneben zu lesen.
Im Ausstellungsraum selbst sind es die Werke von Denys Kovalenko, die zuerst ins Auge fallen. Denn das Vorstandsmitglied des Vereins „Ukraine Freunde Saar“ist auch selbst künstlerisch tätig und setzt sich in seinen comicartigen Zeichnungen mit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine auseinander.
Da der Künstler zu dieser Zeit in Berlin weilte, war sein Handy die wichtigste Kommunikationsquelle nach Hause. Seine Zerrissenheit, seine Angst, aber auch Wut und Unverständnis setzt er gekonnt in collageartigen Bildern, Zitaten und Handychats um.
In der Ausstellung fällt auf, dass die linke Wand fast nur aus schwarzweißen Arbeiten besteht, etwa das Triptychon „Blumen der Ukraine“von Yevgenia Arschynova, das aus zarten, grauen, aquarellierten Blumen besteht. Wie auch Denys Kovalenko verzichtet sie fast komplett auf Farben, ihre Kriegserfahrungen scheinen jede Farbe aus dem Leben genommen zu haben.
Während diejenigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Ausstellung, die den Krieg am eigenen Leib erfahren haben, sich farblich sehr reduziert haben, so schwelgen diejenigen, die die Ukraine nur noch aus Erinnerungen und Erzählungen kennen, in bunten Farben.
Dabei handelt es sich um die Bilder von Kindern und Jugendlichen, die in verschiedenen Workshops entstanden sind. Und auch diese Bilder haben alle etwas gemeinsam. Sie alle zeigen bunte Bilder eines freundlichen Landes, einer glücklichen Zeit, einer verlorenen Heimat. Und sie alle spiegeln die Sehnsucht wieder, mit der sie gemalt wurden.
Eine große Präsentation von traditionellem Kunsthandwerk rundet die Ausstellung ab. Hier sind nicht nur mit bunten Blumen im Stil von Bauernmalerei gestaltete Glaskugeln zu sehen, sondern auch Blumenkarten, traditioneller Kopfschmuck, gefilzte Spielfiguren und sogar kleine Perlenarmbänder. All das zeugt von einer sehr reichen Kultur, die aktuell in größter Gefahr ist.
Ausstellung „Kunst wegen des Krieges“in der Stadtbibliothek Saarbrücken, Gustav-Regler-Platz 1. Geöffnet bis 20. April, Dienstag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr, Samstag von 10 bis 14 Uhr. Weitere Infos unter: www.ukrainefreundesaar.de