Saarbruecker Zeitung

Vereinnahm­t von der Welt sozialer Medien

Während der Pandemie tauchten viele Jungen und Mädchen stärker in die digitale Welt mit Instagram, Tiktok und Co. ein. Auch jetzt ist der Suchtfakto­r Smartphone weiter groß.

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HAMBURG/BERLIN (dpa) Auch nach der Corona-Krise haben viele Kinder und Jugendlich­e in Deutschlan­d laut einer Studie eine problemati­sch hohe Nutzung digitaler Medien. Knapp ein Viertel der Zehn- bis 17-Jährigen (24,5 Prozent) nutzen Social-MediaDiens­te wie Tiktok, Instagram oder Whatsapp riskant viel, wie die am

Dienstag vorgestell­te Untersuchu­ng der Krankenkas­se DAK-Gesundheit und des Universitä­tsklinikum­s Hamburg-Eppendorf (UKE) ergab. Hochgerech­net seien es aktuell 1,3Millionen Jungen und Mädchen und damit dreimal so viele wie im Vor-CoronaJahr 2019. Schon bei einer Untersuchu­ng 2022 war der Anteil deutlich auf 22,2 Prozent gesprungen und legte nun etwas weiter zu.

Eine noch stärkere Social-MediaNutzu­ng sogar mit Suchtkrite­rien haben demnach jetzt hochgerech­net 360 000 Kinder und Jugendlich­e. Der Anteil sank auf 6,1 Prozent nach 6,7 Prozent bei der Studie 2022 – ist damit aber fast doppelt so groß wie 2019. DAK-Chef Andreas Storm sagte, soziale Medien seien aus dem Alltag nicht mehr wegzudenke­n. Es brauche aber mehr Aufklärung über Reiz und Risiken, mehr Prävention und Hilfsangeb­ote.

Insgesamt gingen die Nutzungsze­iten sozialer Medien laut der Studie leicht zurück: An Schultagen waren Zehn- bis 17-Jährige, die sie mindestens einmal pro Woche nutzen, im Schnitt 150 Minuten am Tag damit online – am Wochenende und in Ferien 224 Minuten. In der Studie 2022 waren es 164 Minuten werktags und 229 Minuten an Wochenende­n. Jenseits der sozialen Medien zeigten sich in der Studie auch positive Entwicklun­gen, wie die DAK erläuterte. Bei digitalen Spielen sank der Anteil der Kinder und Jugendlich­en mit einer besonders hohen Nutzung mit Suchtkrite­rien von 6,3 Prozent 2022 auf aktuell 4,3 Prozent, was hochgerech­net noch 270 000 Jungen und Mädchen entsprach. Insgesamt waren junge Leute nach der Pandemie wieder etwas weniger mit digitalen Spielen und Streamingd­iensten online. Beim Gaming sind es nun im Schnitt 98 Minuten an Werktagen und 168 Minuten an Wochenende­n. Die durchschni­ttliche Streaming-Dauer sank auf 98 Minuten an Werktagen.

Für die Studie wurde den Angaben zufolge eine repräsenta­tive Gruppe

von Kindern zwischen zehn und 17 Jahren mit je einem Elternteil aus rund 1200 Familien vom Institut Forsa befragt. Die neue Erhebung stammt von September 2023, es ist die sechste Befragungs­welle.

Untersucht wird die Häufigkeit des Gebrauchs von Social Media und digitalen Spielen. Dabei gilt als „riskante“Nutzung ein Gebrauch mit einem erhöhten Risiko für schädliche Folgen für die physische oder psychische Gesundheit. Als „pathologis­ch“mit

Suchtkrite­rien gilt eine Nutzung mit Kontrollve­rlust bezogen auf Dauer und Häufigkeit, zunehmende­r Priorisier­ung im Vergleich zu anderen Alltagsakt­ivitäten und einer Fortsetzun­g trotz negativer Folgen.

Studienlei­ter Rainer Thomasius sprach von einem „Teufelskre­is“, da psychisch belastete Jugendlich­e oft mehr zu problemati­schem Nutzungsve­rhalten bei Sozialen Medien neigten – und übermäßige Nutzung wiederum zu neuen Problemen und

Belastunge­n führe. Eine exzessive Nutzung habe oft weitreiche­nde Folgen. „Da persönlich­e, familiäre und schulische Ziele in den Hintergrun­d treten, werden alterstypi­sche Entwicklun­gsaufgaben nicht angemessen gelöst“, sagte der Ärztliche Leiter am Deutschen Zentrum für Suchtfrage­n des Kindes- und Jugendalte­rs am UKE Hamburg. Eltern komme bei der Steuerung der Mediennutz­ung ihrer Kinder eine wesentlich­e Bedeutung zu.

Quelle: DAK

 ?? FOTO: ANNETTE RIEDL/DPA ?? Ein Junge sitzt am Fenster und schaut auf sein Smartphone: Während der Corona-Pandemie haben Social-Media-Dienste wie Tiktok, Instagram oder Whatsapp viel Zulauf von Kindern und Jugendlich­en erhalten. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Nutzungsze­iten etwas zurückging­en, aber weiterhin hoch sind.
FOTO: ANNETTE RIEDL/DPA Ein Junge sitzt am Fenster und schaut auf sein Smartphone: Während der Corona-Pandemie haben Social-Media-Dienste wie Tiktok, Instagram oder Whatsapp viel Zulauf von Kindern und Jugendlich­en erhalten. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Nutzungsze­iten etwas zurückging­en, aber weiterhin hoch sind.

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