Hannings „Raubtiere“auf doppelter Titeljagd
Meisterschaft mit den Füchsen Berlin, Aufstieg mit dem VfL Potsdam – für den 56-Jährigen könnten zwei Träume in Erfüllung gehen.
(sid) Bob Hanning (56) gönnt sich keine Pause. Natürlich nicht. Erst die Büroarbeit als Manager des Bundesliga-Tabellenführers Füchse Berlin, dann geht es am Abend in die Halle zum Training von ZweitligaPrimus VfL Potsdam. Perfektionist Hanning überlässt nichts dem Zufall. Im Sommer winken dem Tausendsassa, der zwischen 2013 und 2021 auch Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes war, der Erstliga-Aufstieg – und, vor allem, die erste deutsche Meisterschaft.
„Davon träume ich seit dem ersten Tag hier in Berlin“, sagt der FüchseGeschäftsführer nach einem „richtig schönen Wochenende“mit beiden Teams. Am Samstag gewann Hanning als Trainer des VfL Potsdam das Zweitliga-Topspiel beim Tabellensechsten HSG Coburg (31:30), am Sonntag folgte das hart erkämpfte 31:31 der Füchse bei Verfolger SG Flensburg-Handewitt im Oberhaus.
Und so nimmt Hannings großer Traum Konturen an. Im Jahr 2005 begann die Berliner Erfolgsstory unter dem charismatischen Manager in den Niederungen der 2. Liga, jetzt, 19 Jahre später, führt der
Hauptstadt-Club die Bundesliga-Tabelle an und könnte sich im Sommer erstmals die Schale sichern.
Doch Kampfansagen gibt es von Hanning auch aktuell keine – obwohl die Füchse mit 39:5 Punkten mit einem kleinen Vorsprung auf den SC Magdeburg (36:6) auf die Ziel
gerade der Saison einbiegen und in zwei Wochen zum Titel-Showdown beim SCM antreten. „Wir haben eine neue Selbstverständlichkeit entwickelt. Wir fahren zu den Spielen, um sie zu gewinnen. Die Teamchemie ist sehr gut, wir bleiben aber ganz bei uns“, sagt der 56-Jährige. Mag
deburg mache schließlich auch seit Jahren „einen herausragenden Job“.
Ähnlich wie Hanning in Potsdam, wo er im Sommer 2021 den Trainerposten beim damaligen Drittligisten übernahm. 2022 führte er den Club in die 2. Liga, nun klopft er nach 19 ungeschlagenen Spielen am Tor
zum Oberhaus an. Potsdam führt in der Tabelle mit 38:6 Zählern vor der SG BBM Bietigheim (36:8) und dem ASV Hamm-Westfalen (35:9) mit dem Saarländer Björn Zintel. Es klingt grotesk, aber für das in Berlin perfektionierte System, die Potsdamer Mannschaft als Kaderschmiede für die Füchse zu nutzen, wäre das Beibehalten einer Zweitliga-Mannschaft besser. „Beide Vereine leben gerade von- und miteinander, weil sie Talenten in allen Leistungsklassen Einsatzzeiten geben können. Von daher ist das jetzt mit 1. und 2. Liga die beste Konstellation“, sagt Hanning selbst.
Doch einen Saisonendspurt mit angezogener Handbremse wird es unter Hanning nicht geben. „Ich habe die Jungs als Raubtiere ausgebildet, das kann ich ihnen nicht nehmen“, sagt Hanning und verweist auf eine implementierte „Kultur des Nichtzufriedenseins“und einen „Anspruch, in jedem Training ein Stückchen besser zu werden“.
Und wenn er wählen könnte – lieber der Aufstieg mit dem VfL Potsdam oder die Meisterschaft mit den Füchsen? „Wir haben es mit beiden Mannschaften in eigener Hand, aber jeweils noch zwölf schwere Spiele“, sagt Hanning, der sich im Zweifel zwar für letzteres entscheiden würde – aber am liebsten beides realisieren will. Allein schon, um sich selbst ein perfektes Abschiedsgeschenk zu machen.
Das Traineramt beim VfL wird er am Saisonende aufgeben. „Ich werde dem VfL aber auf jeden Fall erhalten bleibe, auch im absoluten Interesse der Füchse“, sagt er. Gedacht ist die Funktion als Sportchef, der einen wichtigen Erfolg längst ausgemacht hat: „Die Leidenschaft, jedes Spiel gewinnen zu wollen, tragen beide Vereine in sich.“Hanning lässt daran keinen Zweifel.
„Ich habe die Jungs als Raubtiere ausgebildet, das kann ich ihnen nicht nehmen.“Bob Hanning über die Mannschaft des VfL Potsdam